jänner-februar 1999

Didi Neidhart

Turnübungen

Wahlversprechen einmal anders

Wahlversprechen einmal anders. »Wirst Du, liebe Partei in Deinem Wahlkampf auf Diffamierungsattacken gegen MigrantInnen und Einkommensschwache, im besonderen SozialhilfeempfängerInnen und Wohnungslose verzichten?« Diese Frage stellte die Sozialarbeiterin Renate Hojas den in Land und Stadt am 7. März zur Wahl antretenden Salzburger Parteien. Es gehe nicht an, so Hojas, daß Politik zuerst Armut produziere und dann zu Zwecken des billigen Stimmenfangs mit dem Finger auf Betroffene zeige. Ziel sei es auch, den WählerInnen Orientierungshilfen zu geben. Die jetzt abgegebenen Versprechen bezüglich des Wahlkampfstils sollen eingefordert werden und letztlich auch zu Wahlentscheidungen führen. Die in der Dezemberausgabe des »asfalter« veröffentlichten Antworten überraschten jedoch nicht wirklich. Auf Landesebene schränkte die FPÖ ihr »Ja« mit dem Hinweis auf »nur unschuldig in Not geratene« ein, in der Stadt gab es von der Autofahrerpartei (ÖABP) ein kategorisches »Nein« mit der Begründung »Wir kämpfen für den Wohlstand. Ohne Wohlstand keine Sozialunterstützungen«. (daß dieser »Wohlstand« erst durch Armut und zwangsflexibilisierte Billigstlohnkräfte ermöglicht wird, dürfte den »Freie Fahrt für freie Bürger«-ProponentInnen so fremd sein wie ein Tempolimit). Die Stadt-FPÖ schließlich entzog sich der Stimmabgabe. Dafür machte sich Stadtrat Mitterdorfer in einem Brief Luft über die »moralisch korrekte Schaum- und Gesinnungssprache« der Anfrage. Zudem könne bei »gerechter Kritik« nicht von »Diffamierung« gesprochen werden. Bei den angesprochenen »sozialen Gruppen« gehe es immerhin auch darum, aufzuzeigen »welche Probleme sie verursachen«. Auch verharmlose der Begriff »Migranten« die Ausländerproblematik. »Ausländer sind Ausländer«, so Mitterdorfer. Was von den Verzichtserklärungen der anderen Parteien zu halten sein wird, wird sich im Wahlkampf zeigen. Besonders der SPÖ und ihrem Konzept vorbeugender Kontrollen im Sozialhilfebereich zur angeblichen Vermeidung hinlänglich bekannter Sozialschmarotzerdebatten sollte dabei genau auf die Finger geschaut werden. Und die ÖVP? Die fühlt sich zwar der christlichen Nächstenliebe verpflichtet, gleichzeitig gibt Landeshauptmann Schausberger jedoch die Losung »Neubesinnung auf Eigenverantwortung« aus, welche zur Hebung des Gefühls der »Selbstbestimmung des Bürgers« führen solle und ohne »Abbau von Rechtsansprüchen« im sozialen Bereich nicht zuwege gebracht werden könne. Das soziale Netz sei nicht für alle da, die auch neben und über ihm »ihre Turnübungen machen können«, so Schausberger Ende November beim »Zukunftskongreß«.