mai 2000

Didi Neidhart
geschaut

»One World Is Enough« -

unter diesem eh schon schwer Kopfweh verursachenden Titel fand am 14. April im Salzburger Rockhouse ein von der »Grünen Bildungswerkstatt« initiierter »Ausländer-Jugend-Integrations-Event« statt, bei dem sich erneut zeigte, dass gut gemeint das absolute Gegenteil von gut ist. Das gut Gemeinte war in diesem Fall wieder einmal ein Multikulturalismus (jugendgerecht als »Integration ist cool!« verkauft), an dem sämtliche Debatten der letzten Jahre (Denken in Differenzen, Post-Kolonialismus, Repräsentationspolitik, Cultural Studies) scheinbar spurlos vorbeigegangen sind. Da muss dann auch kein Unterschied zwischen Rassisten und Rassismusopfern gemacht werden. Ganz im Gegenteil! Denn, wie heisst es in einer Presseaussendung, den »Ärger über ›die Ausländer‹« loswerden und überlegen, woher der Ärger kommt, kann nicht schaden. Niemand ist schuld.« Klar, das wissen wir noch von Rostock und Hoyerswerda. Schuldig macht sich nur, wer den »Ärger über ›die Ausländer‹« unterbindet. Sonst wären die Ursachen für den Rassimus in Deutschland (DDR-Plattenbausiedlungen) wohl auch nie zu Tage getreten und entsorgt worden. So wundert es auch nicht weiter, dass »Inländer und Ausländer« gleichermaßen zu »Vorleistungen« in Sachen Integration angehalten sind. Wird darin doch der Schlüssel zu einer enormen Bereicherung des kulturellen Lebens im Inland gesehen. Wer als InländerIn nach dem »Lustprinzip« zu den Klängen von AusländerInnen-DJs tanzt, kann also schon per se kein/e RassistIn sein. Da darf natürlich auch nicht der Verweis ins Multikulti-Schlaraffenland über den grossen Teich fehlen. So schreibt etwa Projekt-Koordinator Christoph Lindenbauer (Grüner Landtagsklub) in der Zeitschrift »Die Grüne«: »Amerika, das große Vorbild, New York, die Stadt aller Städte: Dort leben 35 Nationalitäten. Nirgends auf der Welt ist die Power so gewaltig und die Kreativität so beeindruckend.« Das mag als Melting Pot-Klischee schon so sein, aber »gewaltig« sind im »Rotten Apple« vor allem rassistisch motivierte (Polizei-)Morde und die Law & Order-Politik der »Zero Tolerance«. Da wundert dann auch die berüchtigte Forderung an »die Ausländer«, dass sie, sozusagen als Gegenleistung für die Toleranz der InländerInnen, auf alle Fälle »die Gleichbehandlung der Geschlechter« akzeptieren müssen (Lindenbauer im Salzburger Fenster). Wahrscheinlich, weil es im Inland so viele tolle Vorbilder dafür gibt. Genau hier zeigt sich die Problematik dessen, was Slavoj Zizek als »postmodernen Rassismus« und »Unempfänglichkeit für Reflexion« im »multikulturellen Spätkapitalismus« bezeichnet hat. »Die liberale ›Toleranz‹ verhält sich nachsichtig gegenüber dem folkloristischen, seiner Substanz beraubten Anderen (...); doch zugleich wird jeder ›reale‹ Andere wegen seines ›Fundamentalismus‹ sofort angeprangert.« Darüber sollte vielleicht einmal (auch mit Jugendlichen, so dumm sind die nicht) nachgedacht werden. Wenn geht »politisch« und nicht »moralisch« gedacht. Und noch eines: Wenn bei einer Podiumsdiskussion zum Thema »Integration« das diskussionswillige Publikum auf Grund des Aussehens (!) vom Moderator als »In/AusländerIn« identifiziert wird, dann läuft verdammt viel schief!