mai 2000

Ulrike Ramsauer

Nur Kinder, Küche, Kirche?

Die rückschrittliche Frauenpolitik der schwarz-blauen Regierung

Einhundert Tage ist die schwarz-blaue Koalition erst im Amt und doch scheint es, als ob frau/man in diesen wenigen Monaten in die späten sechziger Jahre zurückversetzt worden wäre: Da kann die mit Frauenagenden beauftragte Sozialministerin bei ihrem ersten Interview für eine Tageszeitung tatsächlich nichts mit einer Frage nach dem Gleichbehandlungsgesetz anfangen und die FPÖ-Frauensprecherin betont bei einem öffentlichen Auftritt, »Gott sei Dank« nicht dem »linken Frauenbild« zu entsprechen. Einer ÖVP/FPÖ-Regierung, die vorgibt, mit einer Vizekanzlerin und drei weiteren Frauen auf Ministerposten erübrige sich ein Frauenministerium, weil dadurch automatisch Frauenanliegen in die Politik getragen würden, kann man nur, wie Eva Rossmann unlängst bei einer Diskussionsveranstaltung zum Thema, entgegnen: »Wir wissen, dass Rassismus und Sexismus mit ihren vielen Zwischenabstufungen unmittelbar zusammenhängen.«

Die politischen Bestrebungen der ÖVP/FPÖ-Regierung bedeuten faktisch einen enormen Rückschritt für die Frauenpolitik, sowohl inhaltlich als auch strukturell: Nicht nur dass in dem Regierungsprogramm Maßnahmen zum Ausbau der Arbeitsmarktpolitik zugunsten von Frauen vollständig fehlen, durch die in Aussicht gestellte Karenzgeldregelung werden Frauen auf ihre traditionelle Rolle - Stichwort »Kinder, Küche, Kirche« - festgelegt. Hand in Hand damit gehen Budgetkürzungen für Frauenprojekte und -beratungsstellen österreichweit. In ihrer Existenz gefährdet und daher massiv betroffen sind bisher etwa das Vorarlberger Mädchenprojekt »Amazone«, der Wiener Verein »LEFÖ«, der mit Migrantinnen arbeitet, und auch Interssenvertretungen, die wesentliche Vernetzungsarbeit leisten, wie etwa die »Informationsstelle des Vereins autonomer österreichischer Frauenhäuser«.

»Wir haben schon Angst davor, was auf uns zukommt«, betont Martina Ronacher vom Salzburger Frauenhaus, das bisher für das laufende Jahr ebenso keinerlei Finanzierungszusagen von Bundesseite hat wie der Frauentreffpunkt. Aus Mitteln des vormaligen Frauenministeriums sollten die Arbeit mit den im Frauenhaus lebenden Kindern sowie die therapeutische Nachbetreuung der Frauen finanziert werden. Bis Anfang April gab es aus dem Büro Sickl keinerlei Reaktion auf das Ansuchen, abgesehen von einem Brief der Ministerin, aus dem hervorgehe, dass »keine Veränderung ins Negative« beabsichtigt werde. Im Gegensatz zu anderen Frauenhäusern kann in Salzburg die Infrastruktur aufrechterhalten bleiben, Stellen, die aus anderen Fördermitteln - hauptsächlich von Landesseite - finanziert werden, sind zum Glück nicht gefährdet. Anders stellt sich die Situation für den Frauentreffpunkt dar: Ebenso wie das Frauenhaus habe man mit Barbara Prammer eine - wie sich jetzt herausstellt sehr lose - Fördervereinbarung über drei Jahre abgeschlossen, die »nach Bedeckung des Budgets« erfüllt werden kann. Treffen die Subventionen, die im Vorjahr noch in Aussicht gestellt wurden, nicht ein, dann ware ein Posten gefährdet und ein Großteil der Ausgaben für die Miete, die bereits vorfinanziert werden musste, wäre nicht gedeckt. Für die Vereinsarbeit ist das neue Szenario nicht nur deshalb eine Katastrophe, so Doris Schober: Man habe mit der Ex-Ministerin bereits den Ausbau des Netzwerks an Frauenberatungsstellen vereinbart, die eine flächendeckende Versorgung garantieren sollten. Jetzt fehle die politische Partnerin, um diese Konzepte auch durchzusetzen. Ein Termin im April, den Sozialministerin Sickl den Frauenprojekten - darunter auch dem Salzburger Verein Kulturspur als Nachfolger des Frauenkulturzentrums - gewährt, wird zeigen, ob sie, wie Doris Schober befürchtet, »von vorne, aber unter schlechteren Bedingungen anfangen müssen.«