jänner-februar 2001

Gerald Gröchenig

Friends-Raising statt Fund-Raising

Die Anforderungen an die Funktionen des Kulturmanagements ändern sich grundlegend

Peter Bendixen ist Professor für Betriebswirtschaftslehre und Kulturökonomie an der Hochschule für Wirtschaft und Politik in Hamburg. Er lehrt als »Professor in Residence« am Internationalen Zentrum für Kultur und Management »ICCM« in Salzburg. Vor dem Alumni-Club des ICCM präsentierte er vor kurzem sein im Jänner 2001 erscheinendes Handbuch für Kulturmanagement. Dabei wurde eines klar: Mit den herkömmlichen Mitteln der Betriebswirtschaftslehre wird man im heutigen Kulturbetrieb kaum überleben können.

Bendixens Grundaussage: Von vielen Experten wird die betriebswirtschaftliche Managementlehre als Plattform aufgefasst, von der aus sich alle Praxis in der Kultur regeln und administrieren lässt. Die Idee von der Beherrschung und Optimierung von Abläufen liegt der traditionellen Betriebswirtschaftslehre inne. Und da Optimierung in der Wirtschaft immer auch mit Sparprozeduren verbunden wird, glaubte man, in Krisenzeiten mit Betriebswirten an den geeigneten Stellen über die Runden zu kommen. So manche Neueinstellungen im Kulturbereich wurde in den letzten Jahren nach diesen Überlegungen betrieben. Dabei übersieht man allerdings den realen Kontext kultureller, sozialer und ökologischer Gegebenheiten, in dem diese kulturelle Praxis stattfindet. So nützen dem besten Betriebswirt seine Planungsszenarien wenig, wenn er nach einiger Zeit erkennen muss, dass mittel- oder langfristige Planungshorizonte einfach nicht mehr realistisch sind. Zu schnell können sich heute existenzielle Grundlagen ändern, werden Förderungen gestrichen, fallen Betriebs- und Projektmittel Sparmassnahmen zum Opfer.

Nach Bendixen müsste der Kulturmanager von heute eher die Qualifikation eines Diplomaten als die eines administrativen Planers und Kalkulierers erfüllen. Er muss seine Institution und deren Programme im öffentlichen Bewusstsein positionieren und sich dabei an die zahlreichen politischen, sozialen und kulturellen Komponenten seiner gesellschaftlichen Umgebung wenden. Jede kulturelle Einrichtung muss dabei danach trachten, ihre Zielgruppen emotional an die Organisation zu binden. Damit ändern sich auch die Anforderungen an die Öffentlichkeitsarbeit: Standen früher (und sind auch heute noch) Pressearbeit und Werbematerialien an vorderster Stelle, so wird es in Zukunft immer wichtiger werden, »Freunde« für den Betrieb zu gewinnen. »Friends-Raising« wird die Bedeutung von »Fund-Raising« übernehmen. Nur so kann man in Zukunft jene öffentliche Anerkennung erreichen, die sich dann letztendlich auch in kommerziellen Belangen – sprich Geld oder Förderungen – auswirken wird.

Nebenbei muss man sich auch auf die fortschreitende Virtualisierung der gesellschaftlichen Kommunikation durch die elektronischen Medien und Netze einstellen. Auch das bedingt adäquates Handeln, sowohl im Bereich des physischen und sozialen Ambientes, wie auch im Bereich der virtuellen (abstrakten, symbolischen) Öffentlichkeit.

Diese professionelle Bearbeitung der Aussenwelt erfordert laut Bendixen eine Praxis des Kulturmanagements, die auf geschulter Wahrnehmungsfähigkeit, kreativer Phantasie und Realisierungsgeschick aufbaut, und dabei fallbezogen Grundfunktionen aus dem Bereich des Entdeckens und Erfindens, Bewertens und Entscheidens, Interpretierens und Gestaltens sowie Realisierens und Veränderns in diese Praxis einbezieht. Doch welcher promovierte Betriebswirt wurde in »kreativer Phantasie« geschult?