november-dezember 2000

Christa Spatt

Vorbereitung auf das Lagerleben

Hubsi Kramar holt den Knüppel aus dem Sack

Hubsi Kramar ist seit seinem spektakulären Auftritt in Hitleruniform am Wiener Opernball weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt. Nur wenige wissen, dass er Absolvent des Reinhard-Seminars ist, und nach zahlreichen Theaterengagements im deutschsprachigen Raum und einer Rolle in Spielbergs Schindlers Liste auch die neue Wiener Kulturstätte im Kabelwerk mitinitiiert hat. Die Verhaftung am Opernball und die 100%ige Streichung der Subventionen durch den Bund halten Kramar nicht davon ab, weiterhin politischen Aktionismus zu betreiben. Zum Ulrichsberger Treffen der SS-Veteranen sollte er im Rahmen der Aktion Airstrike 2000 der Initiative get to attack erscheinen. Von einem Hubschrauber aus hätten Wagners Walkürenritt und die Stimme von Joseph Goebbels erklingen sollen, was von der Polizei aber verhindert wurde. Für den Theatermacher Zeichen einer mehr als erschreckenden Entwicklung, er bereitet sich auf ein Lagerleben vor: »Es ist wie die Wiederauferstehung des Austrofaschismus und die Apparate, um auf soziale Unruhen zu reagieren, sind bereits geschaffen, wie z. B. beim Militärbefugnisgesetz. Alle, die Widerstand leisten, sollen ausgeschaltet werden. Die Entwicklung der gesamtösterreichischen Kulturpolitik wird in Kärnten bereits vorexerziert: Kultur, das heißt Schuhplattler und Wörthersee-Bühne«. Das nächste Projekt Kramars ist die Uraufführung von Martin G. Wankos Who killed Arnie im Oktober in Graz: Eine Groteske, in der es um den Alltag eines Machtpolitikers geht, als Material diente das Verhalten lebender Persönlichkeiten. Im Text zur Uraufführung geht der Künstler hart ins Gericht mit dem gleichzeitig stattfindenden Steirischen Herbst: »Dieses Stück wird auch hier und jetzt gespielt, weil es ein Skandal ist, dass der Steirischeherbst – Macher davon faselt, wie wichtig ihm gerade jetzt die politische Kunst ist, und kaltschnäuzig junge, zeitgenössische Grazer Künstler nicht einmal ignoriert.« Und über die Entstehungsbedingungen seiner Inszenierung sagt Kramar: »Wir bieten kein entsprechendes Design. Nichts Glattes, Perfektes produziert die Armut.«

Gemeinsam mit Thomas Gratzer und Peter Skrepek, der in unnachahmlicher Manier Dr. Helmut Zilk spielt, tourt Hubsi Kramar seit seinem Opernballauftritt mit dem Stück Überlebenskünstler durch Österreich und gastiert am 3. 11. im Kulturgelände Nonntal.