mai 2001

Sabine Jenichl

Von der Kunst, sich zu versichern

Nicht nur Stefan Vlasich, Generaldirektor der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA), erkennt in der neuen Künstlersozialversicherung „eine eindeutige Besserstellung der Kunstschaffenden“. Auch der mediale Applaus für die von Kunststaatssekretär Franz Morak (ÖVP) initiierte, seit Jahresbeginn geltende Regelung war nicht zu überhören – vom „großen Erfolg“ war die Rede.

Seit nunmehr 1. Jänner 2001 sind alle Personen, die unter 50 Jahre alt sind und eine freiberufliche künstlerische Tätigkeit ausüben – laut Vlasich zirka 12.000 - verpflichtet, sich bei der SVA zu versichern. Zu berappen sind 23,9 Prozent aller Einkünfte, davon gehen 8,9 Prozent an die Kranken-, 15 Prozent an die Pensions- und jährlich 1072 Schilling an die Unfallversicherung. Doch bei den KünstlerInnen und deren Interessensvertretungen stößt die neue Künstlersozialversicherung nur auf wenig Gegenliebe. Juliane Alton, Geschäftsführerin der IG freie Theater, macht Morak den Vorwurf, mit der Schaffung der Künstlersozialversicherung nur „Lorbeeren einheimsen zu wollen, ohne auf die soziale Situation der KünstlerInnen eingegangen zu sein“. Daher sehnt sie, obwohl ihr die Versicherung „ihrer Schützlinge immer ein Anliegen“ war – zum jetzigen Zeitpunkt die frühere Regelung herbei, wo die Kunstschaffenden wählen konnten, ob und wo sie sich versichern. Die künstlerische Leiterin des freien Theaters »Toihaus«, Myrto Dimitriadou, hat gegen eine Pflichtversicherung für Kunstschaffende an und für sich nichts einzuwenden. Denn „etliche sind schon in der Gosse gelandet“. Doch wie Alton beanstandet sie das »Wie«. Es müssten, meint Dimitriadou, „Arrangements getroffen werden, die sich tatsächlich mit der Situation der freiberuflich tätigen Künstler auseinandersetzen.“ Denn „das Soziale in der Kunst sei ausschließlich vom politischen Willen geprägt“. Auch der in Paris lebende Schauspieler Andreas Simma versteht die Künstlersozialversicherung als „rein politische Idee“ und rät den heimischen Politikern einen Blick Richtung Frankreich zu werfen. „Dagegen ist Österreich ein Entwicklungsland.“

Parallel zur Pflichtversicherung wurde ein Künstlersozialversicherungsfonds geschaffen, dessen Aufgabe darin besteht, Beitragszuschüsse an die KünstlerInnen auszuschütten –maximal 1000 Schilling pro Monat. Der Zuschuss wird jedoch nur gewährt, wenn aus der künstlerischen Tätigkeit ein Mindesteinkommen von 48.912 Schilling pro Jahr erreicht wird und 270.000 Schilling nicht übersteigt. Vlasich rechnet mit „in etwa 6500 freiberuflich tätigen Künstlern, die diese Gelder in Anspruch nehmen werden.“ Alton hingegen geht von einer viel höheren Anzahl aus und befürchtet, dass „einige durch den Rost fallen werden.“ Zudem attestiert sie dem Fonds Inaktivität. „Es wurde noch nicht einmal ein Geschäftsführer bestellt.“ Dem widerspricht Vlasich. Der Fonds sei schon voll aktiv. Laufend „flattern Anträge ins Haus“.

Die Ausschüttung der Zuschüsse wird aber erst im Juli gleichzeitig mit der Beitragsvorschreibung erfolgen. Die wohl aufsehenerregendste Reaktion auf die neue »Morak-Zwangsbeglückung« war die Ankündigung des in Wien lebenden Schriftstellers Robert Menasse, im Ausland eine »Free Austria Kunst.gmbH« zu gründen, um so der Zahlung der neuen Künstlersozialversicherung zu entgehen. Sein Plan, dort nur „die rund 40 der wichtigsten heimischen Künstler unter 50 Jahren zu beschäftigen“ erboste und amüsierte seine Kollegenschaft. Alton vermutet hinter der Idee „nichts weiter als einen super PR-Gag“, der ihrer Meinung nach aber „nicht realisierbar ist.“ Schauspieler Oliver Schrader sieht ein, dass Menasse für eine „derartige Aktion berühmte Künstler nehmen muss“. Im gleichen Atemzug aber stellt er sich die Frage, „was mit den ganzen anderen, den Unwichtigen“ geschieht. Nach „denen kräht kein Hahn“. Sein Kollege Stefan Mäser findet die Idee einfach nur „doof“.