juni 1995

kurzfehler

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Die »B 23« - so das Insider-Kürzel für die Caritas-Notschlafstelle in der Bessarabierstraße - hat Ende April ihre Pforten geschlossen. Das in einem Abbruchhaus der GSWB untergebrachte Notquartier für Obdachlose Salzburgs muß einem Neubau weichen. Wie notwendig eine in Zusammenarbeit mit dem Bahnhofssozialdienst geführte Akutversorgung für Wohnungslose ist, belegt die Statistik: In der kurzen Projektphase der »B 23« von Mitte Jänner bis Ende April dieses Jahres haben rund 90 verschiedene Personen eines der 16 Betten in Anspruch genommen. Allein im Februar und März mußten 93 Unterkunftsuchende abgewiesen werden. Laut Caritas ist ein geeignetes Nachfolgeprojekt nicht in Sicht. Es sei zu befürchten, daß erst zu Beginn der kalten Jahreszeit unter den Sozialpolitikern der Stadt wieder die hektische Suche nach Unterkünften für Obdachlose beginnt.

Alfred Hrdlicka, Stalinist per Eigendefinition, hat zwar die Zeilen sämtlicher Zeitgeist-Gazetten wieder verlassen, für die Disziplinarkom- mission beim Wissenschaftsministerium ist der Sager des Professors von den Nürnberger Rassengesetzen, die er Wolf Biermann an den Hals wünschte, längst nicht erledigt. Nachdem sich die Medien abgewandt hatten, ist nun Platz für eine differenzierte Befassung mit der Causa geschaffen geworden. Der Salzburger Germanist Karl Müller diagnostiziert beispielsweise in einer Stellungnahme an die Kommission, daß »Hrdlickas eigene Erkenntnisintrumentarien« nicht ausreichen, »um wirklich die Gründe zu erhellen, die Biermann veranlaßten, Gregor Gysi und Stefan Heym zu attackieren«. Hrdlickas Verantwortung liege in seinem »unzureichenden Sprachbewußtsein«, die Debatte sei daher berechtigt. Allerdings wäre der antirassistische Grundkonsens nicht verletzt: »Das wütend-warnende Diktum Hrdlickas aber ist vielmehr ein Beleg für das erschauernde Erinnern an die sittliche Verrohung und Verwilderung des Denkens, die an der NS-Rassenmystik sichtbar wird, die für Hrdlicka den Inbegriff menschenverachtender Ideologie darstellt«, so Müller.

Das Stadtbudget ist doch zu retten! Zumindest nach Demokratie 92 Mandatar Herbert Fartacek. Der für 96 zu erwartende Abgang im Budget von ca. öS 600 Mio. sei zwar hoch, aber nicht unbewältigbar, so der Ex SPÖ-Vize in einem informellen Arbeitsgespräch im Kulturgelände Nonntal. Momentan werde klassisches Löcherstopfen betrieben. Die Verkäufe von Sparkasse, Parkgaragengesellschaft usw. würden zwar eine kurzfristige Konsolidierung, nicht aber eine strukturelle Verbesserung des Stadtbudgets bewirken. Allein in den Problembereichen Soziales und Verwaltung wären mittelfristig öS 300 Mio. einzusparen - »was allerdings mit Arbeit verbunden ist - aber der politische Wille dazu fehle ja ohnedies«- so Fartacek.

Ähnlich im Kulturbereich : Während es bei den an die Stadt gebundenen Kulturfinanzen (Landestheater, Festspiele etc.) im Budget 95 zu 11% Erhöhungen kam, wurden im sog. Ermessensbereich (freie Kulturstätten, Projekte etc. ) über 30% gekürzt. Schwer sei es , so

Fartacek abschließend, hier keine politische Absicht zu unterstellen.

Die im Mai-Kunstfehler im Beitrag “Die Macht der Trägheit” angekündigten Bemühungen um einen Interviewtermin mit Bürgermeister Dechant blieben bisher erfolglos. Sie werden fortgesetzt.

Das Stadtbudget (II) ist doch zu retten. So sieht das auch der oberste Säckelwart der Mozartstadt. Bürgermeister Josef Dechant hat dieser Tage einen zusätzlichen 200 Millionen-Kredit von der Salzburger Sparkasse bewilligt bekommen. Die Zustimmung der Gemeindeaufsichtsbehörde des Landes (Ressort- LHstv. Gerhard Buchleitner)hat sich Dechant jedoch mit einem Versprechen erkaufen müssen: Weitere Kürzungen in der freien Förderung und den sogenannten Ermessensausgaben.

A propos Schulden: Die Salzburger Schuldnerberatung erleidet derzeit ein typsich österreichisches Schicksal. Im mittlerweilen ein Jahr alten Privatkonkursrecht ist die Schuldnerberatung fix eingerechnet, um den Rechtszugang der kleinen Pleitiers, die sich natürlich keinen Rechtsanwalt leisten können, zu wahren. An sich eine gute Sache, nur weigern sich die Gebietskörperschaften, den solcherart mit zusätzlicher Arbeit eingedeckten Verein anständig zu finanzieren. Die fünf MitarbeiterInnen der Salzburger Beratungsstelle mußten bereits vergangenes Jahr, nachdem die Klientenzahl die 700er Marke überschritten hatte, einen dreimonatigen Aufnahmestopp verhängen.

Abgesehen davon, daß auf diese Art ein gleicher Zugang zum Recht natürlich zur Farce wird, können die chronisch überarbeiteten Finanzierungsexperten immer nur versuchen, Schuldenkarrieren zu sanieren. Für die eigentlich wichtigen Aufgaben, beispielsweise Prävention durch Information, bleibt keine Zeit.

Wer also Rat und Hilfe braucht, sollte sich bald melden (Tel.: 879901); der nächste Aufnahmestopp kommt bestimmt.