jänner-februar 1999

Didi Neidhart
gehört

BLAUMAROT: hoaßkoid

(Extraplatte)

Nach dem vielbeachteten Tom Waits-Projekt gibt es nun eigenen Stuff. Und da ist vor allem Texter Harald Friedl ein großes Lob auszusprechen. Dialekt- »Rock« ist in Österreich ja nicht unbedingt ein Gebiet, auf das sich so ohne weiteres gewagt wird. Da seien schon mal die Peinlichkeiten diverser Austropopper vor. Ganz zu schweigen von dem, was das Gespann Bronner/Qualtinger, Ostbahn Kurti-Textlieferant Günter Brödl, Peter Weibel (Hotel Morphila Orchester) und vor allem Attwengers Ernst Jandl-Fan Markus Binder diesbezüglich vorgelegt haben. Doch Blaumarot haben Ambitionen und die gehen weit über »Pop« hinaus. Jedoch beginnen hier auch die Probleme. Wie können Suderantentum, Grant und Reflexionen über den Austrian Way Of Life übersetzt werden, ohne daß eine allzu perfekte Produktion im Endeffekt all jenen Aspekten die Zähne zieht, denen Blaumarot die Finger in die Wunden steckt. Das Brechen einer Kaputtnik-Ästhetik, die sich zwischen Tom Waits, Nick Cave und Aki Kaurismäki nur allzu gerne in den Klischees der eigenen, scheinbar nur durch Leiden ermöglichten Genialitätsphilosophie beinahe autoerotisch stets aufs neue als konsensfähige Freakgestalt ins mainstreamkompatible Rampenlicht stellt, gelingt Blaumarot jedoch nur bedingt. Auch wenn ihnen die Einheit von Form und Inhalt zurecht suspekt erscheint, so kämpfen sie doch mit dem Problem in zwei grundverschiedenen Bars gleichzeitig spielen zu wollen. Sowas kann als Pop aufgehen (etwa bei Roxy Music, David Bowie, den Tindersticks oder Pulp), erscheint hier jedoch als Mittelweg, dessen letzte Konsequenz das »Zugrundegehen« eines Konrad Bayer als leicht konsumierbares ästhetisches Outlawtum erscheinen läßt. Vielleicht ist das alles live dann auch kein Armbruch mehr. Denn Qualitäten haben Blaumarot. Was sie nicht zuletzt mit Tracks wie »Voi glondt«, dem »Internet Blues« (remember »Bundesbahn-Blues« by Qualtinger/Bronner) und der funky Option »Egovampir« auch unter Beweis stellen.