september-oktober 2000

Christoph Lindenbauer

Kulturpreis für Menschenrechte und Integration

Es ist nicht nur die blau/schwarze Regierung an sich, die die Salzburger Grünen auf die Idee gebracht hat, zusammen mit dem scheidenden Intendanten der Salzburger Festspiele, Gerard Mortier, einen mit 50.000 Schilling dotierten Kulturpreis auszuschreiben. Es sind vor allem die ganz konkret spürbaren Behinderungen, Angriffe und Einschränkungen, die den freien und gesellschaftskritischen Künstlerinnen und Künstlern zunehmend zu schaffen machen:

Was ist Kunst für Klestil?

Wenn ein Bundespräsident etwa für die Salzburger Festspiele läutselige Seifenopern Marke „Wiener Blut“ einfordert, um sich seine romantisch unverfängliche Kulturberieselung nicht durch Künstler verderben zu lassen, die nichts anderes wollen, als dem Establishment ans Bein zu pinkeln, dann ist es Zeit für die Grünen, genau diese Art der Kunst zu fördern. Wenn die Freiheitlichen gegen Leute wie Nitsch oder Kolig mobil machen, Leuten wie Mortier einen gesetzlich abgedeckten Maulkorb verpassen wollen, wenn ein Wirtschaftslandesrat 15 Prozent Kürzung bei Kulturinitiativen ankündigt, wenn auf Bundesebene alles unternommen wird, um die Osterweiterung oder die Familienzusammenführung von Ausländern zu boykottieren, wenn im Sozialbereich die Entsolidarisierung der Gesellschaft geschürt, das Ausspielen der einen sozial schwachen Gruppe gegen die andere Programm zu sein scheint, wenn ein Amnesty International-Bericht nach dem anderen Menschenrechtsverletzungen in Österreich dokumentiert, dann ist es Zeit, dass Salzburgs Künstler Menschenrechte und Integration stärker als bisher zum Thema machen. Dann ist es Zeit sich darum zu kümmern, dass diese künstlerische Auseinandersetzung mit Grundwerten des Zusammenlebens auch ein Podium findet.

Kreativität gegen Entsolidarisierung

Soviel ist klar: Das blau/schwarze Jammertal wird dauern. Daher ist jetzt mühsame, bewusstseinsbildene und klar positionierte Arbeit angesagt. In diesem Sinn sind alle Künstlerinnen und Künstler, die ihre Arbeit bewusst als politisch verstehen eingeladen, am „Kulturpreis für Menschenrechte und Integration“ teilzunehmen.

Die Rolle Gerard Mortiers

Mortier hat sich mit seiner nicht besonders deutlichen Solidaritätsbekundung mit der freien Szene im Dechant’schen Kulturkampf und mit seiner etwas verworrenen Reaktion auf die blau/schwarze Bundesregierung in der freien Kulturszene nicht nur Freunde geschaffen. Trotzdem haben die Grünen ihn eingeladen, den Kulturpreis für Menschenrechte und Integration mitzutragen, finanziell zu 50 Prozent und als Vorsitzender der Jury. (Die Jury wird übrigens aus herausragenden Persönlichkeiten aus Kultur und Gesellschaftspolitik bestehen und die Begründung ihrer Entscheidung veröffentlichen.) Gerard Mortier ist ein Symbol für die Aufmüpfigkeit der Kunst. Mortier hat nicht nur die Festspiele entstaubt, sondern frischen Wind in den gesamten Diskurs zwischen Kultur und Politik gebracht. Sein Programm steht für Unbequemlichkeit, Unzähmbarkeit, politisches Engagement in der Kunst und, nicht zuletzt, für hohe künstlerische Qualität. Teilnahmeberechtigt am Kulturpreis sind Künstlerinnen und Künstler aller Sparten, die einen thematischen oder persönlichen Bezug zu Salzburg haben und sich in ihren Werken und Projekten mit dem Thema „Menschenrechte und Integration“ auseinandersetzen. Die Arbeiten müssen zwischen September 2000 und Juni 2001 realisiert werden und bis spätestens 1. Juli 2001 bei:

Die Grünen Salzburg, Haydnstraße 2/1, 5027 Salzburg, schriftlich eingereicht werden.

Die Salzburger Grünen und Gerard Mortier werden den „Kulturpreis für Menschenrechte und Integration“ so lange vergeben, wie Defizite von Menschenrechten und Integration in diesem Land so offensichtlich sind.