september-oktober 2001

Doc Holliday
zu gast

Harper

Am Anfang steht eine Diagnose: Der Blues lebt. Auch abseits von dem glattpolierten, yuppiekompatiblen Sound eines Eric Clapton oder den am anderen Ende des musikalischen Spektrums gelegenen Lärmattacken der Fat Possum-Grobiane.

Einen weiten Weg hatten die Gäste, die am 23. Juli in der ARGE aufspielten, hinter sich. Die Rhythm & Blues-Combo »Harper« stammt nämlich aus Australien. Der heiße fünfte Kontinent beheimatete schon in der Vergangenheit eine Reihe von geprüften Existenzen, deren adäquate Ausdrucksform der Blues in mehr oder weniger mutierter Form war. (Hut ab vor AC/DC, Rose Tattoo, Beasts Of Bourbon...).

Peter Harper, überraschenderweise Chef der gleichnamigen Band, ist gebürtiger Engländer. Er wuchs in der westaustralischen Metropole Perth auf und lebt jetzt in Melbourne, hierzulande vor allem als Heimathafen Nick Caves auf der musikalischen Landkarte eingetragen. Der Name Harper verpflichtet Peter natürlich in erster Linie dazu die Mundharmonika zu spielen, ansonsten übernimmt er den Gesang und schreibt die Stücke. Live präsentiert sich das als abwechslungsreicher Mix von unterschiedlichen Bluesstilen, mit Motown- und Soul-Einsprengseln. Ab und an schleichen sich Funk- und Country-Elemente ein. Auf die bei Bar-Bands sonst so beliebten Chicago- oder West Coast-Blues-Referenzen verzichten die Aussies, dafür variiert der Sound die Einflüsse der »British Invasion«-Bands der 60er Jahre. Bei geschlossenen Augen kann das mitunter zu Visionen, die eine Wiedergeburt von »The Cream« vorgaukeln, führen. Bevor man aber in esoterische Sphären abhebt, befreit einen Harpers dreckiges, durch Feedback verzerrtes Gebläse auf dem Fotzhobel von diesen Verirrungen. In den USA, wo sie gewöhnlich für Österreicher gehalten werden, erspielte sich die seit 1994 bestehende Band in Insiderkreisen bereits einen guten Ruf, was zu etlichen Tourneen und Einladungen zu angesehenen Bluesfestivals führte. In Europa gastierten Harper vor dem heurigen Sommer noch nie. Dabei sind sie nicht nur kompetente und grundsolide Musiker, sondern auch ehrliche Botschafter ihres Landes. die den Unwissenden in der Alten Welt Original-Ozzie-Trinkmanieren beibringen: Nicht »Fosters« tschechern die Crocodile-Dundees, wie ein vorlauter, »Szene«-Bar geschädigter Besucher mutmaßte, sondern »Coopers«. Durch Ersteres gibt sich der Tourist zu erkennen, mit Letzterem spült der Schafscherer und Schlangenfänger seinen Durst hinunter. Tja, werter Leser, so lehrreich kann ein Besuch in der ARGE sein. Die wieder einmal durch Abwesenheit glänzende Lokaljournaille hat derartige Aufklärung natürlich nicht nötig.