april 2000

Thomas Randisek
kommentar

Wo geht's hier zum Diskurs?

Alle mitmachen! Salzburg gibt sich ein Kulturleitbild

Das Zauberwort heißt »Kulturleitbild« und wurde in Salzburg im letzten Jahr über Gebühr beansprucht. Schon kurz nach seiner Wahl zum Bürgermeister und Kulturreferenten ließ Heinz Schaden verlauten, die Stadt brauche nun ein Kulturleitbild. Im November dann sogar ein Riesenauflauf im Literaturhaus, um den »Startschuss zum Kulturleitbild« zu geben. Die Veranstaltung wurde ein richtig nettes Familientreffen, die Leitbilddiskussion aber wieder nur angekündigt, es folgten Monate der Einkehr. Jetzt endlich soll es soweit sein, denn vor kurzem einigten sich die Parteien - mit Ausnahme der Freiheitlichen, denen die Gesamtkosten zu hoch sind- auf die Finanzierung.

Der Stadtsenat beschloss also rund öS 794.000.- vom Konto »Massnahmen zur Förderung der Darstellenden Kunst« auf das Konto »Kulturverwaltung« zu transferieren. Welch ein zweifelhaftes Glück also, dass es das »Kleine Theater« nicht mehr gibt und die vorgesehenen Mittel nun in den Kulturdiskurs fließen können.

Denn Linz hat es vorgemacht und sich einen »Kulturentwicklungsplan« erarbeitet, Salzburg will in dieser Beziehung nicht rückständig sein.

Sich ein Kulturleitbild zu geben heißt, dass in einem längeren, von ExpertInnen moderierten Prozess die Ziele der Kulturpolitik längerfristig festgelegt werden sollen. Richtig demokratisch und unter Anteilnahme möglichst aller Betroffenen und Interessierten: Aktive wie RezipientInnen, Kulturschaffende wie KünstlerInnen, PolitikerInnen wie Beamte, die Festspielpräsidentin wie der Wurstverkäufer um die Ecke. Theoretisch zumindest. Die Breite der Eingebundenen verspricht Spannung wie Spannungen. Ziele sind die »Erarbeitung eines gemeinsamen, von Kulturverwaltung, Kulturtätigen erarbeiteten und getragenen Prozesses der Kulturentwicklung (Leitbild, Planungsschritte) und die Entwicklung von Leitlinien für die Kulturverwaltung«. Die zahlreichen Arbeits- und ExpertInnengruppen werden in der nächsten Zeit nicht unterbeschäftigt sein. Neben einer Bestandsaufnahme der kulturellen Infrastruktur, der Diskussion um Kulturprofil und Image der »Mozartstadt« - sollen auch die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen zur Diskussion kommen. Sogar an die »Gender Aspekte in der Kulturarbeit« wurde gedacht. Und nicht zu vergessen: Förderpolitik und die Verteilung der Fördermittel. Das Ganze muss dann noch einmal durch die Diskursmaschine.

Viel Neues und Richtungsweisendes wird möglicherweise dann im Kulturleitbild zu lesen sein und es wird sich halt wieder die Frage stellen: Wer soll denn das alles bezahlen? Wie etwa beim Weißbuch Kultur, das nun in den Schubladen verstaubt. Oder geht der Schuss gar nach hinten los? Auch Ex -Bürgermeister Dechant präsentierte Anfang der 90er Jahre ein Kulturleitbild - die Erfahrungen von damals sind wahrlich keine Ermutigung. Diesmal soll es ja anders werden, von einem »bottom up« Prozess ist die Rede. Nur soviel ist jetzt schon sicher: Es wird viel und öffentlich diskutiert werden über die Kultur und ihre Entwicklungsperspektiven - keine üble Perspektive. Dieser Prozess soll rund ein Jahr dauern, die Kosten werden bei insgesamt rund 1,7 Millionen Schilling liegen, letztendlich soll dann der Salzburger Gemeinderat über das erarbeitete Kulturleitbild abstimmen. Ob die Diskursfreude der KünstlerInnen und Kulturschaffenden diese Zeitspanne anhält, bleibt abzuwarten. Kündigte doch Bürgermeister Schaden Mitte März eine zweiprozentige Kürzung aller Subventionen an. Eine »schlechte Performance«, wie man neudeutsch so schön sagt. Dennoch, das Institut für Kommunikationsplanung und die SozialwissenschafterInnen von helix, die als SiegerInnen der Ausschreibung hervorgingen, können nun endlich loslegen.