jänner-februar 1999

Thomas Neuhold

Eine Frage der Ehre

Vor einem Jahr war der Autor dieser Zeilen - quasi als Quotenrepublikaner - Gast bei einer ORF-Diskussion mit dem Titel »Adel verpflichtet - wozu?« Schon Anfang 1998 waren einige Vorgänge im Hause Habsburg Diskussionsgegenstand: Karl Habsburgs geschmuggeltes Diadem und seine mißglückte Diplomarbeit gehörten ebenso dazu wie der großzügige Umgang mit Steuergeldern für Gattin Francescas »State of the art«-Urlaubsdias. Von gräflich-fürstlicher Seite wurde dabei das enorme karitative Engagement des österreichischen Adels hervorgehoben; sozusagen als Rechtfertigung für die zahlreichen blaublütigen Privilegien. Was darunter zu verstehen ist, haben Karl Habsburg und die um ihn versammelte reaktionäre Clique dieser Tage gezeigt.

Und auch wenn Recht, Politik und Moral nicht vermischt werden sollten, muß doch festgehalten werden: Karitativ motivierte Spenden für einen Wahlkampf zu verwenden ist so ziemlich das Letzte! Die Auswirkungen werden nicht zuletzt die verschiedensten kleinen und größeren Hilfsorganisationen zu spüren bekommen, die auf milde Gaben angewiesen sind.

Jeder Normalsterbliche, der nur in den Verdacht des Mißbrauchs von Spendengeldern käme, hätte schon längst seinen politischen Hut nehmen müssen. Nicht so der Vertreter des höchsten österreichischen Adelsgeschlechtes, dem offensichtlich auch jedes Ehrgefühl fehlt. Er läßt seinen Vater aufmarschieren, der die politischen Attacken gegen seinen Sohn Karl mit der Judenverfolgung durch die Nazis vergleicht. Eine Ungeheuerlichkeit! Und er wurde lange von Teilen der ÖVP verteidigt, als ob es wirklich darum ginge, Karl vor einem unmotivierten »Habsburg-Kannibalismus« zu schützen.

Es ist ein widerwärtiges Sittenbild eines amoralischen und ehrlosen Klüngels, der sich im Filz unserer Republik breit gemacht hat und der sich ganz offensichtlich politischer Duldung von ganz oben erfreut.