mai 2000

Thomas Neuhold
kommentar

Die Gewerkschaften müssen handeln

Der Protest der Zivilgesellschaft geht weiter

Bei der Großdemonstration gegen die Rechtsaußen-Regierung im Februar war auf Transparenten die Forderung nach einem Generalstreik gegen schwarz-blau zu lesen. Der Autor dieser Zeilen fand dies damals - wie wohl die meisten KundgebungsteilnehmerInnen - reichlich übertrieben. Trotz aller Empörung über die Koalition mit dem rechten Rand schien die Zeit, über politische Streiks nachzudenken, noch nicht gekommen.

Nicht ganz drei Monate später sieht die Sache schon etwas anders aus. Siegestrunken und machtgierig geht Schwarz-Blau daran, demokratische Traditionen dieses Landes im Eilzugstempo zu demolieren und mit unverhohlenen Blockadedrohungen Richtung EU Österreich immer weiter aus Europa herauszulösen. Den Arbeiterkammern soll über eine Umlagen- kürzung - wie den tatsächlich oder auch nur potentiell kritischen Printmedien über die Abschaffung des Postzeitungsdienstes - die ökonomische Basis entzogen werden. Die Staatspolizei soll in Hinkunft an private Firmen Personenauskünfte über potentielle MitarbeiterInnen geben; gegen Cash! Und schließlich gehen ÖVP und FPÖ daran, das Land untereinander aufzuteilen: Die Raika-Gruppe, der Prinzhorn- und der Stronach-Clan werden eifrigst bedient, Amts- und Redaktionsstuben werden schwarz-blau eingefärbt. Wohin das führt, ist an der »Versuchsstation Kärnten« zu sehen.

Egal ob es sich um die Zerschlagung von Institutionen der ArbeiterInnenbewegung, ob es sich um medienpolitische Vorhaben der Marke »Zagreb« und »Belgrad«, oder ob es sich um die zunehmende Verschärfung des kulturellen Klimas handelt: Der - erstaunlich zähe - Widerstand dagegen wird überwiegend vom demokratischen Konglomerat »Zivilgesellschaft« getragen. Während in anderen EU-Staaten Gewerkschaftsaktionen sogar MinisterInnen von Linksregierungen zum Rücktritt zwingen, wirken die GewerkschaftsfunktionärInnen hierzulande wie paralysiert. Was tun, wenn die Regierung - wie zu erwarten ist - in den »Verhandlungen« keine essentiellen Zugeständnisse macht?

Nach Jahrzehnten der politischen Selbstkastration zugunsten einer vermeintlich sozialdemokratischen Regierungspolitik kann man sich jetzt kaum mehr gegen die staatlich verordnete eigene Entmachtung zur Wehr setzen. Mit ein paar Wahlerfolgen bei den AK-Wahlen für den regierungskritischen Tiroler AAB und die FSG in anderen Bundesländern ist es sicher nicht getan. Da müsste schon mehr her. Aber kämpfen, werte KollegInnen, lernt man nicht am Golfplatz!

-tom-