august 1995

GastautorIn

Kompetenz der Parteien für die Kultur?

Gespräche mit den Kultursprechern der Parteien.

In Zusammenarbeit mit dem Dachverband Salzburger Kulturstätten startete das Kulturgelände Nonntal im Frühjahr die Reihe »Im Streitgespräch«. Die KultursprecherInnen der Parlamentsparteien hatten und haben hier die Möglichkeit, ihre Programme vorstellten.

Werner Thuswaldner, Kulturchef der »Salzburger Nachrichten«, faßt die Diskussionen mit Willi Gföhler (Güne) und Josef Cap (SPÖ) zusammen. Ein Rückblick auf Franz Morak (ÖVP) erscheint im nächsten Heft.

Wie sehen die Vorstellungen der Kultursprecher der im Parlament vertretenen Parteien aus? Wie halten sie es mit der Freien Szene in einer Zeit, da sich das Kulturklima zunehmend verschlechtert und verschiedene Einrichtungen um ihre Existenz fürchten müssen? Das will der Dachberband der Kulturstätten in einzelnen Diskussionen herausfinden. Als Mitdiskutierer auf dem Podium habe ich zwei dieser Veranstaltungen im Kulturgelände Nonntal miterlebt, jene mit Willi Gföhler und jene mit Josef Cap. Das Erstaunlichste an diesen Gesprächen war wohl, daß es sich herausstellte: weder die Grünen noch die Sozialdemokraten haben ein Kulturprogramm. Dies weckte vehemente Zweifel daran, wie ernst die beiden den Stellenwert der Kultur nehmen. Gföhler, der das Amt erst seit ein paar Monaten innehat, war voll guten Willens und gab zu verstehen, daß ihm die freie Szene nahestehe, daß er bereit sei, sich für sie einzusetzen. Als ihm vorgehalten wurde, daß in der Stadt Salzburg Grün-Politiker Herbert Fux laut-

stark einen Kulturstandpunkt vertrete, der dem der ÖVP in Salzburg näher ist als irgend etwas anderem, der oft als Gegner der Freien Szene erscheine, sagte Gföhler, daß es so etwas wie Vergatterung in seiner Partei nicht gebe, und da könne es eben auch zu Äußerungen kommen, die nur persönlich zu verantworten sind.

Gföhler beklagte das kulturfeindliche Klima in Österreich. Die Kultur brauche Freiräume und dürfe von den Politikern nicht an die Kandare genommen werden. Der Abend zeigte, daß die Grünen und die Freien Gruppen einander nahestehen, doch kann die Partei, wie es scheint, die hohen Erwartungen, mit denen sie sich in Sachen Kultur konfrontiert sieht, bei weitem nicht erfüllen.

Nicht ganz so ergiebig war der Abend mit Josef Cap, dem Kultursprecher der Sozialdemokratischen Partei. Er löste übrigens in dieser Funktion Hilde Hawlicek ab. Cap versicherte, daß Kultur wichtig sei, denn wer Geist und Herz besitze, würde die Zukunft der Gesellschaft gestalten. Er sprach davon, daß von der F-Bewegung Gefahr für die Kultur ausgehe und deutete an, daß es zwischen den Kultursprechern der anderen Parteien zu einer Allianz kommen könnte, um das Ärgste zu verhüten. In den Verteilungskämpfen, die sehr bald im Kulturbereich stattfinden würden, dürfe es kein Tabu geben, so Cap. Er meinte damit, daß dann auch die Mittelzuteilung an die großen Kulturinstitutionen zur Disposition stehen müsse. Cap blieb in seinen Antworten auf konkrete Fragen auffallend vage. Ihm wurde vorgeworfen, daß die Sozialdemokraten die Kulturkompetenz, die die Partei in der Kreisky-Ära erworben hätte, abhanden gekommen sei. Cap kündigte eine neue Offensive an. Im Herbst wolle die Partei eine Kulturkonferenz ansetzen und ein Programm erarbeiten, und dann werde es die Anworten auf die großen Fragen geben. Wie ernst gemeint dieses Versprechen ist, wird sich bald herausstellen.

Werner Thuswaldner