september-oktober 2001

Didi Neidhart

Überohren & Großaugen

Über das »Expanding Realities«-Festival der ARGE Kulturgelände Nonntal

„Reality is only temporary“, sangen bereits 1968 die kalifornischen Electronic-Pioniere »The United States of America« und meinten schon damals nicht ausschließlich die Wirkungen diverser psychoaktiver Hippiehirn-Ernährungsmittel. Stellte doch die Überwindung der »normalen« Grenzen von Hören und Sehen, Fühlen und Schmecken immer wieder eine Herausforderung für KünstlerInnen, WissenschaftlerInnen und PhilosophInnen dar. Seit Cyberspace und Virtual Realities können diese Wunderwelten bekanntlich auch in den eigenen vier Wänden genossen werden. Dass sich daneben seit Jahren zwischen (elektronischer) Kunst und (Natur-)Wissenschaften äußerst Spannendes abspielt, ist nur ein Grund, warum es heuer im Herbst erstmals ein diesbezügliches Mixed-Media-Festival in Salzburg geben wird.

Nun stellt sich jedoch die Frage, was »Expanding Realities« von ähnlichen Multimedia-Events unterscheidet. Dazu Charlie Zechenter, künstlerischer Leiter des Kulturgelände Nonntal und Initiator des Festivals: „Es soll primär um das Erleben von Wahrnehmungsveränderungen gehen. Deshalb richten sich die Projekte unmittelbar an das Publikum und beziehen es direkt in die Arbeit mit ein. Mit Expanding soll auf die mannigfaltigen Grenzüberschreitungen und Grenzverwischungen zwischen alten und neuen Technologien, alten und neuen Realitätsvorstellungswelten hingewiesen werden. Unterschiedlichste Medien und Medienzugänge schaffen verschiedenste Realitäten nebeneinander, die spannende Überlagerungseffekte produzieren können.“

Klingt plausibel, hat jedoch den bekannten Haken, dass sich die von KünstlerInnen erwünschen Realitätsverzerrungseffekte bei den RezipientInnen nicht immer einstellen wollen. Doch darauf scheint man vorbereitet zu sein. „Grundthema“, so Zechenter, „ist die Erweiterung akustischer und optischer Wahrnehmungsmöglichkeiten, ohne dabei Formen des Psychedelischen und Metaphysischen zu bemühen. Deshalb bilden bei vielen Projekten Experimente aus den Bereichen Wahrnehmungspsychologie und Physik die Grundlagen. Dass hierbei öfters die Grenzen zu Science-Fiction und verrückten, aber fröhlichen Wissenschaften verschwimmen, macht den zusätzlichen Reiz aus.“

Gerade diese wissenschaftlichen Erdungen haben aber auch die Auswahl der heurigen KünstlerInnen mitbestimmt. Zechenter: „Insgesamt werden 14 Gruppen, hauptsächlich aus der heimischen Mixed-Media-Szene auftreten. Neben den international renommierten Elektroakustiker »FON« und der »Laton«-Crew um Pomassl und Huber oder der Wiener KünstlerInnengruppe »monochrom«, gibt es jüngere KünstlerInnen, wie »senselabor« oder »Khara Sahara« und »TRIAS«. Peter Brandlmayr wird mit einem Bausatz zum Experimentieren physikalischer Grundphänomene zu sehen sein. Dazu kommen Projekte von Sigrid Langrehr/Gerlinde Helm, »gold extra«, den »renegadez«, der »Radiofabrik« und »subnet«.

Markus Diess und Werner Raditschnig werden Audioräume im öffentlichen Raum gestalten und die Gruppe »maschek.« einen Abend lang Aspekte subliminaler Fernseh-Wahrnehmungen erforschen.“

Damit dieses »Labor der Wahrnehmungen« kein Insider-Ding bleibt, wird es auf dem Mozartplatz einen Container geben, in dem künstlerische Projekte sowie spezielle DJs-Sets von Vorbeikommenden mitverfolgt und mitunter auch mitgestaltet werden können.

Und wenn alles gut geht, ist für 2002 ein Netzwerkfestival an mehreren Spielorten in der Stadt Salzburg geplant.

In diesem Sinne: Expand Yourself!