sommer 2001

Sabine Jenichl

Gemütlichkeit zwischen World Wide Web und Volkstanz

Über das »Festival der Regionen 2001«

Was meint »Gemütlichkeit« eigentlich? War es früher gemütlicher? Wie ungemütlich ist es jetzt? War die Gemütlichkeit von früher eigentlich je gemütlich?

Das vom 22. bis 30. Juni stattfindende fünfte »Festival der Regionen« erhebt diese urösterreichische Befindlichkeit im heurigen Jahr zum Programm und macht das »Ende der Gemütlichkeit« zum Thema.

„Im Grunde genommen habe“, so Ferry Ölinger, Leiter des oberösterreichischen Festivals, „die Frage nach dem »Ende der Gemütlichkeit« keinen politischen Background“. Die Idee, das „vielleicht schon immer verlogene Klischee des gemütlichen Österreichs“ unter die Lupe zu nehmen, wurde „lange Zeit vor der Regierungsbildung im März vergangenen Jahres geboren“ und hat „mit dem sich seit Jahren abzeichnenden Paradigmenwechsel“ zu tun. Dennoch zeigt er sich über diese „nachträgliche Bestätigung“ amüsiert.

»Wo drückt der Schuh« oder »Volkstanz Quader«, »web versenken« oder »Ein Dorf tut nichts«, »Durch die Lande rasen_mähen« oder »Sieben. Lesung aus dem Alten Testament« – eine dreiköpfige Jury nahm die Auswahl der nun insgesamt 30 Projekte vor. Neben „der Auseinandersetzung mit dem Festival-Thema“, erklärt Ölinger, „war der regionale Bezug zu den Orten Voraussetzung“. In Kürze werden sich im Zusammenspiel mit der einheimischen Bevölkerung Marktplätze und Kirchen, Gasthäuser und Galerien, Supermärkte und Kulturzentren in mehr als 50 Festivalschauplätze verwandeln, schwerpunktmäßig im Mühlviertel und in Linz. Den »Veranstaltungsreigen« eröffnet Theatermacher und Regisseur Kurt Palm mit einer der wohl in Österreich populärsten Veranstaltungsform – dem Volksfest.

Große und daher aufsehenerregende Veranstaltungen wie beispielsweise das VOEST-Projekt »Die Achse des Ofens« (1995) stehen heuer nicht mehr auf dem Programm. Von Projekten in einer derartigen Größenordnung hält Ölinger „nur wenig“. Er und ein Teil seiner Kollegenschaft bevorzugen „kleineren Produktionen“. Denn „was bringt's, wenn ein Projekt alleine schon zwei Millionen Schilling verschlingt“. Zudem wurde der regionale Entwicklungsgedanke, dem früher ein relativer großer Stellenwert zukam, zurückgedrängt. Zurzeit stehe eher „der künstlerische Anspruch im Vordergrund“, weist Ölinger auf eine weitere Veränderung hin und spricht in diesem Zusammenhang von einem „langwierigen Diskussionsprozess“. Trotz dieser Modifikationen verfolgen die Veranstalter des Festivals nach wie vor ein Ziel: Nämlich Produktionen, die im »normalen« Kunstbetrieb keine Chance haben, Geld zur Verfügung zu stellen und ihnen somit die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen. Dies bestätigt auch Helga Gruber vom Theater Toihaus, das mit dem Kinder- und Jugendprojekt »thearto« als einzige Salzburger Kultureinrichtung in Kooperation mit lokalen oberösterreichischen Kulturinitiativen beim Festival vertreten ist. „Das Festival ermöglicht Projekte, die ansonsten nicht möglich sind.“

Das »Festival der Regionen 2001« ist mit etwa 13 Millionen Schilling subventioniert. Davon fließen neun Millionen in die künstlerischen Produktionen, der Rest wird für Overheadkosten – MitarbeiterInnen und PR-Aktivitäten – aufgewendet. Hauptgeldgeber ist das Land Oberösterreich, gefolgt vom Bund und der Europäischen Union. Daneben wird das Festival nicht unwesentlich von privaten Sponsoren finanziell mitgetragen“.

Besonders erfreulich findet Ölinger die Tatsache, dass „das Land Oberösterreich die Finanzierung der nächsten beiden Festivals 2003 und 2005 bereits zugesichert hat“.

Denn bis dato stand die Veranstaltungsreihe immer wieder auf wackeligen Beinen, da „die politischen Zusagen erst im nachhinein erteilt wurden.“