märz 2001

Klaus Zelewitz

Mit Vollgas in die Nebelwand

»Vollrechtfähigkeit« für Österreichs Unis

»Voll«, ein Lieblingswort der Kids, hat seine Anhänger auch auf und um den Wiener Minoritenplatz: Nach den Plänen der Bundesregierung (aber auch die Vorgänger-Regierung hatte schon damit geliebäugelt) sollen die österreichischen Universitäten »vollrechtsfähig« werden, also voll rechts- und geschäftsfähig – und das wie so vieles bei dieser Regierung: ganz rasch.

Die Entstaatlichung der Universität ist überhaupt ein Satz im politischen Credo der westlichen Welt, sogar unter teilweisem Einschluss der skandinavischen Staaten. Und sogar wenn man die Meinung vertritt, diese Struktur werde kommen wie das Amen in diesem Credo, wird es innerhalb eines Rahmens doch wohl zumindest mitbestimmbar sein: wie und wann?

Alles Mögliche ist unausgegoren bzw. völlig im Nebel: Sollen die Gebäude übereignet werden, und wenn ja, zu welchen Bedingungen?

Wie sollen die »Leistungsverträge« (Zielvereinbarungen) aussehen, die die Basis der Finanzierung darstellen sollen?

Torkeln zwischen liberal-marktwirtschaftlichen Ansätzen und planwirtschaftlichem Dirigismus ist die Devise: Nichts indiziert dies deutlicher als die Ende Jänner plötzlich angesprungene Debatte um Studienplatzbewirtschaftung:

An einem Tag fordern Staatssekretär Wanek und Ärztekammer gemeinsam eine Eingangsprüfung für Medizinstudenten, um eine drohende »Ärzteschwemme« zu verhindern (wobei die Studienplätze schon durch den neuen Studienplan Medizin um ein Drittel verringert werden werden ).

Am übernächsten Tag dementiert die sogenannte »Steuerungsgruppe« des Bildungsministeriums, von mir mit diesen Aussagen konfrontiert, entschieden, dass die Regierung an Studienplatzbewirtschaftung denkt, sondern im Gegenteil am offenen Hochschulzugang festhalten wird.

Praktisch gleichzeitig am selben Tag stellt sich ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek gegenüber der Presse nicht nur hinter die Wanek-Forderung, sondern fordert die Erweiterung der Bewirtschaftung für alle „überlaufenden Studienrichtungen“. Wenn man dazuspielt, dass der Vorsitzende der Rektorenkonferenz gemeint hat, die Einführung der Vollrechtsfähigkeit würde z.B. an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien zu einer 30-prozentigen Personaleinsparung führen, wird man mit der Vermutung nicht fehl gehen, dass hier der numerus clausus vorbereitet wird.

Mühsam, garniert mit einer Rücktrittsdrohung, hatte sich in der Rektorenkonferenz Chef Winckler Ende November 2000 eine Mehrheit für dieses Konzept verschafft. Die Stellungnahmen der Senate der österreichischen Universitäten zeigen eine nach der anderen, dass diese Position nicht wirklich den Einschätzungen an den Unis entspricht; darum: Fuß vom Gaspedal und Nebelscheinwerfer an!