november 2001

Thomas Neuhold
grausame orte

„Rinder statt Kinder!“

Maria Haidinger, als VP-Landesrätin zuständig für die Krankenanstalten und für die Familienpolitik, ist eigentlich keine typische VP-Politikerin.

Im Gegenteil: Die erfolgreiche Medizinerin stand lange Zeit im Ruf, „in der falschen Partei“ zu sein. Familienpolitische Absurditäten wie Haiders Kindergeld sind ihr – zumindest im privaten Gespräch – ebenso suspekt wie die als Ambulanzgebühr bekannte schwarz-blaue Krankensteuer.

Und dennoch: Geht es nach Landesrätin Haidinger, werden die wenigen Salzburger Krabbelstuben echt grausame Orte: Überfüllte Aufbewahrungsstätten mit schlecht bezahltem, überfordertem Personal. Das diesen Sommer von Haidinger vorgelegte Kinderbetreuungsgesetz hat's in sich: Erhöhung der Kinderhöchstzahlen in Krabbelstuben von sechs auf acht und in altersgemischten Gruppen von zwölf auf achtzehn; Änderung des Fördersystems und damit Verschlechterung des Schlüssels zwischen BetreuerInnen und Kindern; Einsparungen gesamt etwa 40 Millionen Schilling (2,91 Mio. Euro).

Die Folgen: Die Trägerorganisationen werden BetreuerInnen kündigen und die höheren Kosten auf die Eltern abwälzen. Diese werden dann für zwei betreute Kids bis zu zehn Blaue (725 Euro) im Monat ablegen müssen. Zahlreiche Einrichtungen dürften ihre Pforten schließen. Die aus ideologischen Motiven von der Volkspartei favorisierten Tagesmütter bleiben vom Spardruck verschont. Ob Frau Haidinger die Homepage der Bundes-VP kennt? Dort steht über der Unterschrift von Wolfgang Schüssel der Satz: „Kinder können gar nicht genug gefördert werden.“ Wir werden es nicht erfahren.

Ricky Veichtlbauer, Geschäftsführerin der größten Salzburger Kinderbetreuungseinrichtung »KoKo« und lange Jahre als SP-Landtagsklubchefin selbst Profipolitikerin, weist jedenfalls auf ein Fördermissverhältnis hin: Während mit Blick auf den Fetisch Nulldefizit die Spielräume auf allen Ebenen immer enger werden, schwimme die »schwarze« Landwirtschaft im Geld.

Im Gegensatz zur Landwirtschaft etwa haben Kinderbetreuungseinrichtungen keine Lobby bei Schwarz-Blau. Veichtlbauers resignierender Kommentar: „Rinder statt Kinder!“