sommer 2001

Doc Holliday
geschaut

Volle Fahrt retour: Marinestützpunkt Salzburg

Bibliotheken sind nützliche Einrichtungen, die bekanntlich die Aufgabe haben, alle möglichen Publikationen zu horten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auch die Salzburger Universitätsbibliothek (UB) macht da keine Ausnahme. Bloß seltsam, welche obskuren Schrifttümer im Zeitschriftenlesesaal neben »Profil« und wissenschaftlichen Fachblättern ausgestellt werden. In der Abteilung »Politik und Wehrwesen« findet sich dort das »Bullauge«, die »Rundschrift der Marinekameradschaft Salzburg«. Im zweimonatlichen Abstand erhalten hier die ehemaligen Bordkanoniere, Torpedomeister und Smutjes allerlei nützliche Informationen zu drängenden Themen wie anstehenden Skatturnieren, »Bordabenden« (in der bekannten Piratenkneipe »Itzlinger Hof«), Totengedenken oder Auftritten diverser Seemannschöre. Geburtstags- und Kartenwünsche von Kameraden aus anderen bekannten Hafenstädten (Weimar, Simbach, Wien), die Kleiderordnung für die Jahreshauptversammlung sowie die Rubrik „Da lacht der Seemann“ ergänzen das nostalgisch-männerbündlerische Machwerk. Zumindest nach außen hin wird jede NS-Apologie vermieden. Bleibt dennoch die Frage, ob die UB unmittelbar neben dem »Bullauge« nicht auch eine antimilitaristische Zeitschrift und die »DÖW-Nachrichten« des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands ausstellen könnte. Aber Salzburg ist wohl eher ein Hort der christlichen Seefahrt als des Antifaschismus.