september-oktober 2001

Didi Neidhart
gehört

gehört

Various Artists

STUDIO ONE SOUL

Soul Jazz Records

Zwar ist die Beliebtheit von US-Soul in Jamaika kein so großes Geheimnis der Musikgeschichte, aber dieser Sampler bringt es dermaßen geballt rüber, dass einem dabei der Atem stockt. Geht es doch auch um schwarzes Selbstbewusstsein und ein – noch nicht so transparentes – musikalisches wie politisches Netzwerk zwischen Jamaika und den USA. Teilweise mit neuen, die konkrete politische Situation in Jamaika reflektierenden Lyrics gibt es daher Klassikaner u.a. von Aretha Franklin (natürlich »Respect«), The Temptations, Barry White (»Can't Get Enough Of Your Love Baby« in einer absoluten Wahnsinnsversion) oder Otis Redding zu hören, die alle Lust auf mehr machen. Dubs einzelner Tracks gibt es zudem auf DUB SPECIALIST »17 Shots From Studio One« (Heartbeat), einem von Studio One-Chef C.S. Dodd aka Sir Coxsone höchstpersönlich zusammengestellten Klassesampler in Sachen tiefer Bässe und kosmischer Space-Echos.

Various Artists

PHILADELPHIA ROOTS

Soul Jazz Records

Bleiben wir gleich beim Londoner Ausnahme-Label Soul Jazz, das hier die Entwicklung von Philadelphia bis zum Beginn der Philly Soul-Aera in den Siebzigern (Harold Melvin, The Three Degrees, The O'Jays, Van McCoy) nachzeichnet. Was besonders fasziniert, sind die Entwicklungslinien von klassischem Sixties Soul hin zu jenem lasziven Philly-Funk, aus dem schließlich einer der einflussreichsten Cinemascope-Disco-Entwürfe werden sollte. Absoluter Ohrenschmaus!

IGGY POP

Beat Em Up

Virgin

Bei aller Liebe, aber seit »American Caesar« (1993) hat Iggy zwar immer wieder mit einer Handvoll Songs erfreut, Totalausfälle gab es aber auch jede Menge. Jetzt sieht er auf dem Innencover wie Clint Eastwood mit Siebentagesbart aus und liefert dabei seine eigene Version von »Unforgiven«, Eastwoods Western-Meisterwerk, ab. Soll heißen, Iggy präsentiert sich in bester Stooges-Manier als erbarmungsloser Arschtreter gegen alles und jeden. Als beinahe Mittfünfziger ein nicht ungefährliches Unterfangen. Aber anstatt lächerlich zu wirken bläst er mit superben Songs und einer durchgeknallten Brachialabmischung (die CD donnert doppelt so laut wie herkömmliche Silberlinge aus der Anlage) alle sogenannten »Punkrocker« von heute (einschließlich Henry Rollins!) allein schon beim Einzählen der Songs von der Bildfläche. Was wird das erst für ein Lärm werden, wenn Iggy 60 wird...

FANTOMAS

The Director's Cut

Ipecac

Zweiter Streich der Brachial-Metal-Core-Fleischwolf-Supergroup um Mike Patton (Ex-Faith No More, Mr. Bungle), Dave Lombardo (Ex-Slayer), Buzz Osborne (The Melvins), Trevor Dunn (Mr. Bungle). Diesmal vollgestopft mit Cover-Versionen einschlägig nicht gerade als nett bekannter Film-Klassiker wie »The Godfather«, »Rosemary's Baby«, »The Omen « oder »Charade«. Wer nun glaubt, Patton & Co. prügeln sich auf Speedcore komm raus durch die Nummer, der irrt gewaltig. Viel eher verschärfen sie die eh schon extrem albtraumhaften Momente der Originale durch extremste Zerdehnungen, bei denen dann ausgerechnet die kurzen Haudrauf-Passagen als wahre Erholungen vom zuvor durchgemachten Horror erscheinen. Klarer Fall von Geniestreich und dabei so gefährlich und unberechenbar wie Robert Mitchum in »Night Of The Hunter« und »Cape Fear« zusammen.