november-dezember 2000

Heribert Schiedel
titel

Rechtsextremismus zwischen Macht und Kriminal

Der Rechtsextremismus wurde zum Sommerthema, auch in österreichischen Medien. Deren Gegenstand ist aber nicht die FPÖ, sondern die ðbraune GefahrÐ in Deutschland. Nun gibt es aber tatsächlich Unterschiede in Quantität und Qualität rechtsextremer Aktivitäten. Der österreichische Rechtsextremismus fühlt sich seit über 50 Jahren in Parlament und Länderregierungen vertreten. Daneben ist er über Veteranen-, Turner- und Studentenverbände fest in den Alltag integriert. Dies erklärt seine weitgehende Orientierung auf die Legalität, wohingegen ðspontaneÐ Straßengewalt vor allem seine Anfangs- und Bewegungsphase kennzeichnet. Selbst FPÖ-Funktionäre nehmen für sich in Anspruch, das rassistische Potential am gewalttätigen Ausleben zu hindern. So meinte ein FPÖ-Parlamentarier nach den Wahlen vom Oktober 99, im Gegensatz zu Deutschland würden hier »keine Neger geklatscht« und keine Asylantenheime angezündet, weil sich die FPÖ »des Problems im politisch (sic!) und rechtsstaatlichen Rahmen angenommen« habe. Dass die Motive hinter dem Wählen der FPÖ und der Hetzjagd auf ðFremdeÐ identisch sind, wurde bis dato nur von KritikerInnen behauptet.

Während dieser Zusammenhang in heimischen Medien ausgeblendet wird, findet sich der Hinweis auf das NS-Verbotsgesetz, welches deutsche Zustände verhindere. Aber gerade das oft strapazierte Beispiel der 1988 aufgelösten NDP stellt kein Ruhmesblatt dar. Denn die von Burschenschaftern und Südtirolterroristen getragene Neonazipartei war zum Zeitpunkt ihres Verbotes, das AntifaschistInnen fast 20 Jahre lang vergeblich gefordert hatten, ohnehin überholt: Die Obmannkür Haiders 1986 machte die Mitte der 60er Jahre erfolgte Spaltung der Szene überflüssig, ein Grossteil der NDP-Aktivisten war bereits wieder zur FPÖ zurückgekehrt. Unter dem Druck des zu Beginn der 90er Jahre tatsächlich exekutierten NS-Verbotsgesetzes suchte auch die nächste Generation von Rechtsextremen Schutz in der FPÖ und ihren Vorfeldorganisationen.

Das Bindeglied zwischen wahlwerbendem und militantem Rechtsextremismus stellen die Burschenschaften dar. Auch die FPÖ rekrutiert ihr Führungspersonal wieder vorrangig im korporierten Milieu. Mit Einsetzen des (Brief)Bombenterrors Ende 1993 machte sich seitens der FPÖ-Spitze jedoch eine gewisse Absetzbewegung vom eigenen korporierten Umfeld bemerkbar. Haider selbst distanzierte sich 1995 vom Burschenschafter-Organ ðAulaÐ, das damals als ideologischer Bestimmungstäter des Terrors durch die Medien geisterte. Die Verurteilung des ðAulaÐ-Verantwortlichen nach NS-Verbotsgesetz tat das ihrige, um die einst so engen Bande zur FPÖ etwas zu lockern. Nun legte die ðAulaÐ die letzten taktischen Rücksichtnahmen ab: Im ðfreiheitlichen MagazinÐ wird schon mal für Publikationen geworben, in welchen der Holocaust geleugnet wird, oder dem NPD-Vorsitzenden Udo Voigt wird Platz zur Darstellung seiner politischen Ziele geboten. All das und vieles mehr kann jedoch hochrangige FPÖ-Funktionäre nicht davor abhalten, weiter in der ðAulaÐ zu publizieren. Zudem bezeichnet die nunmehrige Regierungspartei selbst das Blatt als eine ihrer ðVorfeldorganisationenÐ.

Gleiches gilt für die ðFreiheitlichen AkademikerverbändeÐ, welche die ðAulaÐ herausgeben. Diese Truppe im Vorfeld der FPÖ lud im November 1999 Horst Mahler zu einem Vortrag nach Wien ein. Der NPD-Kader hetzte dort gegen die ðTürkenÐ, welche sich anschickten, Deutschland »von innen her« zu übernehmen, die »Umerziehung«, die dafür verantwortlich sei, dass »unser Volk es nicht mehr wagt, sich der Auslöschung durch Überfremdung zu widersetzen« und das »jüdische Volk«, das der »Feind« der Deutschen sei. Auf dem Weg zur »Volks- gemeinschaft« müssten sich die Deutschen von den »negativen jüdischen Prinzipien« wie dem »Mammonismus« befreien, so Mahler weiter.

Erst im Juni gastierte mit Frank Rennicke ein weiterer NPD-Mann in Wien. Der Neonazi sang beim Hoffest der berüchtigten Burschenschaft ðOlympiaÐ, welche immerhin den FPÖ-Parlamentarier Martin Graf zu ihren ðAlten HerrenÐ zählt.