august 1995

wenn und aber

Sommerloch

Albert Drach, von Vichy-Frankreich mit hunderten Leidensgenossen in einen Zug gesetzt, um Hitler als Gastgeschenk zu dienen, formuliert es so: Ich versuche, an die Zukunft zu denken. Dort, wo ich suche, ertaste ich ein Loch.

Jawohl, das lasse ich mir einreden. Ein Loch sieht er in jenen Tagen vor sich, der österreichische Jude, Anwalt und Schriftsteller, ein schwarzes Loch unbekannter Ausdehnung, ein Nichts, untastbar.

Wir hingegen haben uns, heißt es, im Sommerloch zu finden, im Feriennichts. Ausgerechnet dann, wenn wir uns wirklich finden könnten, im Urlaub, ohne Terminkalender, dafür mit Leuten, die wir beteuern zu mögen. Läßt sich nichts ertasten, nur weil wir uns drei, vier Wochen vom Informationshighway, der scheinbaren Aktualität abkoppeln dürfen, wenn wir wollen? Und weil wir ohne tägliche Pressekonferenzen von Parteisekretären, ohne Strompreisantrag und Konsumpleite auskommen müssen, fast nur Kriege stattfinden und Naturkatastrophen.

Meistens komme ich mit einer Fülle zurück, mit einer Fülle von Eindrücken, Erfahrungen, Gesehenem, Gesprächen, gelesenen Büchern, Unmittelbarkeit, und dann taste ich mich in den Alltag zurück, und der ist so vollgestopft und doch oft so leer wie ein Loch.