juni 1995

GastautorIn

Rosa-Lila in Salzburg

Im Kunstbereich, als »Frisöse« oder Damenschneider gibt es für sie freizügigen Freiraum, sonst sind sie unerwünscht. Die geschätzten 6.000 Schwulen haben es gerade in Salzburg besonders schwer.

Eigentlich ist die Homosexuelleninitiative »Hosi« ja ein illegaler Verein, da laut österreichischem Strafgesetzbuch »Werbung« für Homosexualität verboten ist. Das gilt selbstredend für das ganze Bundesgebiet, dennoch ist die Situation für Schwule in Salzburg noch weit weniger rosig als anderswo.

Am Beispiel der Hosi: Für die Interessenvertretung, die sich um Belange Homosexueller kümmert, gab es bis 1993 jährlich 40.000 Schilling an Subventionen durch die Stadt, 94 nur mehr die Hälfte, für heuer liegt noch kein Beschluß vor. In Linz bekommt die »Hosi« 200.000, in Innsbruck 160.000 Schilling. Ein Subventionsansuchen beim Land wurde im März dieses Jahres abgelehnt. Sozialreferent LHStv. Gerhard Buchleitner meinte, daß das Kulturressort zuständig wäre. Der zuständige Landesrat Othmar Raus beschied, daß man nur spezifische Veranstaltungen fördere, nicht Institutionen.

Es geht der Hosi um Themen wie Enttabuisierung der Homosexualität, Solidarität zwischen Schwulen sowie zwischen und mit HIV-Positiven, um ein Ausbrechen aus der Isolation durch die Hetero-Gesellschaft, um das persönliche und das gesellschaftliche Coming-Out. Sie sind gay, also lustig, trotzdem sind viele Schwule traurig. Das Staatskonzept verbietet glückliche BürgerInnen.

Vier Schritte stehen an: Die Abschaffung der Paragraphen 209, 220 und 221 StGB und, viertens, das Ende der gesellschaftlichen Diskriminierung in Form eines Antidiskriminierungsparagraphen, der Minderheiten vor Mehrheiten schützt. Alles durchaus machbar: In Italien etwa gab es das Wort »homosexuell« in Gesetzestexten nie, in der BRD gibt es seit vergangenem Jahr den »17. Mai« (Paragraph 175) nicht mehr. Eingetragene homosexuelle Partnerschaften werden mittlerweile in Dänemark, Grönland, Norwegen, Schweden und seit März 1995 auch in Ungarn anerkannt. Spanien dürfte folgen. In Österreich scheitert die Abschaffung der StGB-Paragraphen seit Jahren am Widerstand der ÖVP und der Kirche, bis 1971 war Homosexualität überhaupt verboten: »Es ist wie mit der Abtreibung. Wer nicht zur Reproduktion von Staatsvolk beiträgt, ist ein gesellschaftspolitischer Blindgänger.«

Neben der im internationalen Vergleich skandalösen Gesetzeslage, der restriktiven Subventionspolitik an der Salzach kommt für Schwule in Salzburg noch ein besonders feindliches gesellschaftliches Klima hinzu. Es gibt hier keine »hohen Tiere«, die schwul sind. Und wenn, wäre ein Coming-Out nicht möglich; sie sind verheiratet, haben Kinder und gehen zwei oder drei Mal pro Woche »in den Park«. Immer wieder passiert es, daß Polizisten am Rosenhügel Personenkontrollen durchführen und Personalien notieren. Eine Anfrage der Hosi bei der Polizeidirektion ergab, daß die Exekutive Listen führe, um »Ermittlungen zu erleichtern, falls einmal ein Verbrechen passiert.«

Einkaufszentren und Autohäuser organisieren zwar Shows mit »Queens« - junge Tunten in Fummel - im Kiesel soll dafür extra ein Rausschmeißer angestellt worden sein, um Kontaktaufnahmen zu unterbinden. Sonst trifft man sich in Lokalen, die im »Spartacus - International Gay Guide 94/95 » empfohlen werden. Einzelne Wirte verbitten sich die Nennung in diesem Zusammenhang »wegen der anderen Gäste.«

Auch die Hosi betreibt ein Lokal, ohne eigenen Namen. Kein Aufreißerlokal, aber wenn jemand Kontakte sucht, kann er hier darüber reden. HIV-Positive sind willkommen. Die Anrainer reagieren entsprechend, Anzeigen wegen »Lärmbelästigung« gehören ebenso dazu, wie Interventionen bei Stadtpolitikern.

Im Raum des Lokales gibt es auch Beratung, vor allem am »Rosa Telephon - 43-59-27«. Gefragt sind allgemeine Informationen, Sexualberatung und Beratung fürs Coming Out - »wie sag ich’s meinen Eltern...?« Hier werden aber auch die gesellschaftlichen Probleme in konzentrierter Form deutlich. So werden beispielsweise Ärzte gesucht, denn seit AIDS wollen viele von ihnen Schwule nicht mehr behandeln. In Zukunft soll auch eine Sozialberatung angeboten werden, da Schwule oft in sozial schwachen Verhältnissen leben. Heteros haben schlicht und einfach bessere Jobchancen.

Solidarität und Zusammenhalt gibt es zwischen den einzelnen Gruppen wenig: Gemeinsam schwul sein, ist schwierig, Reiche und Arme, Linke und Rechte... sind nicht zusammenzubringen. In Salzburg besonders schwer: »Schwule zwischen 20 und 25 sollen am besten wegziehen, ins Ausland«, so eine oft verbreitete Empfehlung.

A. Kuntner

»...Das ist ähnlich wie mit Rauschgift...«

ParteienvertreterInnen zur Homosexualität, Strafgesetzen und zur Gleichstellung von hetero- und homosexuellen Lebensgemeinschaften - Auszüge aus einer Umfrage der »Hosi«.

LF - Friedhelm Frischenschlager: Wenn sich zwei Menschen zusammentun, sollen rechtliche Schlechterstellungen beseitigt werden, egal ob das etwas mit Sexualität zu tun hat, oder nicht.

F - Eduard Mainoni:

Gerade in der Pubertät kann es Phasen geben, wo eine gewisse gleichgeschlechtliche Beziehung eine Rolle spielt, diese Phasen werden dann aber wieder abebben und der normale heterosexuelle Kontakt findet statt. Und gerade in diesen Phasen ist es nicht gut und angetan, für etwas zu animieren, worüber sich der Jugendliche oder die Jugendliche nicht ganz im klaren ist, ob er das will oder nicht. Das ist ähnlich wie mit Rauschgift...

ÖABP - Erich Hüffel:

Wenn sie jetzt Subventionen ansprechen, da sind wir strikt dagegen. Sie wissen, die Stadt ist pleite, wir können nicht einmal die Straßenmarkierungen, also die Farben dafür bezahlen.

ÖVP - Gerlinde Vegh: Ich würde nicht werben, weil eines der Grundprinzipien der ÖVP die Familie ist. Bezüglich des Schutzalters würde ich dafür plädieren, das noch hinaufzusetzen, Kinder zwischen 14 und 18 sind einfach so unterschiedlich.

Demokratie 92 - Getrude Fabris: Mir kommt vor, daß alle diese Paragraphen eines gemeinsam haben: Sie gehen irrwitzigerweise immer noch davon aus, daß gleichgeschlechtliche Sexualität Unzucht ist.

Bürgerliste - Johann Padutsch: Von mir persönlich aus gesagt, und da denke ich, daß die Bürgerliste nicht anders denkt, ist eine Diskriminierung, von wem auch immer, etwas, was nicht sein soll. Das darf nur nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz ablaufen.

SPÖ - Fred Kendlbacher:

Wir haben uns beim Bundesparteitag entschlossen, daß die Paragraphen gestrichen werden sollen. Angestrebt wird das schwedische oder dänische Modell mit Registrierung, wo eben nur die Adoption von Kinder ausgeschlossen ist.