mai 2000

Doc Holliday
titel

Unsere Ehre heißt Treue zur rechten Gesinnung

FPÖ-Politsekretär Franz Spitzauer: Ein Vorkämpfer der

Zur zentralen Frage der politischen Einordnung der FPÖ führte der »kunstfehler« im März ein Interview mit dem Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW) Wolfgang Neugebauer, nach dem die Haider-FPÖ als Hauptkraft des österreichischen Rechtsextremismus zu qualifizieren ist. Die dort auf theoretischer Ebene gehaltene Analyse versucht der »kf« mit praktischen Beispielen des publizistisch-ideologischen Wirkens eines Parteisekretärs zu ergänzen.

Keine Nazis

Um Missverständnisse auszuräumen, sei Folgendes vorausgeschickt: Weder der Autor noch der »kf« setzen Rechtsextremismus mit Nationalsozialismus, Neonazismus oder Neofaschismus gleich. Wenn im vorliegenden Text der Ausdruck »Rechtsextremismus« verwendet wird, geschieht dies aus-schließlich im Sinne der wissenschaftlichen Begriffsbestimmung von Univ. Doz. Dr. Willibald I. Holzer. Die Be- zeichnung einer Organisation oder Person als rechtsextrem ist als Qualifizierung von politischen oder ideologischen Positionen nach wissenschaftlichen Kriterien auf der Grundlage der Holzerschen Begriffsbestimmung zu verstehen.

Von Buberln und Rechten

Derzeit operieren in der FPÖ zwei Fraktionen. Einerseits die von Andreas Mölzer so bezeichneten »ideologischen Nullgruppler«, zu denen die »Buberl-Partie« oder Finanzminister Karl-Heinz Grasser zählen und deren pragmatische, wirtschaftsfreundliche Haltung im strikten Neoliberalismus wurzelt. Andererseits die intellektuellen »Neuen Rechten«, die ihre ausgeprägten ideologischen Vorstellungen in den traditionellen Kaderschmieden der »Nationalliberalen«, also den Burschenschaften und dem »Ring Freiheitlicher Studenten« (RFS) erlernten. Auch für Franz Spitzauer bildete der RFS während seines Studiums der Publizistik und Politikwissenschaften in Salzburg eine wichtige Karriereschule. Seine berufliche Laufbahn startete der heute 37-jährige 1985 als Journalist beim FPÖ-nahen »Salzburger Volksblatt«. Von dort wechselte er 1989 zur Salzburger Landesregierung. Spitzauer arbeitete als Pressesekretär des damaligen FP-Landesrates Volker Winkler. Danach war er im Amt der Salzburger Landesregierung tätig. Anfang 1997 wechselte er ins Büro von FPÖ-Stadtrat Siegfried Mitterdorfer, dem er bis heute als Sekretär dient. Eine ganz gewöhnliche politische Karriere, möchte man glauben. Wäre da nicht seine bislang einer breiten Öffentlichkeit kaum bekannte Tätigkeit als Autor für die rechtsrechte »Junge Freiheit« (JF), in der Spitzauer seine stramme ideologische Haltung öfters unter Beweis stellte. Bei der »JF« handelt es sich um das publizistische Zentralorgan einer intellektuellen »Neuen Rechten«. Seit Jänner 1994 versucht das Blatt durch wöchentliche Erscheinungsweise und mit einer Auflage von 35.000 Exemplaren den (links)liberalen Periodika Paroli zu bieten. Charakteristisch für die »JF« sind ihre Offenheit gegenüber dem rechtsextremen Parteienspektrum und der Versuch, eine Neudefinition des Begriffs »konservativ« durchzusetzen. Im Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen vom Jahr 1997 heißt es dazu, dass die» JF« »dem Begriff ›konservativ‹ - vom in der Gesellschaft verinnerlichten Wortinhalt extrem abweichend - auch rechtsextremistische Inhalte zuweist.« Der Verfassungsschutzbericht stellt weiters fest, dass »die »JF« auch 1997 zahlreiche Veröffentlichungen (brachte), die zumindest Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung darstellen.« Zu ähnlichen Einsichten kommt das Landesamt für Verfassungsschutz in Berlin schon 1994: »In der ›JF‹ finden sich Äußerungen, die auf eine gewisse Verharmlosung der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands schließen lassen. (...) Nach kritischer Würdigung... erkennt man die ›Masche‹ der Zeitung: In eigenen Artikeln, d.h. in von Redaktionsmitgliedern geschriebenen Beiträgen, relativ zurückhaltend, nutzt die Zeitung die Ansichten namhafter Politiker, soweit diese deckungsgleich sind mit der Meinung des Blattes.« Zu diesen Politikern gehören Ex-Republikaner-Führer Franz Schönhuber, Peter Gauweiler oder Jörg Haider. Aber auch Geschichtsrevisionisten wie dem Holocaust-Leugner David Irving wird breiter Raum zur Selbstdarstellung geboten.

Das Umfeld

Von Oktober 1995 bis 1997 erschien die »JF« mit einer von Andreas Mölzer und dem vormaligen Neonazi Jürgen Hatzenbichler gestalteten Österreich-Ausgabe. Beworben wurde das Kampfblatt mit einem Porträt Haiders und dem Slogan: »Zeitung für die Dritte Republik«. Mölzer war zuvor Schriftleiter und Chefredakteur der Zeitschrift der Freiheitlichen Akademikerverbände »Aula«. Als diese im Zuge der Fahndung nach den Briefbombenattentätern verstärkt ins Visier der Polizei geriet und nachdem Aula-Geschäftsführer Herwig Nachtmann wegen eines revisionistischen Hetzartikels im Sommer 1995 nach dem NS-Verbotsgesetz verurteilt wurde, verließen Mölzer und Hatzenbichler das FPÖ-nahe Burschenschafter-Organ. Zahlreiche Schreiber, die bereits die Aula belieferten, tauchten ab 1995 in der »JF«-Österreich auf. Darunter der FPÖ-Paradehistoriker Lothar Höbelt, Bischof Krenns Europa-Berater Friedrich Romig sowie der Ex-SPler Günther Rehak. Der ist Autor in einschlägigen neonazistischen Postillen und des Machwerks »Freispruch für Hitler?«! Für die »JF« versuchte er etwa die Brief- und Rohrbombenanschläge dem DÖW und dem Journalisten Wolfgang Purtscheller in die Schuhe zu schieben. 1996 inter-viewte Rehak den Ex-FPÖ-Gemeinderat Robert Dürr, der schon in den 80-er Jahren ins offen neonazistische Milieu abgedriftet war. Ein weiterer Autor war das ehemalige Mitglied der neonazistischen Aktion Neue Rechte (ANR) Gerhard Sailer. In diesem Umfeld veröffentlichte auch Franz Spitzauer seine JF-Beiträge 1995/1996. Seit Beginn seiner Tätigkeit für den damaligen Stadtrat Mitterdorfer ist Spitzauers Name wieder aus dem Blatt verschwunden. Thematisch kämpft Spitzauer in den bekannten ideologischen Frontabschnitten: Gegen die Political Correctness, die auf treudeutsch zum »Tugendterror« wird. Gegen Kulturinitiativen, die Kritik an der Haider-FPÖ üben. Für eine »konservative Wende«, die er im »Bürgerblock«, also einer Koalition mit der ÖVP, verwirklicht sieht.

Der Bürgerblock

»Schreckgespenst Bürgerblock« lautet ein Kommentar aus der »JF« 44/95, in der der Mitterdorfer-Sekretär an die historische Tradition einer bürgerlichen Koalition aus der Ersten Republik erinnert. Dass die damaligen Bündnispartner der Christlich-Sozialen, die FPÖ-Vorläuferparteien Großdeutsche Volkspartei und Landbund, Anfang der 30er Jahre vollständig und widerstandslos im Nationalsozialismus aufgingen, lässt der »Politologe« Spitzauer in diesem Zusammenhang vorsichtshalber unerwähnt. Ganz im Sinne der bereits skizzierten »JF«-Taktik der breiten konservativen Allianz ist auch der in einigen Spitzauer-Texten erkennbare Versuch mit katholischen Fundamentalisten und mit Karl Habsburg einen Schulterschluss herzustellen. Den Kaiserenkel, der damals noch nicht von der Spendenaffäre gebeutelt wurde und als ein ÖVP-Hoffnungsträger galt, lobt er bereits Anfang 96 als »konservativen Querverbinder« und einen »Mann mit politischer Zukunft«, der den linken und liberalen Kulturkämpfern wacker Paroli bieten könnte.

Ethno-National

Als brisanter entpuppen sich die Artikel, die sich den treu-deutschnationalen Fragen annehmen. In »JF« 1/96 bezieht der Alt-RFSler unter dem Titel »Dem Denkmalsturm standhalten!« Stellung zur Diskussion um den »Siegfriedskopf«. Dabei verharmlost er die »Deutsche Burschenschaft«, die 1923 das Denkmal für die Aula gestiftet hatte und bei der es sich um eine radikal deutschnationale und antisemitische Vereinigung handelte. Dafür nutzt Spitzauer die günstige Gelegenheit, um einmal mehr die neurechte Bündnisfrage zu stellen: »Die Mobilisierung aller wertkonservativen Kräfte kann die Denkmalstürmer noch bremsen.« Einmal in Fahrt wird auch über den »geistigen Denkmalsturm« lamentiert. »Die vorweihnachtliche Diskussion um Jörg Haiders Rede vor den Veteranen der Waffen-SS hat dies ebenso bewiesen wie die Wehrmachts-Verteufelungsausstellung in Wien und Innsbruck.« In der »JF« 47/95 ortet Spitzauer »Jahnsches Turnen im Fadenkreuz der PC-Kommissare«. Unter dem Titel »Streitfall Moritz-Etzold-Halle« beschäftigt er sich mit dieser Turnhalle des Österreichischen Turnerbundes (ÖTB) in Wels: »Benannt nach einem ehemaligen NS-Kreisschulleiter, dem man aber sonst nichts vorwerfen kann...« und der sich mit diesem rechten Unschuldslampl-Persilschein als geeigneter Namenspatron förmlich aufdrängt. Eine Umbenennung der Halle käme (wieder einmal) einer Kapitulation vor der »Jagdgesellschaft« von »linken Journalisten«, dem »DÖW« und der »Politsekte KPÖ« gleich. Diese »diffamieren ihn (gemeint ist der ÖTB) tatsachenwidrig als ewiggestrig und rechtsextrem«. Faktum ist aber ein rechtskräftiges Urteil des Landesgerichts Wien von 1981, in dem im Passus über den Charakter des ÖTB ausdrücklich von »nationalsozialistischer« Tendenz und Ideologie die Rede ist. Fakt ist auch ein berühmter Satz des Turnvaters Jahn: »Polen, Franzosen, Pfaffen, Junker und Juden sind Deutschlands Unglück«. Tatsache ist auch das vom ÖTB herausgegebene Liederbuch »Turner singen«. Das enthält ein Lied »An Jahn«, seinerzeit besser bekannt als das Treuelied der SS. Von all dem erzählt Spitzauers Hymne auf die deutschnationale Körperertüchtigung nichts. Nicht fehlen darf in der »JF« natürlich die Beschäftigung mit Südtirol. Seit jeher eine wichtige »nationale Frage« für deutschtümelnde Burschenschafter, nutzt Spitzauer in Ausgabe 16/96 die Gelegenheit zur Kritik an »der staatszentrierten Politkonzeption« der italienischen Rechten. Für Spitzauer sind die »Staatsnationalen« kein Bündnispartner für die »wertkonservativ-rechten Kräfte« in »Österreich und Deutschland«, die er auch als »Ethno-Nationale« bezeichnet. Dahinter verbirgt sich nichts anderes als die gute alte deutsche Volksgemeinschaft.

In Kenntnis all dieser publizistischen Offenbarungseide können andere Handlungen und Aussagen, die den Polit-Sekretär in der Öffentlichkeit bekannt gemacht haben, nicht mehr weiter verwundern. Weder die letztjährige Farce um die mehrsprachigen Badetafeln noch das Telefongespräch mit Salzburger Kulturveranstalter Georg Daxner, bei dem Spitz- auer (laut Salzburger Fenster) die Absage eines Gesprächstermins ideologisch zu begründen wusste: »Wenn Du mit Terroristen, Linksradikalen, Linksextremisten und Kommunisten paktierst, musst Du auch die Konsequenzen tragen.« Daxner hatte sich erlaubt, ein Flugblatt, das zur Demonstration gegen schwarz-blau aufrief, zu unterzeichnen. Unvergleichlich skurriler nimmt sich da Spitzauers Anruf während einer ORF-Sendung aus. Der brave Sekretär wollte seinem Chef Mitterdorfer bei einer Diskussion um den Kongresshaus-Neubau zu Hilfe kommen. In einer taktisch genialen Eingebung meldete er sich unter einem falschen Namen und wurde prompt vom ORF-Moderator erkannt und enttarnt.