jänner-februar 1999

Gerald Gröchenig
gelesen

Gerald Raunig (Hrsg.): Klimawechsel Für eine neue Politik kultureller Transparenz

Wien 1998. ISBN 3-9500544-21

»Klimawechsel« nennt die IG Kultur Österreich ihr in Schwarz gehaltenes Buch (Schwarzbuch wurde bewußt vermieden), verfaßt als Antwort auf das von Bundeskanzleramt herausgegebene Weißbuch zur Zukunft der Kulturpolitik. Das offizielle Werk aus dem Bundeskanzleramt wurde ja eher als ein Sammelsurium teils widersprechender Meinungen von Experten empfunden (von denen man bei einigen nicht weiß, wie sie überhaupt zu diesen Ehren gekommen sind). Der IG Kultur gelingt es nun, in 22 Kapiteln ihre Forderungen zur Verbesserung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für Kulturarbeit darzulegen. Doch die Broschüre ist weit mehr als ein Komplementärwerk zur BKA-Studie. Sie stellt außerdem das Ergebnis eines zwei Jahre dauernden Diskussionsprozesses dar, der schon von vornherein in einem kulturpolitischen Forderungskatalog enden sollte. Und so sind die Forderungen zu Kunstsparten, Ausbildung, Beschäftigung, Medienpolitik, Geschlechtersymmetrie, Umverteilung, Verwaltung oder EU nicht nur auf die Politik des Bundes bezogen: Zielgruppe diese Broschüre sind kulturelle Meinungsträger in allen Berufen und Schichten.

Man kann also gespannt sein, wie diese Vorschläge in den Katalog des Bundes eingearbeitet werden. Ob sich Politik und Verwaltung dafür begeistern können, »radikale Transparenz« oder »uneingeschränkte Nachvollziehbarkeit von Beschlüssen« (beides Forderungen aus dem Kapitel »Gläserne Kulturverwaltung") als Ziele für sich selbst einzuführen, oder ob man doch lieber mittels Michael Wimmer's »New Public Management« Phantasien der Kultur ein Privatisierungsmodell überstülpt, das die Grundpfeiler von Reaganomics und Thatcherism darstellte. Im Frühjahr wird man mehr darüber erfahren.

Zu beziehen bei: IG Kultur Österreich, Viktorgasse 22/8, 1040 Wien, Tel: 01/5037120

Gerald Gröchenig