november-dezember 2000

Didi Neidhart

Asgard-Mutterschiffe über dem Untersberg

Der Untersberg als Zentrum aktueller Nazi-Esoterik

Es mag wohl kein Zufall sein, dass zwei der Hauptbegründer einer braunen Esoterik und eines rechten Okkultismus auch aus Österreich kommen. Dabei sind im >magischen Rassismus< (Goodrick Clarke) des >germanischen Theosophen< Guido von List (1848 - 1919) sowie in der durch Jörg Lanz von Liebenfels (1874 – 1954) propagierten >ario-christlichen< Theozoologie (mit Menschenverbrennungen als >Götteropfer<) bereits all jene Elemente enthalten, die heutzutage in Rechten Netzwerken Hochkonjunktur haben.

Schon von List propagierte einen Runenokkultismus, bei dem von den Pyramiden bis zur Kabbala (!) alles auf ario-germanische Priesterkönige zurückgeführt wurde. Die Weiterführung durch von Liebenfels brachte noch jenen rechten Atlantis-Mythos in Spiel, bei dem sich die >ario-heroische< Rasse der Atlanter nach dem Untergang über die ganze Welt verteilte. Überall dort, wo es zu keiner >Rassenvermischung< gekommen ist (etwa in Tibet!) habe daher >arisches< Geheimwissen überlebt.

Dass der Untersberg bei Salzburg in rechten Esoterik-Kreisen eine Sonderstellung einnimmt, verwundert nicht. Die Sagen rund um die >Wilde Jagd< (mit Wotan/Odin als Führer des >wildes Heeres<), sowie den im Berg schlafenden Kaiser Karl und die bevorstehende Endschlacht zwischen ihm und dem Anti-Christen auf dem Walserfeld, waren seit dem 19. Jahrhundert immer wieder Projektionsflächen rechter Mythologien. Dazu kommt die nicht zufällige Nähe zu Hitlers Berghof. Wurde doch Hitler schon in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts von Dietrich Eckart, einem >Chefideologen< der okkult-esoterisch angehauchten NSDAP-Vorfeldorganisation >Thule-Gesellschaft<, auf den Obersalzberg und dessen Lage nahe des Untersbergs hingewiesen (das von Hitler später veranlasste grosse Glasfenster ermöglichte dann auch einen Panoramablick auf das gesamte Unterbergmassiv).

Mit rechter Esoterik, Nazi-Ufologie (>Flugscheiben<) und den dazugehörenden Weltverschwörungstheorien (wobei die >Gefahr< in Gestalt einer >außerirdischen Internationale< auch aus dem Weltall kommt) in Zusammenhang wurde der Untersberg schliesslich von Jan van Helsing gebracht. In >Geheimgesellschaften und ihre Macht im 20. Jahrhundert< (1993) ist der Untersberg jener Ort, an dem ein >Erweckungstrahl< die Landeposition für Nazi-Ufos signalisiert, was im Weiteren zur Errichtung eines >deutschen Lichtreichs< führen soll. Weiters berichtet der Autor in >Unternehmen Aldebaran< (1997) über schon seit dem Dritten Reich im Salzkammergut, dem Mondsee und in der >Alpenfestung< stationierte Nazi-Ufos.

Wer jetzt den Begriff >Untersberg< in eine Suchmaschine eingibt und herumsurft, wird relativ schnell auf rechtsradikalen Homepages landen. Etwa auf das von rechten Neuheiden, Ufologen und Esoterikern betriebene >Flugscheibenforum<. Hier ist der Untersberg jener Ort an dem sich Nazi-Ufos, arische Aliens und germanischen Götter zur >Endzeitschlacht< versammeln werden.

Wie sowas aussehen kann, war unlängst in einer Folge der US-Science-Fiction-Serie >Stargate< zu beobachten. Dort sind ägyptische Gottheiten die >bösen Aliens<, verbieten den versklavten Völkern anderer Planeten u.a. die Anbetung von Thor, werden dann aber durch ein >Asgard-Mutterschiff<, das die bösen Pyramiden-Raumschiffe zerstört, in die Flucht geschlagen.

Lese-Links:

René Freund: Braune Magie? Okkultismus, New Age und Nationalsozialismus, Wien 1995

Nicholas Goodrick-Clarke: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus, Graz 1997

Eduard Gugenberger, Franko Petri, Roman Schweidlenka: Weltverschwörungstheorien. Die neue Gefahr von rechts, Wien, München 1998