sommer 2001

Anton Gugg

»Little Amadeus für die Kids«

Ein Zeichentrickfilm als Klassik-Köder für die Jüngsten

Das Mozartjahr rückt näher und zwingt die 2006-Spielmacher zur Erfindung von Unterhaltungsbahnen, auf denen der genius loci noch nie wandeln musste. »Little Mozart« ist der aktuellste Baustein zur Programmatik des Huldigungsjahres, das nicht nur die Salzburger Festspiele zu besonderen Balzmanövern vor potentiellen Sponsoren herausfordert. »Fundraising« sei ihre wichtigste Aufgabe, sprach Helga Rabl-Stadler im März und sie weiß, von welchen Zwängen sie spricht. Denn ohne spendable Schöngeist-Milliardäre und standesbewusste privatwirtschaftliche Unternehmungen schaut es auch für das bestausgestattete Festival der Welt bitter aus, was die Realisierungschance für besonders aufwendige Projekte, etwa Franz Schrekers personalstarke Oper »Die Gezeichneten«, betrifft.

Der Geiz des Bundes bei der Finanzierung des Salzburger Mozart-Renommierprojektes lässt die Brötchen für das Jubeljahr entsprechend klein ausfallen. Noch ist nicht alles spruchreif, aber es bedarf keiner besonderen Fantasie, sich das schüttere Innenleben des speziellen Salzburger Mozart-Säckels vorzustellen. Mit bescheidenen 1,75 Millionen Schilling beteiligt sich das Land am 120-Millionen-Projekt der deutschen Filmfirma »Penta TV«. Vorerst 26 Folgen sollen weltweit den Kids die Wunderkind-Karriere des Rokoko-Buben samt Salzburg-Werbung nahebringen.

Mozart ist als Rock- und Musicalstar ebenso vermarktbar wie in Form des »Schoßhüpfers« von Kaiserin-Mamma Maria Theresia. Man kann sich die Mischung aus reinem Disney und biografisch exakt gezeichnetem Knaben-Abenteuer in der Welt des Hochadels gut vorstellen. Allein die zweistellige Zahl der Fernseh-Episoden lässt entsprechendes Füllmaterial zwischen den Eckdaten der Jungmusikerlaufbahn zwischen Paris, Mailand und Wien erahnen.

Das Niveau des geförderten Klassik-TV-Entertainments ist noch eine offene Frage, aber immerhin handelt es sich dabei um die erste Popularisierung eines Komponisten in diesem Format.

Mozart ist Salzburgs höchstverzinsliches Kulturkapital und mehr denn je wird den Eventplanern diese Tatsache bewusst. Der per fürsterzbischöflichem Domestikenfußtritt in die unsichere Laufbahn eines bürgerlichen Künstlers beförderte, nachmalige »Markenartikel« der Stadt muss nun neu ausgeleuchtet und in die denkbar größten Zusammenhänge gestellt werden. „A Global View of Mozart“ signalisiert dieses spezifische Ausreizen eines historischen Phänomens. Musikwissenschafter, Künstler und Wirtschaftsfachleute machen sich seit Jahresbeginn daran, den Wellenschlag des Musikgiganten über Europa hinaus bis nach Asien, Afrika, Nord- und Südamerika zu registrieren und zu analysieren. Die Welt als Bühne für Amadeus - dieses Szenario soll im ominösen Jahr vor einer neugierig nach Salzburg blickenden Klassikgemeinde ausgebreitet werden. Man wird dann auch zweifellos bestätigt finden,dass die Japaner die Musik des Meisters aller Meister über alles lieben und dass »Figaro«, »Zauberflöte« und »Don Giovanni« auch in Kapstadt, Buenos Aires und Peking zu den meistgehörten Werken gehören und mozartfreie europäische Bühnen ebensowenig denkbar sind wie shakespearecleane Theaterzonen. Vielleicht sollten Opernhäuser zur Belebung der Diskussion mit Mozartmaterial ebenso freizügig umgehen wie es Regisseure mit dem Stoff des Elisabethaners tun - das hat zumindest Gerard Mortier einmal ernsthaft in den Raum gestellt.

Was es noch bis zum Jahr des Salzburger Musikherrgottes und darüber hinaus gibt: Ein neues Lexikon, eine Mozartspielstätte in den Mauern des Kleinen Festspielhauses und vielleicht eine zentrale unterirdische Erschließung des Festspielbezirks. Falls ein Salzburgfreund mit Millionen im Urlaubsgepäck beim Umbau der Universitätsaula behilflich ist und bereit ist, die »zweite« Mäzenatengeige hinter einem anderen berühmten, reichen Onkel aus Amerika zu spielen. An der Gönner- und Geberlaune des teuren Mannes wird bereits gearbeitet.