Den Gürtel um den Hals

Der mit bemerkenswerter Unbedachtheit geführte Wählerfang der Großkoalitionäre hat mit den Aktivisten der F-Wertsportler-Bewegung eines gemeinsam: Er führt zu einer Politik, die in den tiefsten Niederungen der arithmetischen Gleichung dahintümpelt. Auf- und abgerechnet wird, was Stimmen bringt, der Rest fällt durch die immer grobmaschiger werdende Selektion. Egal ob Bürgerliste oder SP, egal ob Wahlängste, Sparpaket oder zweifelhafte Verbrüderungen, scheinbar letzte Bastionen politischer Haltung gehen vorm dummen Populismus Haiders in die Knie.

Das Talent Haiders, Debatten gewissermaßen der Nation zu verordnen, ging im kulturellen Bereich genauso auf wie im Sozialen.

Besonders auf regionaler Ebene wurde binnen kürzester Zeit politisch etwas realisiert, was eigentlich ohnehin schon lange klar war: Kultur ist nicht mehrheitsfähig. Kultur allein ist auch fast nicht mehr politikfähig - wenn überhaupt Kultur, dann nur mit irgendeiner sie positivierenden Produktivkraft : Kultur und Volk, Kultur und Gesundheit, Kultur und Sport, und der letzte Schrei - Kultur und Aktien. Spätestens hier verabschieden sich verbindliche Inhalte in die künstliche Realität des Mehrwerts, in die leeren Regale des Konsums genauso wie in beliebige Börsen. Es mag

Yuppies recht und und Politikern billig sein, den Kulturauftrag von demokratischer Politik in eine Sponsoringdebatte zu verlagern, vielleicht müssen wir uns auch vom kurzen Sommer der mittel- und langfristigen Förderverträge wieder in Richtung Mäzenatentum verabschieden, die Art und Weise des Abschieds jedoch, so er einer ist, erinnert mehr an eine Politik der verbrannten Erde als an eine konstruktive Umschichtung von Förderaufträgen.

Vielleicht müssen wir wirklich die Gürtel enger schnallen, wie Dechant dies meint. Nur macht es einen kleinen Unterschied, ob man die Schlinge um den Hals oder um den Bauch trägt. Das ist auch der kleine Unterschied zwischen den Betreiberinnen des Frauenkulturzentrums und den in die Dienstwagendebatte verstrickten Politikern.