jänner-februar 1999

Didi Neidhart

Futter für die Birne

Ende November wurden die Ergebnisse des »Zukunftsforums Salzburg« präsentiert. Der »kunstfehler« wagte einen Blick in diesen von LH Schausberger initiierten Think Tank

»Mitgehen mit Entwicklungen«, »am Höhepunkt der Zeit sein«. Solch Streben soll, glaubt man den Worten von Landeshauptmann Schausberger, durch die »geistige Schwungmasse« des »Salzburger Zukunftsforums« zur Salzburger Realität werden. Denn: »Ideen werden auch in unsere Politik einfließen«, so Schausberger, der damit bei der Präsentation der »geistigen Schwungmasse« auch gleich den inoffiziellen Landtagswahlkampf der ÖVP eröffnete. Doch welches Futter für die Birne wird hier propagiert?

Will der »Forschungsstandort Salzburg« einer gesicherten Zukunft entgegenblicken, müssen »auszubauende Forschungsschwerpunkte« auf universitärer Ebene vorangetrieben werden. Hier bestimmt die Ökonomie die Schwerpunkte (neue Technologien, Tourismus, Molekularbiologie und Genetik). Jedoch nicht ganz. Gehört doch auch die »Religionswissenschaft im Bereich der Theologischen Fakultät« zu den favorisierten Zukunftswerkstätten im Konzept dieser »überparteilichen« Kaderschmiedemeister- Innen. Was immerhin auch als vorausschauende AMS-Maßnahme für von Arbeitslosigkeit bedrohte paneuropäische Unschuldslämmer sowie gestrenge, die Wahrheit direkt von Gott gepachtete Kirchenmänner betrachtet werden könnte. Um moderne Auslegungsmöglichkeiten der Bergpredigt dürfte es jedoch nicht gehen.

Da sei schon das Kapitel »Sicherheit« vor, wo gleich nach Verweisen auf Sexshops und Straßenprostitution die Forderung nach einer »verantwortungsvollen Ausländerpolitik« gestellt wird. Diese sei nach dem Ende des Ostblocks und »dem »Zerfall des Tito-Imperiums« oberstes Gebot. Daher müsse »den zuständigen Behörden der Zugriff auf alle relevanten Daten ermöglicht werden« um illegale Einwandungen zu unterbinden und ist die »Teilnahme an einem kollektiven europäischen Sicherheitssystem« Voraussetzung für die »Gesamtsicherheit der österreichischen Bevölkerung«. Wer keinen Dreck am Stecken hat, muß sich davor nun wirklich nicht fürchten. Auch AusländerInnen nicht. Sofern sie »integrationswillig« sind. Wird zudem ein »Mindestmaß an Ein-ordnung« aufgebracht und die »Gleichberechtigung von Mann und Frau« akzeptiert (eine Gepflogenheit, die bekanntlich zu den »kulturellen Eigenständigkeiten« und »Gebräuchen« der westlichen Welt gehört), steht der Integration nichts mehr im Wege.

Äußerst aufschlußreich ist auch das Kapitel »Kultur«, geschrieben unter der Leitung von Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadtler. Dort heißt es gleich zu Beginn: »Neben der Hochkultur existiert gerade im Bundesland Salzburg eine breite und fruchtbare Volkskultur, die sich nicht nur als Brauchtum versteht, sondern ganz bewußt als identitätsstiftende kulturelle Erscheinungsform.« Bodenständiges ist halt immer noch der beste Garantieschein für kulturelle Identität. Und die ist brennend notwendig. Versucht sich doch Prag in letzter Zeit als »Mozartstadt« zu profilieren, wie bestürzt festgestellt wird. Wo kämen wir denn da hin. Also müssen »weitere exemplarische Mozartaufführungen« her, um die Salzburger »Kernkompetenz« in dieser Angelegenheit vor fremdländischen Abzockern zu schützen.

Strategien gegen diese »globale Kulturindustrie« holt man sich bei eurozentristischen Theoretikern wie dem Soziologen Scott Lash. Der wird mit folgendem Leitgedanken zitiert: »Die Amerikaner und die Japaner mögen bei der Technologie weiter sein, dafür haben die Europäer reiche und lebendige Traditionen und Institutionen in punkto Inhalt.« Da wundert die Forderung nach einer Revitalisierung des »European Art Forum« auch nicht mehr. Zudem dürfe bei all dem nicht übersehen werden, daß »Kunst« in Salzburg »Standortqualität« schaffe. Was hier unter »Kunst« verstanden wird, ist jedoch auch nicht ohne. »In einer global ausgelegten Gesellschaft, in der vermutlich mehr als zwei Drittel der Bevölkerung sich andere Einnahmequellen, Arbeits- und Lebensaufgaben zuwenden wollen und müssen, schaffen Kunst und Kultur Standort und Kompetenz zur Lebensbewältigung.« Kunst wird so zum Trainingslager, in dem der verschärfte Wettbewerb unter neoliberalistischen Arbeitsmarktbedingungen als »Lebensbewältigung« geübt werden kann. Oder, um es mit einem Schlußzitat von Arthur Schnitzler zu sagen: »Der Endzweck aller Kultur ist es, das, was wir Politik nennen, überflüssig, jedoch Wissenschaft und Kunst der Menschheit unentbehrlich machen.«

Wen sollte es da noch wundern, daß die alternative Szene nicht einmal alibimäßig erwähnt, dafür ein monatlicher »Kulturführer« gefordert wird. Einen solchen gibt schon seit Jahren der Dachverband Salzburger Kulturstätten heraus. Soviel nur abschließend zu den »besten Ideen im Land«.