november 2001

Stefan Tschandl

Sportliche Logik im Abseits

Sport ist gleich Gesundheit, Gesundheit ist gleich »clean«?

„Mit einem neuen Stadion bekommt der Verein mehr Sponsoren. Das ist positiv für den Nachwuchs. Es bringt mehr Buben zum Fußballspielen und weg von den Drogen.“ Heimo Pfeiffenberger, Aushängeschild der Salzburger Austria, sagt das – und er meint es ernst. Aber was will er uns damit vermitteln? Sind etwa alle nicht kickenden Buben im Land drogenabhängig? Und besteht für Mädchen überhaupt keine Chance von Drogen weg zu kommen? Oder will Pfeiffenberger das Gesundheitsressort von Landesrätin Maria Haidinger und das Jugendressort von Gabi Burgstaller zur finanziellen Beteiligung am Stadionneubau aufrufen? Wahrscheinlich nicht. Das Motto »Sport statt Drogen« geistert schon einige Jahre durch Medien, Politiker-, und eben auch Sportlerköpfe.

Ursprünglich stammt die Idee aus den USA, wo in Großstadtghettos auf einigen Plätzen kleine öffentliche Sportplätze gebaut wurden, um der Jugend abseits der tristen Alltagssituation zumindest eine sportliche Betätigung – um das Wort Perspektive zu vermeiden – zu bieten. Warum Heimo Pfeiffenberger das zukünftige Stadion in Kleßheim mit Suchtprävention in Verbindung bringt, bleibt sein Geheimnis. Dass unter Profi- wie Hobbysportlerinnen und -sportlern Drogenprobleme unbekannt sind, ist schlichtweg Unsinn. Diego Maradonna erlangte nicht erst mit seinem unkorrekten Tor (»die Hand Gottes«) bei der WM 1986 Weltruhm. Wenige Jahre später und um einige Kilo schwerer gestand er seine Kokainsucht öffentlich ein. Alle prominenten und weniger bekannten Sportgrößen, die sich an Drogen versucht haben, hier aufzuzählen, wäre müßig. Erinnert sei nur an den wenige Jahre zurückliegenden lokalen Sportskandal, der einigen Athleten aus dem Heeressportleistungszentrum in Rif rechtskräftige Verurteilungen im Zusammenhang mit Drogen eingebracht hat. Der Mythos des sauberen Sports im Allgemeinen nährt sich aus der Tatsache, dass regelmäßige sportliche Betätigung der körperlichen Gesundheit durchaus zuträglich ist. Dass Sport gesund ist, lässt sich schon nicht mehr so pauschal behaupten. Bewegungstherapeuten und Mediziner warnen nicht nur beständig vor Bewegungsmangel, sondern auch vor sportlichen Höchstleistungen Untrainierter. In einer Gesellschaft, die das körperliche Glücksgefühl nach sportlichen Gewaltleistungen als »must« postuliert, bleibt das Augenmaß oft auf der Strecke. Im Profisport ist der Zusammenhang zur Gesundheit noch viel schwerer herzustellen. Steffi Graf etwa, die deutsche Tennisspielerin, gestand bald nach Ende ihrer Karriere, dass sie körperlich nicht in der Lage sei, Golf zu spielen. Von Tennis ganz zu schweigen. Und dann ist da noch die Sache mit der Leistungssteigerung durch die Einnahme unerlaubter Mittel. Die Liste der allein heuer für einige Monate gesperrten Fußballer ist lang. Von Sportarten wie Radfahren, Gewichtheben oder diversen Leichtathletikdisziplinen kann man annehmen, dass Doping gar kein Problem mehr ist, sondern flächendeckender Ist-Zustand.

Ein Suchtproblem, mit dem Jugendliche hierzulande tatsächlich häufig konfrontiert sind, rührt vom Alkohol. Mag schon sein, dass ein Sportverein ein Auge auf seine Schützlinge wirft und im Falle des Erkennens von Suchtproblemen hilfreich eingreift. Statistische Untersuchungen dazu gibt es keine. Heimo Pfeiffenberger, der von einer Brauerei gesponsert wird, hat sich auch nicht dazu geäußert. Ein anderer österreichischer Spitzensportler schon. Der ehemalige Abfahrtsrennläufer und nunmehrige FPÖ-Nationalratsabgeordnete Patrick Ortlieb meinte als Rechtfertigung für eine nie lückenlos geklärte, äh, Begegnung mit einer spärlich bekleideten und erinnerungslosen Frau in einer Tiefgarage, er sei »total besoffen« gewesen.

Dann lieber Sport statt Drogen.