april 2000

Thomas Neuhold
kommentar

Aufbäumen der Vergangenheit

Wolfgang Schüssel und seine ÖVP haben den Kampf um die Zukunft schon verloren. Woher wir das wissen? Von Schüssel und seiner ÖVP selbst.

Zur Erinnerung: Laut Schüssel besteht die sich formierende Zivilgesellschaft aus »Altlinken« und der »Internet-Generation«. Gut, daß Schüssel versucht, den Widerstand mit den Begriffspaaren »alt« und »links« zu diffamieren, war zu erwarten. Das mit »links« mag ja da und dort stimmen, »alt« ist die Protestbewegung keineswegs. Im Gegenteil: So viele junge Menschen wie derzeit haben sich in Österreich wohl noch nie politisch engagiert.

Daß der Kanzler von Haiders Gnaden die »Internet-Generation« als seine Gegner sieht, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Geistesverfassung des kleinen Mannes. Weiß er nicht, daß die Kommunikationsbranche der weltweit am schnellsten wachsende Wirtschaftszweig ist? Weiß der Mann nicht, daß er mit solcher Abqualifizierung der Wirtschaftskammer ans Bein pinkelt, die sich verzweifelt bemüht, den heimischen Betrieben rasch »das Netz« schmackhaft zu machen, um deren internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten?

Er weiß es nicht. Und aus der ÖVP hat ihm auch niemand widersprochen. Es gibt wohl kein schöneres Beispiel als den Sager von der »Internet-Generation«, um deutlich zu machen, welch reaktionären Geisteskinder Schüssel und seine KofferträgerInnen sind.

Für diese Herrschaften ist die moderne Kommunikation, deren Möglichkeiten von SMS bis »e-mail« sich der junge Widerstand ganz selbstverständlich bedient, ein Schrecken. Die Möglichkeiten der Technik sind vielfältig und ihr ist derzeit mit autoritären Politikkonzepten schwer beizukommen. Selbst wenn schwarz-blau die wichtigsten Medien im Land gleichschalten, die demokratische Kommunikation im Netz und die Kontakte nach außen bleiben bestehen. Vor allem aber wird die Entwicklung der modernen Kommunikationsgesellschaft rasch weiterschreiten. Daran kann auch das politische Aufbäumen der Vergangenheit nichts ändern.