august 1995

Jan Carlsen

Stadt der Nehmer

Von der Öffentlichkeit unbemerkt aber effektiv: Die Vergnügungssteuerpraxis ist eines der wichtigsten kulturpolitischen Steuerungsinstrumente.

»Salzburg plant eine Vergnügungssteuerreform«; unter diesen und ähnlichen Headlines hat die Salzburger Tagespresse Mitte Juli über einen Amtsvorschlag der Kulturabteilung des Magistrates berichtet. Kernpunkt der amtswegigen Steuerreform ist die teilweise Abschaffung pauschaler Vergnügungssteuerrefundierungen an Institutionen wie das Mozarteum, die Schloßkonzerte, die Salzburger Kulturvereinigung und die Konzertdirektion Schlote. Sie alle sollen ab 1996 - wenn überhaupt - Refundierungen nur mehr durch »einen individuellen Beschluß« erhalten können.

Darüberhinaus fordert das Amt Verhandlungen mit den Salzburger Festspielen, die seit 1968 per Vertrag von dieser Abgabe befreit sind, über eine Neuregelung der Abgabepflicht. Schließlich soll für die Betreiber von Lichtspielen die Steuerlast - sie zahlen immerhin rund elf Millionen an die Stadtkasse - gesenkt werden, da sonst weitere Kinos schließen müßten.

Worüber die Salzburger Medien nicht berichteten sind die pikanten Details. Eigentlich, so jedenfalls das Amt, habe man den vorliegenden Bericht so nicht schreiben wollen. Die Fachabteilung wäre »grundsätzlich für die Beibehaltung der bisherigen Regelung« zur Refundierung von Vergnügungssteuermitteln eingetreten. Erst ein entsprechender Antrag der (erraten!) F und ein entsprechender Wohlmeinungs-Beschluß im Stadtsenat habe zu der Vorlage gezwungen.

Spannend gestaltet sich auch der Amtslauf und die Ressortzuständigkeit: Die Kulturbeamten richten ihren Amtsvorschlag primär an ihre Kollegen in der Finanzabteilung. Verantwortlicher Ressortchef in beiden Fällen: Josef Dechant. Es wird interessant zu beobachten sein, welches der zwei Herzen in des Bürgermeisters Brust die Oberhand gewinnt.

Österreich-Vergleich

Das - ungewöhnlich detailierte - Papier liefert über einen »Vergleich mit anderen Städten Österreichs« aber auch den Beweis, wie effektiv das kulturpolitische Steuerungsinstrument der Vergnügungsabgaben ist. Während in den Kommunen zwar über einzelne Förderungsschillinge debattiert wird, laufen die Millionen, die in die Taschen der städtischen Nehmer rinnen - oder eben nicht in diese fließen-, an der öffentlichen Diskussion vorbei.

In St. Pölten beispielsweise werden generell 15 Prozent eingehoben, bei »künstlerisch hochwertigen Veranstaltungen« kann das Amt immerhin auf ein Drittel reduzieren. »Da die umliegenden Orte von St.Pölten keine derartige Steuer einheben, wandern viele Veranstalter ab, und St. Pölten leidet an einem ohnehin mageren Konzertangebot«, wird der Kulturamtsleiter im Amtspapier zitiert. Das gleiche Bild in Bregenz: Dort werden ebenfalls fünf Prozent für Konzerte eingehoben. »Da viele Städte in Vorarlberg auf die Einhebung der Vergnügungssteuer für derartige Konzerte verzichten, wandern mehrere Veranstalter von Bregenz nach Feldkirch, Rankweil, etc. ab«, so die Amtschefin der Vorarlberger Landeshauptstadt.

Städte wie Graz (generell), Eisenstadt (Kulturzentrum und Haydn-Festspiele), Linz (generell), Innsbruck (gemeinnützig ausgerichtete Vereine) und Wien (Konzerthausgesellschaf t und Musikfreunde) verzichten - mit regional sehr unterschiedlicher Regelung - bei Konzerten ohne »Tanzbelustigung« weitgehend auf die Lustbarkeitsabgabe oder refundieren diese am Subventionswege pauschal. Die dortigen Kulturamtsleiter klagen folglich auch nicht über eine Ausdünnung des Angebotes.