jänner-februar 2001

Doc Holliday

„Wir brauchen wieder Subkulturen“

Josef Sigl – ein etwas anderer Kultursponsor

Bekanntlich setzen die momentan herrschenden KulturpolitikerInnen massiv auf Eigeninitiative. Die Künstler und Veranstalter sollen sich einfach etwas mehr Mühe geben und Sponsoren in der Privatwirtschaft suchen. Eine Idee, die einen Haken hat: Was die Spendierhosenträger mit ihren Geldern segnen, ist massenkompatible und bereits etablierte Kunst - althergebrachte Hochkultur, grosse Festivals und Events. Über bleibt der Rest: Alles Innovative, Avantgardistische, Sperrige, Kritische, Subversive. Der Idealtypus des freigiebigen und selbstlosen Mäzens existiert in der Realität kaum bis gar nicht. Umso beeindruckender, wenn ein Exemplar dieser raren Spezies sogar in Salzburg seine segensreiche Wirkung entfaltet. Die Rede ist von Josef Sigl, dem Besitzer der Brauerei in Obertrum. Ein Unternehmer, der nicht nur das Wort Toleranz in den Mund nimmt, sondern sie sich auch etwas kosten lässt. Begonnen hat alles vor gut 20 Jahren mit dem Jazzfest Saalfelden. Die Fördergelder des Bierbrauers halfen, das Festival am Leben zu erhalten und einen hohen künstlerischen Standard und internationale Reputation zu sichern. Dass das für Sigl mehr als nur eine imagefördernde PR-Massnahme ist, glaubt man gern. Gerade der Jazz sei ihm ein »Herzensanliegen«. Das aber nicht nur, weil Modern Jazz seine persönliche Lieblingsmusik ist. Immerhin unterstützt der Obertrumer Unternehmer Andi Neumayrs »Jazz im Theater«-Reihe vorbehaltlos. Dort wird ein avanciertes Programm, das oft die Ränder des Genres ausleuchtet und nicht vornehmlich auf Massenunterhaltung setzt, geboten. Zudem bemühen sich beide seit längerem, das vor sich hinsiechende und verfallende Volksheim der KPÖ zu »retten«. Sigl wäre bereit, einen erheblichen Teil der Renovierungs- und Adaptierungskosten zu bezahlen (s. a. Kf nov./dez. 2001). Bislang scheiterte dieses revolutionäre Projekt am strikten Njet der Wiener Parteiführung. Bei Redaktionsschluss (Anfang Dez. 2000) deuteten vorsichtige Signale seitens der KPÖ darauf hin, dass sich eine Lösung für ein »Kulturzentrum« in einem wiederinstandgesetzten Volksheim vielleicht doch noch abzeichnen könnte. Bleibt die halbwegs delikate Frage, warum ein Unternehmer in ein Haus der Kommunisten investiert und diese damit längerfristig wohl »aufwertet«. Die Antwort mag verblüffen: „Ich glaube, der reine Kapitalismus gehört überwunden und man sollte den Mut haben, unser System zu hinterfragen. Vor Kommunisten habe ich jedenfalls keine Berührungsängste“. Ungewöhnlich klingen auch Sigls Aussagen zum angestrebten Charakter des Volksheimlokals. „Es soll kein Nobelschuppen werden“.

Seit zehn Jahren fördert die Trumer Brauerei nun bereits die »Szene Salzburg“, die am Anfang der Zusammenarbeit mit den unterschiedlichsten mozartstädtischen Kulturprojekten stand. Die »Elisabethbühne«, das »Rockhouse« und seit neuestem die freie Film- und Videoszene im »Studio West« profitieren ebenfalls von den Sponsorgeldern des Bierbrauers. Der sieht nicht nur gern wenn Hopfen und Getreide gedeihen, sondern er will auch „subkulturelle Pflanzen wachsen lassen“. Als mittelständischer Unternehmer weiss Sigl den Feind zu identifizieren. Nicht allein die riesigen Braukonzerne, nein, „die Großformen des Kapitals, die etwa schon die Love Parade in Beschlag genommen haben“ sind Sepp Sigl ein Dorn im Auge. Mit aufklärerischem Gestus fügt er noch hinzu: „Das Kapital zerschlägt sehr oft den Geist“. Solange die Weltenlenker nicht mehr zerdeppern und vernichten, denkt der Realist in mir.