juni 2000

Thomas Neuhold
kommentar

Blindenstock für die Politik

In Salzburg wird bis ins Frühjahr 2001 ein neues Kul-turleitbild erarbeitet. Die von Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) initiierte Diskussion scheint notwendig. Immerhin stammt der letzte Entwicklungsplan noch aus der Ära Reschen. Dazwischen lag die bleierne Zeit des Josef Dechant.

Kulturressortchef Schaden hat es freilich nicht leicht mit seinem Projekt. Hört man/frau sich unter den Kulturschaffenden um, dann überwiegt die Skepsis. Das Maulen über die Beteiligung der Werbeagentur IKP, die in der Vergangenheit durch kulturpolitische Kompetenz nicht gerade aufgefallen war, mag da noch zur vernachlässigbaren Seite der Kritik gehören.

Ernster zu nehmen sind jene Stimmen, die fragen, wozu diskutieren wir überhaupt? Viele Kulturstätten verweisen auf die massiven Budgetkürzungen. Die Stadt selbst hat ja eine jährliche Subventionskürzung von zwei Prozent bis 2003 beschlossen. Aufgrund der sinkenden Steuereinnahmen der Stadt droht heuer sogar ein Förderungsminus von bis zu zehn Prozent.

Dazu kommt noch die Befürchtung, es könnte sich bei den Diskussionen schlicht um »leere Meter« handeln. Die städtische Kulturpolitik hat sich ja selten durch besondere Verlässlichkeit ausgezeichnet. Da wird beispielsweise allenthalben von den neuen Technologien gefaselt, aber gerade solche Projekte werden neben den Freiheitlichen vor allem auch von der ÖVP im Kulturausschuss bis hin zur Existenzvernichtung behindert. Zuletzt geschehen mit dem Netzkulturverein »subnet« und den FilmkünstlerInnen des »Studio West«. Dafür kann Schaden zwar nichts, Motivation zur Mitarbeit am Leitbild ist das aber auch keine.

Vielleicht wäre es ja überhaupt sinnvoller, statt einem Leitbild ein kulturpolitisches Leitsystem zu entwickeln. Mit so einer taktilen Hilfe könnte sich dann die Stadtpolitik - ähnlich wie Blinde - in der ihr scheinbar oft fremden Umgebung namens »Kultur« leichter zurechtfinden.