mai 2000

Doc Holliday
gelesen

WIGLAF DROSTE: Alles.

Letzte Buchveröffentlichung:»Bombardiert Belgien! & Brot und Gürtelrosen« (Edition TIAMAT, Berlin ´99)

Was haben Joschka Fischer, Daniel Cohn-Bendit, Gerhard Schröder, Peter Handke, Helmut Karasek, Alice Schwarzer, Bischof Dyba, Ex-Kommunarde Dieter Kunzelmann, Martin Walser, Jörg Haider, Wolfgang Schüssel, Angela Merkel, die gesammelte CDU-Kofferträger-Bande oder Printmedien wie Spiegel, FAZ und Spex gemeinsam? Richtige Antwort: Der gebürtige Ostwestfale und jetzt in Berlin lebende Autor Wiglaf Droste macht diese Problemfälle mit ihren Kollateral-Dachschäden zu Gegenständen seiner gewöhnlich in der TAZ oder Jungen Welt erscheinenden Kolumnen. In diesen Satiren, Polemiken, Reimgedichten und Invektiven erledigt er nicht nur die mediennotorischen Nervtöter und Verbrecher, nein, er nimmt sich stil- und zielsicher dem ganzen alltäglichen Scheiß dieser Welt an. Das ist wirklich saukomisch und große Sprachkunst. Dabei ist er konsequent anti-(deutsch)national: »Das deutsche Volk ist definitiv nicht zivilisierbar und hat die moralische Verpflichtung auszusterben...« Oder: »Der Landstrich zwischen Wanderlust und Vandalismus heißt Deutschland«. Aber Droste ist ein unbestechlicher Beobachter, dessen gnadenlose Urteile auch die politischen Mitstreiter treffen: »...Wenn die Linke wirklich vor sich hirnverdirbt, dann doch bestimmt nicht deswegen, weil man sie kenntnisreich kritisiert, sondern wegen dieser permanenten Rechthaberei und wegen des Schmorens im eigenen Saft, wo nur noch exkommuniziert wird... linke Spießer gibt es zur Genüge«. Zum Beweis stürmten humorlose Autonome in den 90ern schon mal seine Lesungen und disqualifizierten sich mit voreiligem Fascho-Gebrüll. Drostes Scharf- und Durchblick sind ein Glücksfall in der journalistischen wie literarischen Welt. Seine kompromisslose Art »das Widerwärtige widerwärtig« zu nennen (Franz-Josef Degenhardt) und die präzisen Beschreibungen der Wirklichkeit haben ihm einerseits Divisionen von Feinden beschert, andererseits spricht er damit denen, die noch halbwegs Mensch geblieben sind, aus der Seele.

Jetzt erstmals in Salzburg, im Gepäck (s)eine Singstimme, musikalisch begleitet vom Essener Spardosenterzett, am 18.5. im Rockhouse. Pflichttermin!