sommer 2001

Gerald Gröchenig
geschaut

Theaterarbeit in der Psychiatrie

Der italienische Regisseur, Schauspieler und Theaterdirektor Enrico Grazioli weilte im Mai als Workshopleiter in Salzburg. Einen Abend lang konnte er im Kulturgelände Nonntal auf Einladung von TOI-Haus und Centro Interculturale Riviera Etrusca vor geladenem Auditorium über seine Erfahrungen bei der Theaterarbeit mit psychisch Kranken berichten. Zu diesem Termin waren auch die Leiterin der Tagesklinik »Due Casoni«, Dr. Maria Laura Piazzi, sowie die Betreuerin Samantha Cannas aus der Toskana nach Salzburg gereist.

Seit 1997 leitet Grazioli die Theatergruppe, an der Patienten wie auch Betreuer an wöchentlichen Terminen teilnehmen. Vorläufiger Höhepunkt war eine 20-minütige »Commedia dell’ Arte«-Aufführung im Jahr 2000. Für Grazioli ist allerdings bei der Arbeit mit den PatientInnen, größtenteils Menschen mit schweren Persönlichkeitsstörungen, nicht ein solches Endprodukt wichtig: Es zählt, inwieweit die Besucher der Tagesklinik Inititive ergreifen, ihre eigene Rolle bei der Theaterarbeit erkennen und gestalten. Bei seiner Arbeit geht Grazioli dabei nicht anders vor als bei der Arbeit mit Profis: Die Übungen zu Entspannung, Stimmbildung, Pantomime, Artistik, usw. sind diesselben, einzig die Zeitläufe variieren. Da jeder Workshoptag mit Video dokumentiert wird, war es im Nonntal möglich, die Entwicklungen der drei Jahre auch visuell nachzuverfolgen.

Für Klinikleiterin Piazzi sind die Erfolge der Theaterarbeit, die sie immer im Zusammenhang mit anderen Aktivitäten und Therapien betrachtet, klar ersichtlich: Die PatientInnen gewinnen an Selbstsicherheit, können mit ihrem Umfeld wieder kommunizieren und werden auch von den eigenen Verwandten, nicht zuletzt der Aufführung wegen, mit neuen Augen gesehen. Auch wenn sie vom Umstand zu berichten weiss, dass mancher der Patienten auf den Stufen zur eigenen Familie wieder zur Rolle des »Verrückten« zurückkehrt. Kommentar eines Patienten: »Wahrscheinlich erwarten die das daheim so«.