november 2001

Doc Holliday
gelesen

Kurt Bracharz: Cowboy Joe

(Wien 1994, Deuticke Verlag)

Auch abseits vom allerorten (zu Recht) gehypten Wolf Haas gibt es Leben in der österreichischen Krimilandschaft. Erwähnt seien nur Bücher von kf-Gastautorin Eva Rossmann, vom Mundl-Schöpfer Ernst Hinterberger oder von Jürgen Benvenuti. Besonders empfehlenswert sind die Werke des Vorarlbergers Kurt Bracharz. Der kennt die Popkulturmythen und versteht – ganz in guter amerikanischer Tradition – seine Themen hervorragend zu recherchieren. Zudem ist der Gsiberger Ex-Lehrer ein schreiberisches Multitalent, der als Kinderbuchautor, Zeitungskolumnist oder auch als Verfasser gelehrter Ö1-Radiofeatures unterschiedliche Stile beherrscht.

Der Revierinspektor Johann Natter, ein kleiner Dorfkieberer, erlegt eine weidwunde Kuh erst nach drei Schüssen, was ihm den hämischen Kampfnamen »Cowboy Joe« einbringt. Den behält er auch nach seinem Umzug in die Stadt.

Was folgt, sind die Abenteuer des Polizisten, erzählt mit feiner Ironie und voll mit Inventar aus einem Jürgen Roth-Buch über Organisierte Kriminalität: Serbische Tschetnik-Mafiosi aus Frankfurt, Vorarlberger Zuhälter, türkische Heroinhändler. Cannabis-Pflanzungen, Snuff-Videos, die Dominanz türkischstämmiger Boxer im heimischen Amateurbereich oder zur Entstehungszeit des Buches angesagte Bands wie die Brachial-Metaller »Brujeria«, der Aktionisten-Punk »G. G. Allin« oder die bodenständigen »Zillertaler Schürzenjäger« finden mühelos Platz in der Geschichte. Und am Ende steht (nein liegt) wieder eine Kuh im Weg. Diesmal wird sie aber mittels Sprengung beseitigt.