mai 2001

Didi Neidhart
titel

Kein Film, kein Leben, keine Arbeit

Salzburgs Filmschaffende kämpfen ums Überleben

Die Jahreszahl 2001 und das Wort »Odyssee« stehen bekanntlich seit Stanley Kubricks Science-Fiction-Klassiker aus dem Jahre 1968 in einer äußerst engen Beziehung. Salzburgs freie Filmschaffende können heuer jedoch auch ein ganz anderes Lied über den Zusammenhang von 2001 und »Odyssee« singen. Eines, das alles andere als zukunftsweisend ist. Hat doch das Land die Gesamtförderungsausgaben für Film, Video und filmkulturelle Einrichtungen kurzerhand von 6,1 Mio Schilling (2000) auf 2,8 Mio Schilling gekürzt. Was einem Minus von 53 Prozent entspricht. Schaut man sich dieses kulturelle Kahlschlagprogramm genauer an, wird's noch katastrophaler. Denn auch die eh schon mickrigen 3,2 Mio Schilling, die es 2000 noch für Spielfilmprojekte gab wurden um 62,5 Prozent auf 1,2 Mio heruntergestrichen. Das ist aber noch nicht alles! Hat das Land doch den Bereich »Sonstige Film- und Videoförderung« gleich ganz radikal um satte 67 Prozent von 1,8 Mio auf komatöse 587.000 reduziert. Zwar war man seitens der Stadt nicht so radikal unterwegs, aber auch hier wurden für 2001 die »Zuschüsse an verschiedene Filmprojekte« von 600.000 Schilling auf 500.000 Schilling gekürzt. Heißt: minus 16,7 Prozent, was einen Rückfall auf das Filmförderungs-Budget von 1999 bedeutet.

Diese „Null-Wertschätzung von Seiten der Politik“ gegenüber Film- und Video sei dabei schon ein Salzburg-Spezifika, so der Dokumentarfilmer Hermann Peseckas, dessen letzte Arbeit »Puschkinskaja 10. St. Petersburg – Die Kunst des Überlebens« gerade erfolgreich bei der Diagonale uraufgeführt wurde. „Es scheint so, als genüge sich Salzburg als Kulisse seiner selbst. Alles wartet auf das Mozartjahr 2006. Zwischendurch wird immer großspurig über die „Filmstadt Salzburg“ und die „Medienstadt Salzburg“ geredet. Aber das sind alles große Seifenblasen. Dabei gibt es gute Leute in der Stadt. Man muss sich nur den aktuellen »Diagonale«-Katalog durchschauen. Bei der aktuellen Situation sind jedoch die meisten nach kurzer Zeit schon wieder mit einem Fuß aus der Stadt heraussen.“

Wobei die Radikalkürzungen seitens des Landes auch jene, Anfang 1999 so vollmundig ins Blaue visionierten „Kunst schafft Standortqualitäten“-Sager des von Landeshauptmann Schausberger initiierten »Zukunftsforum«, als endgültig rein ökonomistisch determinierte Schaumschlägereien entlarven.

„Als Experimentierfläche bleibt da eigentlich nur das Schreiben über“, so Peseckas. „Es fehlt an den Mitteln, Ideen umzusetzen. Es gibt nicht einmal notwendige Laborsituationen, um die aktuelle Bild- und Erzählsprache wie sie vom Fernsehen und Hollywood standardisiert wird zu verändern. Gegen diese faden Bilder müssen neue Filmsprachen entwickelt werden. Was jedoch ohne eine gescheite Filmförderung, die gute Arbeitsmöglichkeiten für Filmschaffende schafft, unmöglich ist.“

Dafür gibt es als Alibihandlung die Drehbuchförderung. „Das macht die Stadt zusammen mit dem »European Script Found«, von dem in der heimischen Filmbranche niemand wirklich weiß, wer das ist. Dafür werden die Drehbücher wie in der Schule beurteilt. Das geht soweit, dass Drehbücher keinen Preis bekommen, weil im Plot keine positiven Helden vorkommen. Da fragt man sich schon, nach welchen Maßstäben wird hier beurteilt?“

Für die potemkinsche »Filmstadt Salzburg« scheinbar die Ideallösung. Dazu Peseckas abschließend: „Leider endet meist alles mit dem Drehbuchpreis. Es gibt sozusagen nur noch Preise, dafür aber keine Filme, keine Arbeit und daher auch kein Leben. Wenn du als Filmemacher keine Filme machen kannst wirst du öffentlich nicht wahrgenommen. Es gibt dich dann einfach nicht.“