mai 2000

Doc Holliday
titel

Privatisiert Mölzer!

Die »Initiative der Kärntner Kulturschaffenden« fordert die sofortige

Szenario horribile: FPÖ-Chef Karl Schnell wird Landeshauptmann von Salzburg, der Ex-»Junge Freiheit«-Schreiber Franz Spitzauer (siehe Titelgeschichte) sein »Kultur-Berater«. Überfallsartig werden die Subventionen des Landes für den Dachverband, das TOI-Haus und diverse Sozialvereine auf null reduziert, jene von Literaturhaus, ARGE Kulturgelände und DAS KINO um 50 Prozent gekürzt. Subventionsansuchen verhöhnt der »Kulturbeauftragte« eigenhändig im Boulevard ...

In Salzburg (noch!?) kaum vorstellbar, in Kärnten bereits Realität. Der »kunstfehler« dokumentiert einen Aufruf Kärntner Kulturschaffender:

Ein rechtsextremer Journalist in der Rolle des »Kulturberaters« oder »Kulturbeauftragten« des Kärntner Landeshauptmannes schadet dem Ansehen des Landes, ist eine Provokation für jeden demokratisch denkenden Menschen und stellt eine gezielte Brüskierung der Kulturschaffenden dar.

Die unterzeichnenden Personen fordern deshalb den Landeshauptmann von Kärnten, Dr. Jörg Haider, auf, Andreas Mölzers von seiner Funktion als »Kulturbeauftragter« bzw. »Kulturberater« zu entbinden.

Die Begründung dafür ist:

1) Andreas Mölzer verbreitet als Journalist und Publizist eindeutig rechtsextremes Gedankengut. Rassistische und deutschnationale Ansichten gehören zum Standardrepertoire seiner Aufsätze. Seine Warnung vor drohender »Um-volkung« durch Einwanderung oder vor der Gefahr eines »brasilianischen Mo-dells« in Europa als die »völlige ethnisch-kulturelle Vermischung und Nivellierung auf dem simpelsten zivilisator- ischen Nenner« sind nur zwei Beispiele einer langen Reihe inakzeptabler Äußerungen.

Dass Mölzer kürzlich als Chefredakteur der rechtsextremen Zeitschrift ZUR ZEIT wegen Verhetzung (§ 283 StGB) angezeigt wurde, ist die logische und längst fällige Konsequenz seiner Aktivitäten, die seit langem hinlänglich dokumentiert sind.

Die Einsetzung Mölzers als »Kulturberater« des Landeshauptmannes stellt eine Aufwertung und politische Legitimierung rechtsextremer Positionen dar und schadet dem Ansehen Kärntens und darüber hinaus auch der gesamten Republik.

2) Als Kolumnist der »Kronen-Zeitung« lässt Andreas Mölzer (bisweilen auch unter dem Pseudonym NORICUS) keine Gelegenheit aus, missliebige KünstlerInnen und Kultureinrichtungen anzugreifen und zu denunzieren. So war er an der Medienkampagne gegen Cornelius Kolig maßgeblich beteiligt. Wer von Kunstwerken als »Schmiererei« oder »Analkunst« schreibt, die Kunst als »Hure« und zeitgenössische Künstler als »Zirkusdirektoren«, «Sensibelchen«, »Großpoetinnen« etc. bezeichnet, stellt nur seine Ressentiments gegen die moderne Kunst unter Beweis und hat sich für die Funktion eines »Kulturberaters« längst selbst disqualifiziert.

3) Andreas Mölzer ist als »Kulturberater« unmittelbar in die Entscheidungen über die Kulturförderungen des Landes Kärnten eingebunden. Förderungsansuchen werden von ihm bewertet. Er vertritt immer wieder den Kulturreferenten bei Gesprächen mit Kulturschaffenden und übt so eine quasi »amtliche« Funktion aus ohne jedoch dafür formell legitimiert zu sein. Es ist dies eine demokratiepolitisch überaus bedenkliche Konstellation. Außerdem nützt Mölzer die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit zugänglichen Informationen - etwa aus Subventionsansuchen, die an die Kulturabteilung gerichtet sind - für Glossen und Kommentare in der »Kärntner Krone«.

Hier liegt, wenn schon nicht eine Verletzung des Amtsgeheimnisses, so doch eine unerträgliche Vermischung unvereinbarer Funktionen vor.

Subventionswerber bei der Kulturabteilung der Kärntner Landesregierung haben, solange Herr Mölzer als 'Berater' des Kulturreferenten tätig ist, zu gewärtigen, dass ihre Ansuchen - noch ehe sachlich darüber entschieden wurde - von ebendiesem Herrn Mölzer in der »Kärntner Krone« hämisch kommentiert werden.

4) Es mag das Recht eines Landeshauptmannes sein, sich von Konsulenten seines Vertrauens beraten zu lassen, im Falle Mölzer ist allerdings nicht einzusehen, dass dies mit nicht unbeträchtlichen öffentlichen Mitteln geschieht (Jahreshonorar 360.000.-). Immerhin defin- iert das Kärntner Kulturförderungsgesetz das Kärntner Kulturgremium als die eigentliche (mit Experten aus der Kulturszene besetzte) Beratungsinstanz des Kulturreferenten bzw. der Landesregierung.

Die Funktion eines zusätzlichen »Kulturberaters« ist in den Bestimmungen nicht vorgesehen. Die Installierung eines mit weit reichenden Kompetenzen ausgestatteten Beraters bedeutet daher de facto eine Abwertung des Kulturgremiums und eine Aushöhlung des Kärntner Kulturförderungsgesetzes.

5) Sollte der Landeshauptmann allen Einwänden zum Trotz an AndreasMölzer als »Kulturberater« festhalten, muß dies nicht nur als Eingeständnis eigener fachlicher Defizite und als bewusste Provokation gewertet werden, sondern auch als Versuch, rechtsextreme Positionen salonfähig zu machen und politisch zu legitimieren.