mai 2000

Gerald Gröchenig
im gespräch

Derzeit so gut wie

Ein »kunstfehler«-Gespräch über die Lage des Salzburger Landeskulturbeirates

- Der kunstfehler-Artikel über die Austritte aus dem Landeskulturbeirat (LKB) hat einige Diskussionen entfacht. Ihr habt darauf hingewiesen, daß das Gremium von der Politik im Gegensatz zum Gesetz eher ignoriert wird. Hat sich das Gremium überlebt?

Köhl:

Ich glaube, dass der LKB nie seinem Auftrag nachgekommen ist. Er wurde für etwas eingerichtet, für das er nie verwendet wurde, vom Beginn an. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das früher anders war. Man hat immer nur Selbstbeweihräucherung geübt, Dinge besprochen und diskutiert. Aber zu dem, wozu er beauftragt wurde, wurde er nie herangezogen. Wir haben damals um die Novellierung gekämpft, weil das der einzige Rettungsanker gewesen wäre, dass, wenn er zu befragen ist, er auch etwas ändert. Im Grunde hat sich nichts geändert. Jetzt sind Leute ausgetreten, es wurde nachbesetzt und nachnominiert und es geht wie gewohnt weiter.

- Warum hat das niemand anderen gestört?

Spannberger:

Ich bin erst in den Beirat gekommen, nachdem dieses neue Gesetz da war. Über diese Formulierung habe ich mir von Anfang an gedacht, dass das ist eine Wunschformulierung sei, die vom letzten Beirat so gemacht wurde - die Politiker haben natürlich nicht gesagt, dass sie das nicht wollen, das würde ja dann blöd klingen. Aber die haben ja nie im Traum daran gedacht, dieses Gremium wirklich einzusetzen. Und ich habe, ehrlich gesagt, diese Formulierung auch nicht so ernst genommen.

Am Anfang haben wir uns öfters in eine Stimmung hineingeredet, wie arm wir sind, weil sie uns nicht beauftragen. Ich habe mich damals nicht wohl gefühlt und habe mir gedacht, da könnte ich ja gleich austreten. Die Politiker kommen ihrem Hauptauftrag nicht nach und ich renne ihnen immer wieder nach. Das ist keine Stimmung, aus der heraus ich arbeiten möchte.

Ich sehe meine Aufgabe da drinnen anders. Ich suche da drinnen für meinen Teil und für die Leute, die ich vertrete, die Arbeit. Ich bin da sehr zufrieden, was meine konkrete Architekturarbeit betrifft. Was die gesamte Arbeit betrifft, sind auch einige Dinge weitergegangen. Das größte Manko ist der wenig funktionierende Kontakt mit der Öffentlichkeit und auch eine Rückkoppelung mit den Kulturinitiativen und Kulturschaffenden. Das ist durch diesem polemischen »kunstfehler«-Artikel nochmals in Erinnerung gerufen worden, da fehlt was.

- Wenn der Artikel nicht im »kunstfehler« gestanden wäre, hätte das überhaupt einer mitbekommen?

Spannberger:

Ich habe auch danach keine Reaktionen bekommen, außer dass ich mit dem Autor gesprochen und auch einen Leserbrief geschrieben habe und dass wir dieses Gespräch jetzt führen. Mich hat jedenfalls niemand darauf angesprochen.

Pöschl:

Das ist eigentlich ein Indiz dafür, dass der LKB und alle seine Mitglieder kollektiv zurücktreten könnten, ohne dass dies jemand in Salzburg bemerken würde, ohne dass ein Politiker dabei etwas vermissen würde, ohne dass jemand die Frage stellen würde, dass ein vom Gesetz geschaffenes Gremium nicht arbeitet. Er ist derzeit so gut wie nicht existent. Das auf der einen Seite. Auf der anderen Seite ist er absolut unfähig, Öffentlichkeit herzustellen. Das liegt an vielen Dingen.Wenn die Politiker nicht einhalten, den LKB zu fragen, dann muss der LKB sagen, ich hätte gerne das und das, da beziehe ich Position und er muss das in einer Art und Weise machen, die frech, vielleicht schrill, phantasievoll und mutig,ist. Damit Positionen klar werden. Dazu ist er aber nicht in der Lage, weil er irgendwie versucht, stromlinienförmig eine Konsenspolitik zwischen Politik, Verwaltung und dem Beirat selbst herzustellen. Er hätte sonst seit 1 1/2 Jahren auf das vehementeste z.B. die Position des Herrn Landeshauptmannes zum Museum, zur Finanzierung des Museums, einfordern müssen, oder die versprochenen Folgekosten von Direktor Weiermair über das Museum im Berg, um jetzt nur einen Bereich herauszugreifen.

Spannberger:

Das ist ja eingefordert worden.

Stenzel:

Diese Behauptungen stimmen so nicht, es sind Unterlagen mehrmals eingefordert worden. Es gehört zur Art und Weise, wie Kulturpolitik in diesem Land betrieben wird, dass diesen Bitten einfach nicht entsprochen wurde. Dafür kann man den LKB nicht verantwortlich machen. Es gibt ein Gesetz, das hat ein gewisses Image der Funktion des LKB festgeschrieben. Dieses Gesetz ist in der Praxis so gut wie nicht existent. Wir können das auch mit einer Politik der Öffentlichkeitsarbeit nicht erreichen. Das ist bedauerlich.

Im übrigen verfügt der LKB über keinerlei Infrastruktur, die beispielsweise die Öffentlichkeitsarbeit entsprechend organisieren könnte. Es gibt ja nicht einmal eine Sekretärin. Die Forderung ist letztes Jahr beim Landeshauptmann deponiert worden. Wie nicht anders zu erwarten ist sie mit einem freundlichen »Ja« entgegengenommen und mit einer Nein-Aktion wieder weggenommen worden. Er müsste auch über eine Anlaufstelle für Leute von außen, z.B. für Kulturinitiativen, verfügen.

Über den Artikel im Kunstfehler bin ich nicht bereit zu reden, weil es ein gewisses journalistisches Niveau gibt. Das ist einfach indiskutabel. Das dürfte in einer von mir geschätzten Publikation einfach nicht vorkommen. Und da diskreditiert sich die Kulturszene einfach selber.

Wesentlich sinnvoller erschiene es mir, Wege eines verbesserten Dialoges zwischen z.B. dem Nonntal und LKB zu diskutieren. Der Dialog zwischen dem LKB und den Fachbeiräten findet auf institutionalisierter Ebene statt, zwischen LKB und Kulturinitiativen findet er kaum statt.

Weiters kommt noch hinzu, dass die verschiedenen Bereiche, die der LKB abzudecken hätte, reichlich unterschiedlich sind. Zwischen der Museumspolitik auf der einen Seite und dem Musikschulwerkauf der anderen liegen die Dinge einfach anders. Wir haben da feststellen müssen, dass unsere konstruktiven Stellungnahmen zum Musikschulwerk von diesem selber abgelehnt wurden. Diese Arbeit wurde in einer Pressekonferenz vorgestellt, das alles unter Teilnahme von zwei Vertretern der Medien. Dass das nicht in die Öffentlichkeit gedrungen ist, kann man als unzureichende Öffentlichkeitsarbeit ansehen. Ich wüsste nicht, wie man das hätte wesentlich anders machen können, um dadurch vielleicht bei den Eltern, die Kinder auf der Warteliste haben, einen Organisierungseffekt erreichen zu können. Man kann nicht mehr erwarten, als dass sich der LKB Dutzende von Stunden mit der völlig verquasten Struktur abgibt, an dessen Stelle ein besseres Konzept entwirft, versucht dieses in die Öffentlichkeit zu bringen und den Politikern zuzustellen. Mehr ist nicht zu machen. Dass dafür kein Interesse besteht, ist erstaunlich, aber es ist zur Kenntnis zu nehmen.

Wir stehen im kulturpolitischen Bereich einer Situation gegenüber, dass sich jeder Politiker jeder Partei immer für kompetent hält. Und er wird immer von seinem Laienurteil ausgehen. Das entbindet ihn davon, eine Fachkompetenz anzuerkennen. Es würde keinem Politiker, der z.B. keine Ahnung von Mikrobiologie hat, in den Sinn kommen, eine Meinung dazu kundzutun, die nicht von einem Experten abgesichert ist. In der Kultur sieht das anders aus. Kultur gilt dort als Freizeitbeschäftigung, für die einfach jeder kompetent ist. Der Professionalisierungsgrad in der Politik ist hier sehr gering.

Köhl:

Die Entscheidung sollen letztendlich doch die Politiker treffen, aber es wird ja nicht einmal das Angebot der Beratung akzeptiert und herangezogen.

Stenzel:

Sie wird nicht gewünscht.

Köhl:

Dann führt sich diese Einrichtung ad absurdum. Dann sollte man es als »Runden Tisch« benennen, wo sich Kulturschaffende treffen, aber nicht mit dem Auftrage der Landesregierung, unter dem wir bestellt wurden.

Stenzel:

Es ist nicht ein Auftrag, es ist ein Gesetz. Ein Gesetz kann man ja nicht einfach streichen. Auch wenn wir finden, dass der LKB absolut unnütz ist, wir können ihn ja nicht abschaffen. Wir können nicht abschaffen, was Gesetz ist.

Köhl:

Wenn es keine Leute gibt, die sich dafür bereit erklären, dann muss man sich etwas überlegen. Die meisten Leute, die drinnen sind - und das muss man einmal sagen - denken sich: den, der mir das Futter gibt, beiße ich nicht. Weil sie selber meist Subventionsempfänger sind. Und die werden sich hüten, da selber aufzuschreien.

Spannberger:

Das stimmt nicht.

Stenzel:

Bis vor kurzem war noch Tomas Friedmann vom Literaturhaus im Ausschuss, und der war nicht gerade zimperlich

Spannberger:

Friedmann ist jetzt ausgetreten, er hat aber von Anfang an gesagt, dass er nur für die eine Periode zur Verfügung steht.

Stenzel:

Wahr ist sowohl, dass ein Großteil der Leute im Plenum Subventionsempfänger sind, dass sich aber kaum jemand im Beiratsausschuss, weil er Subventionen erhält, zurückhalten würde.

- Das würde sicher jeder von sich bestreiten?

Stenzel:

Ich würde dort keine Probleme sehen. Es gibt natürlich Bereiche, bei denen es uns nicht gelingt, sie in kulturpolitische Strategien einzubinden, z.B. die Blasmusik. Ich sehe das Problem in einem fehlenden Dialog des LKB und der Kulturbasis. Der müsste verstärkt werden. Nicht, damit der LKB einen Sinn hat, sondern, dass man gemeinsam mehr bewirken kann.

Pöschl:

Der Dialog ist eine wichtige Geschichte, aber er setzt Kommunikation und Vertrauen voraus. Und Zeit. Die Bereitschaft aller Mitwirkenden, sich in diesem Gremium auseinanderzusetzen. Es hat in der letzten Woche ein schönes Beispiel gegeben, wie ein Gremium in die Öffentlichkeit tritt. Der Beirat vom Bundeskanzleramt für die Kulturinitiativen ist mit einer Presseaussendung in die Öffentlichkeit gegangen Er hat darauf hingewiesen, dass im Budget des Bundes nicht ausreichend Mittel für neue elektronische Kulturinitiativen vorhanden sind und hat dies klar und deutlich dargestellt. Das war nahezu in allen österreichischen Zeitungen. Und hat natürlich auch äußerst positive Reaktionen bei den Kulturmachern gehabt. Weil die gesehen haben, da gibt es ein Gremium, das nimmt uns ernst, das setzt sich mit unserer Situation auseinander. Und kriecht nicht dem Minister oder Staatssekretär irgendwo rein. Und das ist, was der LKB nicht gemacht hat, einfach klar Position beziehen, ob es jetzt um die Beutekunst geht, oder Museum, oder Musikschulwerk.

Spannberger:

Aber das ist doch passiert.

Stenzel:

Du zählst genau die Punkte auf, bei denen eine Position erreicht wurde. Es ist hier wahrscheinlich nicht gerade der Ort, über die Öffentlichkeitsarbeit des LKB zu reden, dass das eine entsprechende Schwachstelle ist, wissen wir alle. Ich bin kein Kommunikationswissenschaftler, ich weiß nicht, wie man das verbessern kann. Der fehlende Dialog hängt auch damit zusammen, dass Stellungnahmen des LKB nicht in den Medien erscheinen.

Köhl:

Weil der LKB einfach keine Bedeutung hat. Jeder Journalist weiß doch, dass es ihn gibt. Das Problem liegt auch darin, dass der LKB derzeit dauernd in Opposition zur Politik ist. Stellt euch vor, wenn ich meinen Steuerberater zur Opposition zu mir hätte. Das kann es ja auch nicht sein. Es kann nur funktionieren, wenn gemeinsam daran gearbeitet wird. Es müsste ein Vertrauen von der Politik da sein, dass es hier vernünftige Leute gibt, die wir befragen und die uns Ratschläge geben. Wenn das nicht der Fall ist, können wir noch und nöcher Lebensstrategien entwickeln. Es wird nichts nützen. Wir werden nie ernst genommen werden. Nicht von der Öffentlichkeit, nicht von den Kulturinitiativen, und auch nicht von der Politik.

- Ich fasse zusammen: Es gibt ein Gesetz, es gibt ein Gremium, das von der Politik fast hintertrieben wird, es gibt kaum eine Struktur, dass das Gremium arbeiten kann, es gibt kein Sekretariat und es gibt auch keine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit, was auch Aufgabe des Landes wäre. Es kann doch wohl nicht reichen, dass man drinnen sitzt, nur weil es das Gesetz dazu gibt, das wäre dann ein demokratisches Feigenblatt.

Stenzel:

Es ist ja nicht die einzige Aufgabe des LKB, als Beratungsgremium zur Verfügung zu stehen. Es steht ja auch drinnen, dass er selbst initiativ werden kann. Das Problem liegt darin, dass er nicht früher über Informationen verfügt als jeder andere Zeitungsleser. Und dass er dann auch nicht schneller reagiert als jeder andere. Bis eine Stellungnahme ausgearbeitet ist, dauert es zu lange. Stellungnahmen müssten innerhalb weniger Tage erarbeitet werden und der Öffentlichkeit präsentiert werden. Das ist bei dieser Infrastruktur und der Freiwilligkeit nicht möglich.

Köhl:

Infrastruktur wäre ja grundsätzlich vorhanden, wenn die Kommunikation in der Kulturabteilung passen würde. Aber auch der Beamte in der Kulturabteilung ist dem Politiker weisungsgebunden. Und auch wenn der Beamte weiß, dass dies und das im Busch ist darf er es erst sagen, wenn es der Politiker erlaubt.

Stenzel:

Dabei bekommt man von den Beamten noch vergleichsweise am meisten Information.

Spannberger:

Wir haben über das Problem, dass unsere Arbeit nicht an die Öffentlichkeit gelangt, eine Arbeitssitzung gehabt und ein Vier-Punkte-Programm erarbeitet, und das sollte zur Verwirklichung kommen: Wir fordern z.B. ein eigenes operatives Budget von 500.000 S jährlich, mit dem wir z.B. Expertisen bezahlen können, dass unsere Arbeit nicht in allzu große Selbstausbeutung ausartet. In die Stellungnahme zum Musikschulwerk ist z.B. wahnsinnig viel Arbeit hineingeflossen. Wir fordern auch ein Art Straßenlokal, wo jeden Nachmittag in der Woche jemand als Anlaufstelle verfügbar ist. Wo sich jeder oder jede, die Kultur macht, sich von den Protokollen bis zu anderen Dingen alles abholen kann und wo man sich willkommen fühlt und nicht, dass man glaubt, dass man Beamte bei der Arbeit belästigt. Dieses Lokal müsste natürlich auch jemand besetzen. Dann müssen wir noch regelmäßig in den Dialog mit der Regierung treten.

Stenzel:

Und mit den Kulturbeauftragten der Parteien, was ja zuletzt geschehen ist.

Spannberger:

Wobei das ziemlich ernüchternd war, wie die Kulturbeauftragten der Parteien im Ausschuss waren. Die Frau Hofer von der ÖVP ist gleich gar nicht gekommen. Der Herr Naderer von der FPÖ war als Ersatz da, weil der Herr Schnell gerade im Ausland war. Dann kam auch noch die Anita Strebl von der SPÖ. Einzig Cyriak Schweighofer von den Grünen, der selbst vom Fach ist, hat uns die Fragen gestellt, die wir uns auch hin und wieder stellen.

Stenzel:

Das Gespräch war ziemlich deprimierend.

Köhl:

Ein Problem ist vielleicht auch, dass außer meinem Bereich, der Volks- und Alltagskultur, von ÖVP-Kreisen alles andere eher der Linken und der Sozialdemokratie zugeordnet wird.

Spannberger:

Und dadurch kommt man auch kaum ins Gespräch.

Stenzel:

Meiner Meinung nach wird zur viel über den LKB und zu wenig über die Kulturinitiativen gesprochen. Man könnte die Frage stellen, auf welche Weise könnten Kulturinitiativen Interesse haben in einen regelmäßigen Dialog mit dem LKB einzutreten. Gibt es da überhaupt ein Interesse. Sonst könnten wir ja gleich die Sitzung hier schließen.

Köhl:

Ich habe meine Aufgabe darin gesehen, den Dialog zwischen der sehr traditionellen Heimatpflege und Kulturinitiativen zu knüpfen. Das ist uns von der Diktion her gelungen, dass man statt Heimat- und Brauchtumspflege jetzt Volks- und Alltagskultur sagt. Und dass wir auch Kontakte geknüpft haben. Hier ist sehr viel Koordination gelungen. Der Dialog innerhalb der Volkskultur passiert ohnehin im Referat sehr gut und intensiv. Volks- und Alltagskultur, wie auch Kulturinitiativen haben vom Grundsatz her eine ähnliche Basis. Meine Aufgabe bestand darin zu zeigen, dass man gemeinsam etwas möchte und dann funktioniert das auch. Man kann das oben auseinanderdiskutieren und strenge Positionen einnehmen, aber sobald man mit den Leuten selbst zusammenkommt, dort wo was passiert, dann können da sehr fruchtbare Dinge geschehen, und das scheint mir der richtige Weg für die Zukunft.

- Wenn ich für die Kulturinitiativen mein Interesse formulieren möchte: Ich würde schauen, wo man gemeinsam gehen kann. Wenn eine Wertschätzung nicht da ist und man sich missbraucht fühlt, dann sage ich lieber heute als morgen danke, mir ist jede Sekunde zu schade. Da benütze ich lieber die Zeit, um eigene funktionierende Vertretungsstrukturen aufzubauen. Da stecke ich meine Zeit lieber in den »kunstfehler«, der meine Artikel abdruckt, als dass ich darauf warte, dass mir das Landespressebüro einen Artikel bei den SN lanciert. Es kommt von den Kulturinitiativen das zurück, was sie als Angebot wahrnehmen. Wenn sie glauben, als demokratisches Feigenblatt missbraucht zu werden, dann werden sie sehr schnell in ihrem Sinn effizient arbeiten und in dem Gremium keine Zeit mehr versitzen.

Spannberger:

Aber du bist ja auch in der letzten Periode drinnen gesessen?

Köhl:

Das war in der vorherigen Periode genau dasselbe. Wir haben eben auf die Novellierung, die wir durchgeboxt haben, große Hoffnungen gesetzt. Aber es hat sich nichts geändert.

Spannberger:

Das habe ich auch oft gehört. Der LKB hat in der letzten Periode so viel Zeit für diese Novellierung verbraucht, dass man sich einfach daran gewöhnt hat, dass von dort nicht sehr viel kommt. Und da haben wir noch keine Strategie gefunden, wie man dem entgegentreten kann.

Stenzel:

Ich möchte noch gerne eine Frage zur Diskussion stellen. Es ist absolut normal, dass Kulturinitiativen mit sich selber und ihrer Arbeit beschäftigt sind. Es findet sowohl bei den Kulturpolitikern wie auch bei den Kulturinitiativen eines nicht statt: Die Grundlagendiskussionen einer Kulturpolitik. Die Kulturpolitiker entscheiden immer ganz pragmatisch, sehr oft nach ökonomischen Kriterien. Auf der anderen Seiten empfindet sich z.B. die ARGE-Nonntal als ARGE-Nonntal und glaubt nichts mit der Museumspolitik zu tun zu haben. Direkt hat sie das auch nicht, ich mache das eher den Politikern zum Vorwurf. Ich habe im Vorjahr öfters darauf hingewiesen, dass z.B. bei den Museen erst einmal über die Häuser, die Verpackung, geredet wird, aber es ist kein Museumskonzept da. Geschweige denn eine Orientierung darüber, was heute Museumskonzepte sind, von denen ausgehend man z.B. Wettbewerbe macht.

Eine weitere Frage, die ich angesprochen habe: Wie sieht es eigentlich mit einer Theaterpolitik aus? Spätestens nach dem Fall mit dem Theater Metropolis hätte sich die Politik die Frage stellen müssen: Wie sehen wir denn die Funktion der noch bestehenden Theater, wo liegen die Aufgaben, wie sollen die Mittel längerfristig geplant werden? Die Diskussion hat auch im »kunstfehler« nicht stattgefunden. Dort gab es zwar gute Stellungnahmen, aber nur in Bezug auf Metropolis.

Ich kann mir z.B. eine funktionierende Musikpolitk nicht vorstellen, wenn man nicht zuerst die Basis Musikschulwerk geregelt wird. Wir wissen, dass die Schulmusikerziehung quasi inexistent ist. Es kommt also einer Einrichtung wie dem Musikschulwerk eine einmalige Bedeutung zu.

- Was hat der LKB z.B. zum Metropolis von sich gegeben?

Stenzel:

Bei dieser Einrichtung konnte der LKB gar nicht aktiv werden, weil es keine Landeseinrichtung ist. Er hätte eine Grundsatzdiskussion über Theater im Raum Salzburg einfordern müssen und das hat er zu unrecht, glaube ich, nicht gemacht.

Man sollte über derartige Fälle aber auch außerhalb einer Konfliktsituation diskutieren. Der schlechtestmögliche Zeitpunkt über eine Theaterpolitik in Stadt und Land Salzburg zu diskutieren ist jener, wenn gerade ein Theater geschlossen wird. Eine andere Frage wäre es z.B., was passiert, wenn die Universitätsneubauten konkret werden, und wen betrifft es ,ist es eine städtische Angelegenheit oder betrifft es das Land? Da wäre jetzt der Zeitpunkt da, dass die Diskussion nicht in einem engen Raum, sondern auf der Basis einer Grundsatzdiskussion geführt wird. Die Kulturpolitik müsste eine Linie bekommen, es reicht nicht, wenn man vom Einen immer auf das Nächste springt und das dann abhandelt.

Pöschl:

Ich gebe dir absolut recht, dass es Sinn macht, Leitbilder zu entwerfen, bevor man sich immer nur mit "scheppernden Kanaldeckeln" auseinandersetzt. Wir haben das ganz früh - wenn du dich erinnerst - beim Musikschulwerk diskutiert, ob es nicht gescheiter wäre, Musikleitbilder zu entwickeln und von dem aus dann zusagen, das stellen wir uns vor.

Köhl:

Ich glaube, es wäre ein Ohr dafür da gewesen, wenn der Auftrag gekommen wäre. Wenn die Politik gesagt hätte: beschäftigt euch damit. Alles, was so selbst getan wird, ist für die Politik Opposition, da sagen die, schauen wir gleich, dass wir das irgendwie abwürgen. Das ist das Problem.

Spannberger:

Meine Erfahrung ist das nicht, dass alles nur als Opposition gesehen wird.

Köhl:

Das hängt bei dir vielleicht damit zusammen, dass du in der Architektur sehr viel aus Eigeninitiative machen und umsetzen konntest. Bei der Volkskultur ist das z.B. nicht der Fall. Mein Nachfolger im LKB ist gleich nach der ersten Sitzung wieder ausgetreten, weil er so einfach nicht arbeiten konnte.

Spannberger:

Jetzt ist ohnehin alles im Umbruch, weil der Vorsitzende auch zurückgetreten ist.

Köhl:

Das wusste ich noch nicht.

Stenzel:

Da möchte ich auch Klartext reden. Wenn einer noch nie in einer Sitzung war und dann zurücktritt, das ist nicht seriös.

Köhl:

Er hat an einer Sitzung teilgenommen, und hat da gesehen, dass er nichts bewirken, nichts einbringen kann.

Stenzel:

Reicht eine Sitzung im Vorstand, um zu sehen, um was es da geht? Man muss sich wenigstens einmal nass machen, um über mangelnde Trockenheit sprechen zu können.

- Jeder, der drinnen sitzt, macht sich eine persönliche Kosten-Nutzen-Rechnung, was kann ich erreichen, was bringt es mir und meiner Organisation, meinem Genre. In der Zwischenzeit merkt man, dass einige Leute, die sehr engagiert sind, sagen, ich kann von außen weit aus mehr erreichen, als wenn ich im LKB meine Zeit vergeude.

Pöschl:

Es ist nicht eine Frage der persönlichen Kosten-Nutzen-Rechnung. Jeder von uns weiß, dass es zu seinem Beruf gehört, dass er Kulturinteressen auch in Gremien vertreten muss. Es ist keine Frage, ob es ihn persönlich freut oder nicht.

- Letzte Frage: Kann man dem Gremium LKB wieder Bedeutung geben und was müsste da geschehen?

Spannberger:

Für mich persönlich ist es wichtig, dass dieses 4-Punkte-Programm realisiert wird, dass wir in dieser Periode dazu kommen, dass es dieses Lokal gibt und eine Person, die quasi Ansprechpartnerin ist. Dass das auch von uns weitertransportiert wird und dass sich dort ein Link zu den Kulturinitiativen bildet.

Köhl:

Ich kann mir nur wünschen, dass unter dem neuen Vorsitzenden der Dialog zwischen den Kulturinitiativen und der Volks- und Alltagskultur weitergeführt wird. Ich möchte da als Wunsch einbringen, dass da der Weg, der hier begonnen wurde, fortgeführt wird.

Pöschl:

Der Wolfgang Zinggl hat, wie er Kurator geworden ist, etwas Faszinierendes gemacht: er hat begonnen, Seminare für Politiker zu machen. Natürlich braucht der Beiratsausschuss operative Mittel. Die sollte er aber weniger in die Verwaltung stecken als in solche Aktivitäten. Dass er was anbietet, dass Politiker mehr Möglichkeiten haben, sich mit so etwas zu beschäftigen. Und um beim Leitbild zu bleiben: dass man Leute ganz einfach damit begeistert, dass hier etwas entstehen kann. Wenn man eine Leitbilddiskussion breit und offen anlegt, entsteht auch genügend Kraft und Druck, dass Politiker reagieren.

Stenzel:

Ich sehe das nicht anders. Ich habe auch lieber eine Grundsatzdiskussion, als immer dort nachzurennen, wo es gerade brennt. Man kann ohne viel Selbstlob sagen, dass jene, die im LKB sitzen, ein hohes Maß von Sachkompetenz vertreten. Er sollte deswegen nicht nur zu Grundsatzfragen, sondern auch zu Einzelfragen seine Positionen ausarbeiten. Auch gerade dann, wenn er nicht gefragt ist. Es könnte ja sein, dass man ihm nicht gerade die interessantesten Fragen stellt. Mittelfristig sind aber die Kontakte zu denen, die Kultur im weitesten Sinne nach Kriterien des Europarats machen, mindestens genauso wichtig wie die Kontakte zu Politikern. Man kann eben von der Politik nicht etwas erwarten, was sie nicht ist.

Herzlichen Dank für das Gespräch

Das Gespräch wurde am 3. April 2000 in den Räumen des Internationalen Zentrums für Kultur und Management ICCM geführt. Am Gespräche beteiligten sich:

Hans Köhl , Salzburger Heimatwerk

Herwig Pöschl, Internationales Zentrum für Kultur & Management

Arch. Dip.Ing. Ursula Spannberger

Univ. Prof. Dr. Jürg Stenzl , Universität Salzburg

Moderation: Dr. Gerald Gröchenig