april 2001

Christoph Lindenbauer

Die konservative Wende

Über den schleichenden Kurswechsel in der Salzburger Kulturpolitik.

Sie sind viel belächelt, jene Handvoll beharrlicher Demonstranten, die seit der blau/schwarzen Regierungsbildung jeden Donnerstag demonstriert. Viele Kritiker sind zur Tagesordnung übergegangen, der Gewöhnungseffekt hat zugeschlagen. Bum!

Doch in vielen Bereichen passiert jetzt genau das, wovor nicht zuletzt der kf immer gewarnt hat. Vor allem die Freiheitlichen infiltrieren einen Bereich des öffentlichen Lebens nach dem anderen und setzten ihre Vertrauensleute Schritt für Schritt auf die Entscheidungspositionen. Auf Landesebene ist es vor allem die ÖVP, die den Steigbügel hält für die konservative Wende.

Starrköpfe im Vormarsch

Gerard Mortier hat sich von Helga Rabl Stadler nicht ans Gängelband nehmen lassen. Doch das im Frühsommer 2000 neu besetzte Kuratorium wäre wohl selbst dem zähen Belgier auf die Dauer zuviel gewesen. Denn Rabl-Stadler hat jetzt ein Kuratorium durchgesetzt, in dem fast ausschließlich ihre Leute sitzen. Und - noch folgenreicher - sie hat die Geschäftsordnung und damit die Entscheidungsstrukturen umgekrempelt.

Da ist einmal der freiheitliche Armin Fehle. Gerard Mortier: „Inkompetent und parteipolitisch!“ Dann gibt es Josef Koller, der – laut Mortier – zu nichts anderem da ist, als Rabl-Stadlers Interessen im Kuratorium zu vertreten. Über LH Franz Schausberger wollte Mortier nichts sagen als „agiert taktisch“. Aber Mortier grinst dabei halb belustigt und halb resigniert. Diesem Triumvirat steht einerseits Peter Radel - ein Vertrauensmann von Kunststaatssekretär Morak - und andererseits Heinz Schaden gegenüber. Radel sei, so Mortier, „kompetent, aber Schaden traut sich halt nicht viel.“

Für das Programm selbst ist die Geschäftsordnungsänderung bedeutender. Der neue Intendant Peter Ruzicka hat ab Amtsantritt keine Entscheidungskompetenz mehr in der Öffentlichkeitsarbeit und bei der Technik. Die Presse untersteht dann direkt der Präsidentin und die Technik dem neuen Verwaltungsdirektor. „Nur Ideen liefern und nichts entscheiden, das wäre nichts für mich,“ sagt Mortier und belegt die konservative Wende mit dem neuen, noch inoffiziellen Programm 2002. Mehr alte Opern, vor allem Richard Strauß, weniger Experimente, die Jugendabos gekürzt, Zeitfluß äußerst wackelig. Aber, so entlässt uns Mortier optimistisch: „Die Festspiele und Salzburg werden selbst diese Bundesregierung überleben.“

Repräsentation statt Innovation

Fast noch krasser ist die Wende in der bildenden Kunst. Da ist einmal Agnes Husslein, die die bildende Kunst in Salzburg maßgeblich beeinflussen soll. LH Schausberger hat sie durchgesetzt, die Ausschreibung war ein Hohn, Hussleins Konzepte sind es auch. Was die künftige Rupertinum- und MaM-Chefin bisher an inhaltlicher Vorstellung kundgetan hat, ist gleich Null. Bei der Podiumsdiskussion im Künstlerhaus haben alle anwesenden bloß die Köpfe geschüttelt, bei der Ö1-Gespächsreihe von Karl Löbl kann es nur die Noblesse des sonst durchaus pointierten Moderators gewesen sein, die künftige Salzburger Museumschefin nicht als fahrlässig ahnungslos zu demaskieren.

Die Salzburger Entscheidungsträger Franz Schausberger, Klaus Albrecht Schröder, und leider auch Othmar Raus, kümmert das wenig. Denn Husslein soll ohnehin nur repräsentieren. Aber wer bitte konzeptioniert dann die Museen?

Schröder vermutlich. Der österreichweit agierende und bei Schausberger enorm einflussreiche Museumsberater und Albertinachef hat in Wien sämtliche Budgetrahmen derart radikal überzogen, dass in Salzburg zurecht Übles befürchtet wird. Besonders von jenen bildenden Künstlern, die sich mit Schröder um ein ohnehin knappes Subventionsbudget raufen müssen.

Mainstreamspektakel in Ritterrüstung

Geschickt genutzt hat die neue Salzburger Kulturpolitik der Repräsentation vor allem Johannes Kunz mit seinem Jazzherbst. Während fast alle innovativen freien Kulturinitiativen Subventionseinbußen bis hin zur Existenzbedrohung hinnehmen müssen, blieb der traditionell programmierte Jazzherbst ungeschoren. Trotz Sparbudget und trotz wiederholter Versprechungen von Kulturlandesrat Othmar Raus. Wie eng es für die freien Kulturinitiativen tatsächlich wird, ist zur Zeit schwer absehbar, aber einigen geht's bereits an den Kragen:

Der Vertrag des Kulturvereines Werfen mit der Bürger und Schlösserverwaltung soll nicht verlängert werden, obwohl die Kulturleute der Burgverwaltung 2,3 Millionen an zusätzlichen Eintrittsgeldern verschafft haben. Die Lungauer Kulturvereinigung soll für die Nutzung von Burg Mauterndorf in Zukunft derart viel bezahlen, dass die ohnehin oft ehrenamtliche Kulturarbeit im Lungau nicht mehr zu machen ist. In beiden Fällen gibt die Bürger und Schlösserverwaltung ihren finanziellen Druck weiter und will die langjährige Kulturarbeit einem einträglicheren Touristengeschäft opfern. Sowohl in Werfen als auch in Mauterndorf sollen in Zukunft verstärkt Ritterspiele die Kassen klingeln lassen. Wenn der vom Rechnungshof geforderte »Sanierungsplan« für die Burgen- und Schlösser-Nutzung durchgezogen wird, dann bleibt kaum noch Platz für Ausstellungen, Konzerte oder Theater. Beschlossen hat das Sparbudget, deren direkte Auswirkung als erstes die kleinen Initiativen auf dem Land trifft, die SPÖVP-Landesregierung, also auch Othmar Raus. Jahrelang war sein Name ein Garant für die Unabhängigkeit der freien Kultur. Doch jetzt will er die Koalition und seinen Job als Landesrat nicht riskieren und lässt die freie Kultur fallen wie eine heiße Kartoffel. Oder zumindest: Er kämpft nicht mehr dafür. Raus hat andere Ziele. Er kämpft jetzt für das Fußballstadion.