juni 2000

Florian Schwanninger
titel

Universität und Widerstand

Österreich brennt - die Uni pennt! Oder ist da mehr?

Der diesjährige 1. Mai stand in ganz Österreich im Zeichen des Widerstands gegen die neue Regierung. Dies drückte sich auch deutlich in den TeilnehmerInnenzahlen an den Demonstrationen und Kundgebungen aus. Selbst Salzburg erlebte eine bunte, laute und überraschend große Demo, die die letzten Jahre um vieles übertraf. Mit dabei auf dieser Demo war auch das Bündnis »Uni gegen Schwarz-Blau«, das sich aus Einzelpersonen des Lehrpersonals, der StudentInnenschaft und den ÖH-Fraktionen KSV, GRAS und VSStÖ zusammensetzt.

Dieser Zusammenschluss konstituierte sich spontan auf Initiative von Einzelpersonen nach der Bildung der neuen Regierung und verbreiterte sich in den darauf folgenden Wochen kontinuierlich zu einem weit gefächerten Bündnis. Die gemeinsamen Zielsetzungen erforderten nicht allzu große Diskussionen. Die Kürzungen bei den Ermessensausgaben, sprich das Zusammenstreichen des Unibudgets, die diversen Ankündigungen einer Einführung von Studiengebühren, vor allem über den Umweg der Vollrechtsfähigkeit und die rückschrittlichen gesellschaftspolitischen Vorstellungen der blau-schwarzen Koalition fanden ihre wohlverdiente Ablehnung. Schwieriger gestaltete sich die Diskussion über die Möglichkeiten des Widerstands auf der Uni und die Bereitschaft der StudentInnenschaft diesen auch zu leisten. Die große Passivität bei den Studierenden gegenüber unipolitischen Vorgängen und nicht zuletzt das geschickte Vorgehen der Regierung bei den Ankündigungen ihrer Vorhaben und dem gegenseitigen Ausspielen der von Einsparungen betroffenen Gruppen verlangen sicherlich ein gut überlegtes und besonnenes Vorgehen, wenn der Widerstand über längere Dauer geführt werden soll.

Pläne zur Ausrufung von Streiks oder Besetzung von Hörsälen, auch wenn sie wie in Wien für kurze Dauer von Erfolg sein können, stehen sicherlich nicht auf der unipolitischen Tagesordnung. Derartige Aktionen würden momentan auf die Ablehnung des überwiegenden Teils der StudentInnenschaft stoßen und durch einen Misserfolg sicherlich auch entmutigende Signale an die übrigen Teile des Widerstands senden. Durch wöchentliche aktionistische Veranstaltungen sollen nun Informationen über die von der Regierung zu erwartenden (und auch schon umgesetzten) bildungspolitischen Maßnahmen transportiert werden. Hürden, die mit den sozialen Grausamkeiten der Regierung beschriftet, den StudentInnen der GesWi den Weg versperrten, an E-Herde gekettete Frauen vor NaWi und Juridischer und Einhebung von Studiengebühren in der Form von mit Gehrer-Antlitz geschmückten Bärentalern vor der Romanistik und der NaWi waren wirkungsvolle Protestformen, die gemeinsam mit den wöchentlichen Plena (jeden Do, 18:00, GesWi Foyer) das Rückgrat des Uni-Widerstands bilden. Diese Aktionen sollen natürlich noch bis zu den Sommerferien kontinuierlich durchgeführt werden, letztere stellen dann sicherlich eine Nagelprobe für den universitären Widerstand dar.

Besondere Brisanz besitzt das Vorhaben der Regierung, den Universitäten die sogenannte Vollrechtsfähigkeit zu verleihen. Dieses schon von der rot-schwarzen Regierung angekündigte Vorhaben wird zweifellos für neuen Zündstoff auf den Universitäten sorgen. Nach Einführung dieser Vollrechtsfähigkeit würden die Universitäten vom Wissenschaftsministerium nur mehr mit einem Globalbudget ausgestattet werden, das dann von ihnen selbständig auf die verschiedenen Fakultäten und Institute aufgeteilt wird. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Zuwendungen des Ministeriums sehr gekürzt ausfallen und dadurch die Universitäten auf die Finanzierung durch sogenannte Drittmittel von Seiten der Wirtschaft angewiesen sind. Für die Wirtschaft nicht lukrative Bereiche wie die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften sowie die Grundlagenforschung würden hier massiv schlechter gestellt und die Universitäten nur mehr zu einer »verlängerten Werkbank« der verschiedenen Konzerne. Die Debatte um die Vollrechtsfähigkeit ist auch nicht trennbar von der Frage der Studiengebühren. Es gibt nirgendwo Universitäten mit Vollrechtsfähigkeit, die keine Studiengebühren einheben. Dieses Recht hätten nämlich dann auch die österreichischen Unis.

Die Frage der Studiengebühren liegt also noch immer auf dem Tisch, auch wenn die Regierung weismachen will, dem wäre nicht so. Die Gefahr besteht, dass sie mittels der Vollrechtsfähigkeit durch die Hintertür auf die Studierenden zukommen.

Mensch kann leicht erkennen, dass hier noch längst nicht der Höhepunkt des Widerstands erreicht ist. Von der konservativen Bundes-ÖH und ihres Salzburger Pendants, ist in diesen Fragen nicht viel zu erwarten. Der Widerstand gegen den Kahlschlag auf den Universitäten und die Einschränkung des freien Hochschulzugangs muss von den Studierenden schon selbst in die Hand genommen werden.

Florian Schwanninger (KSV) ist Studienrichtungsvertreter am Institut für Politikwissenschaft in Salzburg