november-dezember 2000

Doc Holliday
zu gast

Miles

Am 5. Oktober lud die ARGE nach längerer Pause wieder einmal zu einem Konzertabend, der sich zur Gänze dem ðPOPÐ widmete. Miles servierten dem begeisterten Publikum ihre feine Perlen-Sammlung.

Die fränkische Heimat des Quartetts, die Kleinstadt Würzburg, ist tiefste Provinz. Was den ursprünglichen Bandnamen ðMiles From NowhereÐ erklären mag. Alles begann 1991 mit dem bewährten Dreisprung: vier Freunde müsst ihr sein, eine Schülerband gründen und eine erste EP auf eigenem Label herausbringen. Der Klang orientierte sich an ihren damaligen Lieblingen: Nirvana, Sonic Youth, Pixies und dem britischen Pop. Letzterem, besonders in seiner klassischen Ausprägung (Beatles, Kinks...), blieben Miles bis heute gewogen. Vom schrammeligen Indierock ging die musikalische Reise zum melodiösen Gitarrenpop. Zeugnis davon legen ihre ersten beiden LPs ab. Was sich da bereits durch deutliche Bezüge zur Musik der Beach Boys und vor allem dem genial-verrückten Brian Wilson angedeutet hatte, fand bei Erscheinen der dritten und aktuellen CD (mit dem überraschenden Titel ðMilesÐ) im heurigen Frühjahr seine logische Fortsetzung. Die ewige Suche nach dem perfekten Popsong bescherte den Hörern eine abwechslungsreiche Platte, deren Lieder sich auch bei vertrackt-komplizierten Strukturen in luftig-leichtem Gewand präsentieren und in die Gehörwindungen einschmeicheln. Neben der Popklassik sind die Einflüsse von Disco, Pet Shop Boys und Phil Spector unüberhörbar. An die opulente Produktionstechnik von letzterem erinnert das Engagement von 16 Musikern der Münchner Philharmoniker. Oder das Arbeiten mit bis zu 15 Gitarren-Spuren in einem Solo. Die Umsetzung dieser aufwendigen Studiotechnik bei ihren Liveauftritten, so gesteht Oberbabyface, Sänger, Songwriter und Gitarrist Tobias Kuhn, war nicht ganz einfach. Vom Erfolg ihrer Bemühungen konnten sich die zahlreichen Konzertbesucher nun erstmals auch in Salzburg überzeugen.

Viel Lob spendet die Band, die bei Sommerfestivals des öfteren mit den Klagenfurtern Naked Lunch aufspielte, dem österreichischen Publikum. »Das rockt viel besser als bei uns in Deutschland«, behauptet der Schlagzeuger Ronny Rock. Der nennt sich nicht nur so, sondern würde auch rein optisch in eine HardRock-Combo passen. Ziemlich logisch, dass der Mann mit den langen Federn AC/DC als seine Lieblingsgruppe angibt. Gefolgt von den Flaming Lips, Ride und Fredl Fesl. Mit dieser kleinen Überraschung bleibt er der Bandlinie treu: Schliesslich wechseln etliche Songs der seltsamen Bayern mittendrin ihren Charakter. Offenheit als Stilprinzip hat Miles bislang jedenfalls nicht geschadet.