mai 2000

Didi Neidhart
kommentar

Woman only!

Frauen sind schon komische Wesen. Da genügt schon ein zufälligerweise in die falschen, sprich männlichen, Hände gefallener Frauenkettenbrief und schon kommt Mann nicht mehr aus dem Staunen. Da geht es nicht um irgendeinen typischen Kettenbrief-Mist, sondern ganz konkret um Frauen, »die wissen, wie sie träumen und die eigene Realität kreieren können.« Nur träumen geht natürlich auch nicht. Weshalb Frau dann auch den Kapitalismus ins Spiel bringt. Nur ganz anders, als so technokratische, rationale Männerrunden halt. Mehr mit Gefühl, Intuition und Erdwärme halt. Das liest sich dann so: »Ich bin auch von der Reinheit und Spiritualität des Gebens und Teilens des Geldes überzeugt. Es ist die höchste Absicht für finanzielle Fülle.« Das würden Industrie-Manager ja auch sagen, wenn sie sich mehr zu ihrer in Kursen erlernten spirituellen und weiblichen Seite bekennen würden. Oder? Also nix wie mitmachen und »in etwa 10 Tagen könntest Du um DM 100.00.- reicher sein als heute.« Da es sich dabei um ein »Women Only«-Projekt handelt, muss das mit dem Kapitalismus und dem Geldraffen natürlich so an die Frau gebracht werden, dass sie es sozusagen im Inneren ihres Wesens (und ihrer Bestimmung) sofort kapiert. Also nix mit bösem Dagobert Duck-Kapitalismus. Dafür: »Sobald Dein Name an die erste Stelle vorgerückt ist, bist Du dran, empfangen zu dürfen.« Genau! Frauen »empfangen« Geld! Hätte auch nix anderes gedacht.

Dazu passt auch ganz gut, was ein gewisser Odo Stierschneider in seiner Kolumne »Im Visier« im März in den Tennengauer Nachrichten schrieb. Vom Frühling, jener Zeit »in der die Frauen und die Blumen um die Wette blühen« ist da die Rede. Und wie sie das tun! »Frauen siegen mit der Arithmetik ihrer Gefühle über die männliche Geometrie des Denkens.« Haben wir nicht gewusst. Danke! Auch dass Frauen die »goldenen Schalen, in die die Männer diamantene Früchte legen sollten« sind, war uns bisher nur als mal mehr mal weniger männlich-ordinär ausgedrückter Begriff für »biologische Kontakte« (wie es im Privat-TV bei Talk-shows so schön sauber heißt) bekannt. Warum das alles aber als Ausgangspunkt die Tatsache hat, dass jetzt in der Halleiner SPÖ-Fraktion sechs Frauen drei Männern gegenüberstehen ist ebenso rätselhaft und nicht nachvollziehbar wie ein »Frauenkettenbrief«, der Kapitalismus als »Du darfst empfangen« definiert. Komisch, aber so ist es.