märz 2001

Anton Gugg

Ein Konvolut aus frommen Wünschen

Zum Zwischenbericht des Salzburger Kulturentwicklungsplans

Ein Brei, den viele Köche anrühren, muss nicht immer penetrant verdorben sein. Er kann allerdings so langweilig schmecken, dass selbst der hungrigste Verkoster den Löffel gleich weglegt. So ergeht es dem kulturinteressierten Leser, der den 30seitigen Zwischenbericht eines von der Stadt Salzburg initiierten »Feldforschungsprojektes« der besonderen Art durchblättert.

Seit Oktober vergangenen Jahres liegt sie vor – die vorläufige, aus der breiten Basis von Analysen, Statements und Forderungen gezogene Quersumme zu Salzburgs »Kulturleitbild und Kulturentwicklungsplan«. Der von zwei prominenten Agenturen mit sechsstelligem Aufwand kanalisierten Abrechnung lokaler Kulturschaffender mit dem hiesigen Kulturklima sowie den scheuen Prognosen für mittelfristige kulturelle Wachstumsformen ist die Herkunft aus einer Meinungs-Massenküche anzumerken. Es findet sich darin kaum ein Satz, der nicht immer schon Versatzstück kulturpolitischer Feiertagsreden war, ist und sein wird. Vorschläge und Forderungen der freien Kreativen sind wie immer Hilferufe einer Kulturproduzentengemeinde, die sich seit jeher gegen die Prioritäten einer Festspielmetropole zu wehren sucht.

Man kann es schon nicht mehr hören und lesen – jene aus dem Einmachglas der Lippenbekenntnisse etwa in die »Präambel« der Studie geflossenen Gemeinplatz-Sätze wie „Salzburg ist eine Kulturstadt“, „Kulturpolitik hat in Salzburg daher einen besonderen Stellenwert. Sie verlangt ein klares Bekenntnis zu Kunst und Kultur als öffentliche Aufgabe“, oder „Kulturpolitik ist mit verantwortlich für das kulturelle Klima“, etc, etc.

Beim vorliegenden Konvolut handelt es sich um einen Zwischenbericht. Also bleibt bis zum Frühjahr noch Hoffnung auf eine Summa summarum, die etwas mehr bietet als einen prall gefüllten Schüttelkasten aus liberalen Normsätzen. Vielleicht gelangt der große Kreis der Befragten in einem revidierten Kapitel »Umgang mit Qualität im Bereich von Kultur« zu einer Meinung, die deutlich über den derzeitigen Stand hinausgeht. „In den immer wiederkehrenden Debatten über Qualität in der Kultur ist Einigkeit zumeist nur darüber herzustellen, dass es enorm schwierig ist, sie zu definieren“, heißt es platterdings zum „heißesten aller Breie“, nämlich zur Bestimmung von förderwürdigen, als relevant empfundenen Projekten.

Bürgermeister Heinz Schaden wollte mit der Erstellung eines »Kulturleitbildes« erklärter Maßen kein »Weißbuch« für Kulturschaffende auf die Schiene bringen, sondern einen breiten Diskussionsprozess in Gang setzen. Die Gesprächsbereitschaft war allerdings gelegentlich ziemlich einseitig, denn die kulturpolitisch hofierte und zugleich finanziell geschröpfte Freiszene stieß sich an der Widersprüchlichkeit von Reden und Tun.

Die »kreuzbrave« und sehr teure Beschäftigung mit einem »Kulturleitbild« bleibt aber allemal erfreulicher als die Definition eines »Leitkulturbildes«, wie sie beim deutschen Nachbarn jüngst für helle Aufregung sorgte. In Zeiten des versuchten Schulterschlusses von konservativer Reaktion und rechter Ideologie werden Kunst und Kultur zur Privatsache erklärt und unter dem Etikett »Kreativwirtschaft« den allgemeinen Marktgesetzen überlassen. Die Salzburger Studie ist bis dato ein idyllischer Versuch, eine Stadt samt Bundesland dem anschwellenden Wind der Kulturfeindlichkeit zu entziehen. Jeder Satz des Zwischenberichtes zergeht auf der Zunge wie ein Zuckerl. Jede Kulturvision liest sich wie rosa Kitsch vor den kommenden Sachzwängen der Politik.