jänner-februar 2001

Christoph Lindenbauer
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Museum auf dem Mönchsberg

Geburtswehen und Zukunftsperspektiven eines für Salzburg typischen Großprojektes.

In einer SN-Diskussion am 6. 12. 2000 gestand Kulturlandesrat Othmar Raus zu, dass das Museum auf dem Mönchsberg (MaM) jetzt doch nicht sofort gebaut werden soll. Stadt und Land wollen zuerst eine Expertengruppe einrichten, die innerhalb eines halben Jahres untersuchen soll, wie das geplante MaM, Guggenheim und das Rupertinum sinnvoll unter einen Hut zu bringen sind. Eine Nachdenkpause also, um Experten zu hören und über Sinn und Unsinn dieses Projektes gemeinsam mit Fachleuten und allen Beteiligten nachzudenken. Damit geschieht nun – endlich – das, was praktisch alle Experten aus der Salzburger Kunstszene und Fachpresse seit langem gefordert haben. Die Frage ist jetzt: Was tut Schausberger?

Ist er von Repräsentationslust besessen oder bestimmt doch das sachliche Anliegen sein Handeln. Trotz der Kehrtwende von Raus: Das politische Agieren rund um die Salzburger Museumsszene ist von Ersterem geprägt. Seit langem geht es Schausberger nicht mehr um Inhalte und Visionen für eine Kunst- und Kulturstadt Salzburg, sondern um die Demonstration von Macht, um das Vorzeigen von Prestigeobjekten, um die Errichtung eines Denkmals in guter feudaler Tradition. Fragt sich nur, wer ihm zujubeln wird.

Der Energieaufwand, der Kraftakt und die Verrenkungen, die Schausberger und bis dato auch Raus aufgewandt haben, um dem staunenden Volk die visionäre Potenz der aktuellen Landesregierung vorzugaukeln, hat selbst gelernte Salzburger erstaunt. Um vermeintlich zukunftsorientierte Großprojekte als architektonische Meilensteine und künstlerisch-inhaltliche Initialzündungen zu verkaufen, war (fast) jedes Mittel recht.

So wurde monatelang behauptet, das MaM sei durch Sponsorgeld ausfinanziert, der finanzielle Beitrag des Landes werde 100 Millionen nicht überschreiten. Es ist erst langsam durchgesickert, dass die Casino AG die einzige Firma ist, die bereit ist, ihr Geld in dieses Projekt zu investieren. Aber der Grossteil dessen, was hier dem staunenden Volk als »Sponsorgeld« verklickert werden sollte, ist in Wahrheit eine versteckte Förderung des Landes. Denn 56 Millionen der Casino AG sind eine Mietvorauszahlung für Schloss Kleßheim, die normalerweise direkt ins Landesbudget geflossen wären.

Nicht in die Karten schauen lassen wollten sich Schausberger und Raus aber bei weitem nicht nur bei der Finanzierung.

Um sowohl der politischen Opposition, dem Landeskulturbeirat, neugierigen Journalisten und auch dem Landtag den Zugang zu den Akten verweigern zu können, wurde kurzerhand ein Verein zur Errichtung des Museums auf dem Mönchsberg gegründet, in dessen Vorstand sich Schausberger und Raus selbst hineingesetzt haben. Sinn der Sache: Nach dem Vereinsrecht ist Nichtmitgliedern jede Art von Information über die Geschäfte mit dem lapidaren Hinweis auf den Datenschutz leicht zu verweigern. Dementsprechend sorglos sind derart niedrige Betriebskosten (einstelliger Mio-Betrag pro Jahr) veröffentlicht worden, über die Kenner der Szene nur den Kopf schütteln.

Ins Schwitzen gerieten Schausberger und Raus aber erstmals wegen des Debakels mit der Batliner-Sammlung.

Von Batliner bis Husslein

Der durch den Verdacht der Geldwäscherei europaweit in Verruf gekommene, milliardenschwere Steuerberater und Kunstsammler aus Liechtenstein hat kundgetan, dass er nicht daran denke, seine Sammlung Salzburg zur Verfügung zu stellen. Blöderweise haben Schausberger und Raus hierzulande die ohnehin nicht als erstklassig eingestufte Sammlung als das künstlerische Zentrum des geplanten Museums auf dem Mönchsberg verkauft. Doch die einmal eingeschlagene Strategie, nämlich Flucht nach vorne, hat nicht nur das Batliner-Fiasko, sondern zunächst auch die wiederentflammte Guggenheim-Diskussion überlebt. Guggenheim sei trotz MaM finanzierbar, erst werde das MaM gebaut und dann Guggenheim, tönte Schausberger als ob er die Milliarden ganz locker im Sack hätte. Fast gleichzeitig hat seine Landesregierung im Schatten der Tragödie von Kaprun ein Sparbudget durchgezogen, das vielen Kulturschaffenden, aber auch sozial Schwachen und deren Hilfsorganisationen die Luft zum Atmen raubt.

Aber dünn wurde die Luft zunehmend auch für Schausberger. Denn auf Dauer konnte der »MaM-um-jeden-Preis-Landeshauptmann« weder an der erdrückenden Pro-Guggenheimstimmung vorbei, noch an der Stadt. Diese hat sich nämlich einstimmig entschlossen, 250 Millionen Schilling für Guggenheim auf die Seite zu legen. Damit war zumindest für Raus klar: Es muss eine Gesamtlösung für die Salzburger Museumspläne geben, bei der die Stadt mitreden kann.

Wer aber glaubt, jetzt seien Kunstexperten und damit inhaltliche Sachlichkeit am Zug, der irrt. Wenige Wochen vor Inkrafttreten des neuen Objektivierungsgesetzes für die Vergabe von Landesposten haben die beiden Kultur-Zampanos die Leitung des Rupertinums und des geplanten Museums auf dem Mönchsberg klammheimlich an die High-Society-Lady und Schüssel/Haider-Freundin Agnes Husslein vergeben. Ohne die Personalabteilung des Landes zu fragen, ohne den Landeskulturbeirat zu informieren, ohne ein ausführliches und vorher diskutiertes Anforderungsprofil zu veröffentlichen, ohne die Mitbewerber Hussleins zu nennen und vor allem, ohne auf die Tatsache Rücksicht zu nehmen, dass Husslein zwar über beträchtliche gesellschaftsrelevante Kontakte verfügt, in ihrem an Erfahrungen vermutlich reichhaltigen Gesellschaftsleben aber noch nie eine bedeutende Ausstellung konzipiert, geschweige denn einen Museumsbetrieb geleitet hat. Die Strategie dahinter ist klar. Husslein soll Kontakte schaffen und präsentieren. Die inhaltlichen Entscheidungen wollen sich Schausberger und Raus und ihr ebenso teurer als auch ungreifbarer Museumsberater Klaus Albrecht Schröder nicht aus der Hand nehmen lassen. Soviel zur – für Salzburg nicht untypischen – Entstehungsgeschichte.

»MaM: Tsa wos brauch ma des?«

• Die Sammlung des Rupertinums besteht neben Fotos und Zeichnungen auch aus Ölbildern, die aus Platzgründen im Haus am Max Reinhardt-Platz nicht gezeigt werden können.

• Salzburg hat keine eigene Kunsthalle für die moderne Kunst.

• Die Politik will ein zweites kulturelles Standbein, eine zweite kulturelle Attraktion, die vor allem in jener Zeit fremdenverkehrswirksam sein soll, die von den Festspielen nicht abgedeckt wird.

• Salzburg hat mit dem Winkler einen Standort, der vielleicht einer der attraktivsten in ganz Europa ist.

Klaus Albrecht Schröder hat in seinem – in anderen Bereichen ziemlich dürftigen – Museumskonzept für Salzburg vorgeschlagen, statt des Winklers ein Objekt zu bauen, das von seiner architektonischen Strahlkraft ein Gegengewicht zu Festung sein kann. Doch Schröder hat dabei die Risiko- und Experimentierfreude dieser Stadt überschätzt. Bloss weil das Land die Stadt aus sämtlichen Behördenverfahren und damit aus dem Mitspracherecht drängen wollte, ist schon bei der Ausschreibung für dieses Museumsprojekt festgelegt worden, dass weder die Kubatour noch die Aussenmasse des bestehenden Winklers verändert werden dürfen. Und, Schröder hat wohl unterschätzt, wie kleinkariert und halbherzig hierzulande selbst Architektengremien agieren. Eine Jury aus neun Architekten hat schliesslich einen Plan der jungen Münchner Architekten Zwink, Hoff und Friedrich zum Sieger erklärt. Dieses Projekt ist vielleicht geeignet, der architektonischen Raffinesse und Strahlkraft eines AVA-Hofes Paroli zu bieten, sicher aber nicht der Festung. Die Chance, in die architektonische Oberliga vorzudringen, hat da schon eher das wieder aus den Schubladen hervorgekramte Guggenheimprojekt von Hans Hollein. Obwohl im städtischen Sprachgebrauch Verschandelung gleichbedeutend ist mit Veränderung von Gewohnten, hat Holleins Projekt – von vielen anderen Stolpersteinen abgesehen – in architektonischer Hinsicht eine gute Chance auf Akzeptanz. Denn Holleins Museum würde lediglich in Form einer Kuppel auf dem Mönchsberg sichtbar werden, im Wesentlichen aber im und nicht am Mönchsberg gebaut werden.

Das Museum und die Künstler

Einig sind Salzburgs Kunstexperten und Kulturjournalisten darüber, dass Salzburg vielleicht mit einem Guggenheimmuseum, sicher aber nicht mit einem MaM einen fremdenverkehrswirtschaftlich spürbaren Impuls bekommen kann. Auch der Impuls für die heimisch Kunstszene durch ein MaM ist äusserst fraglich. Denn die laufenden Kosten – wie hoch sie auch immer sein mögen – müssen aus dem Kulturbudget gedeckt werden. Für die gewachsenen Kunst- und Kulturinitiativen bedeutet das vermutlich, dass sie sich den gleichbleibenden Kuchen mit einem zusätzlichen, gemessen an Salzburgs Kulturbudget nicht unerheblichen Subventionsbetrieb teilen müssen. Wenn also kleinere Galerien ihre Ausstellung nicht mehr realisieren können, damit Agnes Husslein eine Bonzenparty für die moderne Kunstszene veranstalten kann, dann möge man mir den Sinn der Sache für die moderne Kunst in Salzburg erst einmal erläutern.

Darüber hinaus ist bislang völlig unklar, was im neuen MaM überhaupt gezeigt werden soll. Die Batliner-Sammlung gibt's wahrscheinlich nicht. Die Sammlung des Rupertinums ist zu klein und rechtfertigt kein grosses Haus. Wirklich gute und tragfähige internationale Ausstellungen sind derart teuer, dass sie – zumindest wenn man für die Betriebskosten nicht andere Finanzierungsmöglichkeiten findet – selten realisierbar sein werden. Mit einem Wort: Es gibt für das MaM nicht die Bohne eines Konzeptes.

Die Chance für das MaM

Eine gut geführte Kunsthalle, die ihr Programm in Teilbereichen auf Guggenheim abstimmt, in anderen Bereichen mutig eigene Wege geht, könnte heimischen Künstlern den Weg ebnen zu einem Publikum, das wegen Guggenheim und nicht wegen dem MaM nach Salzburg kommt. Aus diesem Grundsatz ein Programm zu machen, das muss jetzt die Aufgabe der im neuen Gremium vertretenen Experten sein. Sie haben – so Raus – ein halbes Jahr Zeit. Sie werden – so ist offensichtlich – dieses halbe Jahr auch brauchen.