september-oktober 2001

Anton Gugg
geschaut

Kunstvolle Mildtätigkeit

Wo, wie und was Salzburg kauft

Hat man je von eigenen Kunstsammlungen des Landes und der Stadt Salzburg gehört? Nein! Hatte der Bürger jemals Gelegenheit, die jenseits von Konzeptionen »ländlich« und magistral zusammengetragenen Bilder, Skulpturen und Objekte zu Gesicht zu bekommen? Ja! Aber nur bei der Visitation von einschlägigen Büros und Besprechungszimmern.

Salzburg hat (mit Unterbrechungen) gesammelt, tut dies noch und wird es auch weiter tun – falls die Budgets nicht weiter gekürzt werden. Derzeit stehen dem städtischen Kulturamt jährlich rund 300.000 Schilling aus verschiedenen Quellen zur Verfügung. Keine Riesensumme, ja nicht einmal ein anständiger Betrag für eine angebliche Kunststadt - aber doch genug, um den Fundus an künftigen Ausstattungsstücken für Beamtendienststellen anwachsen zu lassen.

Was aus verborgenen Ateliers zur Wandzierde hinter öffentlichen Schreibtischen und Sitzgelegenheiten aufsteigt, bestimmt das Amt am Mozartplatz – nach langen erwerbungslosen Jahren in der Bürgermeisterära Dechant. Heute können sich Künstler (vornehmlich mit Salzburg-Bezug) wieder freuen, wenn etwa aus den regelmäßigen Schaustellungen im »Museumspavillon« am Mirabellgarten ein Objekt von der Kommune angekauft wird.

Bei Brigitte Hanemann, dem guten Geist dieser städtischen Institution am Rande des Barockgartens, sind die von einem wechselnden Gremium für das Jahresprogramm ausgewählten Künstler in allerbesten Händen. Sie nimmt nicht einen Groschen, geschweige denn nach üblicher Galeristenart die Hälfte des Verkaufserlöses. Wer unter die luftige Voliere am Fuß des Rosenhügels darf, kann überdies mit perfektem kuratorischem und PR-Service zum Nulltarif rechnen. Vielleicht nimmt man dem oder der Glücklichen vom Amt auch ein Kunstwerk zu einem Preis ab, der auf dem freien Markt illusorisch wäre. Dass solche Ankäufe auch manchmal Sozialhilfe sind, bestreitet niemand und wird auch angesichts »depot-schläfriger« einstiger Hochpreiserwerbungen von heute völlig vergessenen Künstlern klar.

Was tun mit solchen Ladenhütern, die sich kein Diener der Stadt an die Wand hängen will? Die logische Antwort: Abstauben, archivieren und stapeln. Genau dieses Unterfangen wird jetzt in Angriff genommen. Was von welchem Künstler hängt wo? Dazu läuft eine vielleicht nicht überall begrüßte Erhebung, denn was nirgendwo erfasst ist, kann später auch niemandem abgehen. Heute dürfen pensionsreife Beamte nichts mehr von dem ins traute Heim mitnehmen, was sie jahrelang durchs Berufsleben begleitet hat. Anhänglichkeiten dieser Art haben heute ihren realen Kaufpreis – ein harter Test für manchen kunstbegeisterten Rat.

Die Privatisierung eines öffentlichen Kunstwerks mag gnädiger sein als das unglückliche Schicksal manches städtischen Kunstkaufs. So soll ein derartiges Objekt im Schutt des ehemaligen Kongresshauses gesichtet worden sein.

Im Gegensatz zur Stadt leistet sich das Land Salzburg eine Kunstkauf-Kommission, die über vorgelegte Werke zu entscheiden hat. Per Aussendung werden formale Erwartungen und Termine des »Tribunals« bekanntgegeben. Der Weg der handverlesenen Malereien und Bildnereien aller Art unterscheidet sich aber nicht wesentlich von den gängigen Verwertungspraktiken. Geschlossen hergezeigt oder gar kommentiert wurde bisher nichts. Und so bleibt es weiterhin Zufall, wann, wo und welchem Kunstwerk der Steuerzahler in welchem beamtlichen Zusammenhang begegnen wird.

Nächster Termin für eine größere magistrale Ausstattungsaktion ist übrigens die Neugestaltung des großen Sitzungssaales im Schloss Mirabell. Die Sattler-Gemälde mit feingepinselten Ansichten aus aller Welt wandern ins Museum Carolino Augusteum. Salzburgs Stadtpolitik hat offenbar genug von realistischem Orient und Alpen. Freundlich und hell wollen es Bürgermeister und Senat. Womit die Wunschfunktion (halb)öffentlicher Kunst und die damit verbundene Ankaufspolitik geschmacklich definiert wäre.