august 1995

Didi Neidhart

»Hoamatland« darf nicht verjazzt werden

Über den Kulturkampf der F in Oberösterreich

Zuerst sollte dieser Artikel ja eine Art Berichterstattung darüber sein, wie die F ihren Kulturkampf gegen die oberösterreichische Kulturplattform KUPF führt, um darzustellen, worauf wir uns wohl oder übel einzustellen haben. Mittlerweile hat sich jedoch auch die Situation in Salzburg, speziell in Bezug auf die ARGE Nonntal, radikal verschärft (vgl. kunstfehler Sondernummer und »F-rage und Antwort« in diesem Heft).

Wir befinden uns also schon mitten in einem gegen gewisse Formen von Kultur geführten Kulturkampf. Dieser Kampf wird auf verschiedenen Ebenen und mit unterschiedlichen Mitteln geführt. Will man dabei nicht in der Position des rein aus der Defensive Reagierenden stecken bleiben, ist eine analytische Auseinandersetzung mit den Strategien der (neu-)rechten Kulturkämpfer unumgänglich, um die eigene Handlungsfähigkeit zu gewährleisten.

Unter dem Titel »Kultur- und Politik Furz« hat die F-Kulturreferentin der Schärdinger Bezirksorganisation und selbsternannte »Spürhündin der entarteten Kunst« Dr. Christl Rockenschaub im September 1994 eine Kampfschrift gegen die KUPF veröffentlicht, die in ihrer Radikalität und Widerwärtigkeit so etwas wie den Startschuß der heißen Phase der kulturpolitischen Hexenjagd seitens der F darstellt.

Das in regelrechter Stürmer-Manier geschriebene Pamphlet (KUPF-Mitglieder werden mit Foto aufgelistet, als handle es sich dabei um Stapo-Unterlagen) bietet uns aber auch einen tiefen Einblick in die ideologischen Grundlagen des »freiheitlichen« Kulturbegriffs.

Schon allein die Bezeichnung von Kunst als Mist (»Mist gehört staatlich nicht gefördert, sondern dorthin befördert, wo er hingehört: auf den Misthaufen.«), verrät nicht nur dumpfen Stammtisch(un-)geist, sondern führt uns auch gleich zu einem zentralen Punkt (neu-)rechter Kulturauffassung.

Ein Misthaufen ist ja etwas, was sich permanent in Bewegung und Veränderung befindet. Ein dynamisches, mitunter chaotisches System, in dem es zu den unterschiedlichsten Verbindungen kommen kann. Ein Misthaufen ist also nichts anderes als das, was sich die F unter dem Konzept »Multikultur« vorstellt - Ungeziefer, Fäkalien, Gestank, Vermischungen.

Getragen ist dieser Anti-Multikulturalismus von einem regelrecht paranoid zu nennenden physischen wie psychischen Ekel. Bei einem Jazzkonzert, so berichtet die Autorin, »muß man durch einen engen Zugang, in dem sich Verkaufstände mit multikulturelle (sic!) Waren und dunkelhäutigen - der Jazzszene angepaßten - Verkäufern befinden.« Das Fremde als direkte Bedrohung des eigenen (Volks-)Körpers, Rassismus mit manifesten sexuellen Untertönen und Jazz als »Negermusik«, die sogar vor hehrem Kulturgut nicht zurückschreckt. Über den Auftakt des »festivals der regionen« (1993) heißt es »Hoamatlandwird verjazzt, das fällt keinem auf« und weiters: »Jazzmusik, Blasmusik, Zithermusik, jede für sich allein hervorragend, aber das »Durchgemischtwerden« ist eine Beleidigung für jede der einzelnen Musikgattungen«. Besser kann man das Konzept des

(neu-)rechten »Ethnopluralismus« fast nicht darstellen. Es sind zwar alle gleich in ihrer Differenz, aber bitte sauber getrennt! Jazz und Volksmusik verhalten sich wechselseitig artfremd und zersetzen sich beim »Durchgemischtwerden« nur gegenseitig. Hier wird zwar nicht mehr von der rassischen Überlegenheit weißer Kultur ausgegangen, dafür eine reinrassige Kultur gefordert, die im Blut und im Boden der jeweiligen »Heimat«/Nation verwurzelt ist (die Autorin fordert dementsprechend ein verstärktes Angebot an »Volkslied, Volkstanz, Turnen«). Diese Kultur soll »zum Nachdenken, zum Innehalten, zum Erbauen anhalten« und nicht so geartet sein, wie in KUPF-Papieren definiert, die immer wieder zitiert werden, um die Gefährlichkeit der KUPF (Kultur als »gesellschafts- und kulturpolitische Diskussion«, »Reflexion«) zu untermauern. Kultur und Politik haben nach dieser Auffassung nichts miteinander zu tun, und Kulturpolitik dient demnach auch nur dazu, diesen »Naturzustand« wieder herzustellen. Auch soll diese Kultur der deutschen Grammatik und Rechtschreibung verpflichtet sein und auf »Wortkombinationen, Fremdwörter und Modewörter« verzichten (als Beispiel wird u.a. die Kleinschreibung der Reihe »festival der regionen« genannt).

Wie sehr solche Forderungen schon wieder mainstreamkompatibel sind, beweist uns heuer im Juli wieder einmal die Kronen Zeitung und ihr Hausdichter Wolf Martin, der über H.C. Artmann Folgendes in den Wind reimte: »Wenn wer die Sprache recht verhunzt, so gilt sein Werk als größte Kunst.«

Die erneute Rede von der Entartung der Kunst ist scheinbar nur noch eine Frage der Zeit. Schau einfach in die Krone.

Neben der »Multikultur« bildet der Kampf gegen die angenommene kulturelle Hegomenie der Linken den zweiten Pfeiler (neu-)rechten Kulturkämpfertums. In »Kultur und Politik Furz« wird dementsprechend auch abschließend gefordert, Steuergelder doch lieber für Familienpolitik zu verwenden, denn »dort wird der Grundstein eines intakten Staates gelegt, dann brauchen wir keine linken Vordenker und »Oberlehrer«, die unsere Jugend in den Griff kriegen wollen.« Demnach steht der »Linken« der Sinn nach nichts anderem, als Universitäten, Schulen und »Kabarettbühnen« (!) in »Beschlag zu nehmen« (auch wenn die meisten der dort Tätigen bis zu entsprechenden Aussagen der F garnicht gewußt haben, daß sie »Linke« sind).

In einem internen »Schnellinfo« der oö. F heißt es dementsprechend: »Ein historischer Schwerpunkt des Sozialismus ist die Beseitigung von bürgerlicher und traditioneller Kultur, um einen, von oben lenkbaren, »multikulturellen« Einheitsmenschen zu schaffen«. Auch hier heißen die Bedrohungen »Verkündung von multikulturellen Utopien (Politik für Ausländer)« und »Humanität, Antirassismus, Antifaschismus und Emanzipation« (die Gefährlichkeit der KUPF, diesmal dargestellt durch ein Zitat von KUPF-Obmann Klaus Wallinger).

Was in diesem Papier nun aber auffällt, sind nicht nur die mannigfaltigen Hinweise, »Details für Wahlkampf 1997!«, sondern auch eine Strategie, die man im groben als Selbstviktimisierung bezeichnen kann. Nicht die F ist es, die die KUPF angreift, sondern die KUPF führt einen Kulturkampf gegen die F.

Belegt wird dies u.a. durch die Feststellung, daß für die Aufnahme in die KUPF »politische Arbeit« und »kein Nahverhältnis zu den Freiheitlichen« Voraussetzung ist. Dadurch fühlt sich die F ausgegrenzt (»Die Situation erinnert an diverse Diktaturen der Vergangenheit (z.Bsp. DDR!))« und ortet Kultur als »Parteipolitik« und »Kampf gegen die Freiheitlichen« (als Beispiel dafür wird die »Kampfschrift« »Die Kultur, die sie meinen« von Peter Klimitsch angeführt).

Wie schon bei der »Ausländerfrage« modelt sich auch hier eine Mehrheit in eine bedrohte Minderheit um. Die Bedrohung der »Rasse« erlebt als Bedrohung der »Kultur« eine Wiedergeburt, wobei beide Begriffe biologistisch miteinander verbunden sind. »Kultur« wird hier als Einheit von »Rasse«, »Nation« und (unverhunzter) Sprache definiert. Der ethnopluralistische Ansatz (Jede »Kultur« ist im Prinzip gleichwertig, zumindest wenn es um »Europa« geht) erlaubt es der Neuen Rechten dabei nicht nur, so-etwas wie eine »Rechte Internationale« zu installieren (unter Verwendung »linker« Begriffe wie »Differenz« und »Gleichheit«), sondern sich auch als Arten- bzw. kulturelle Umweltschützer zu verstehen. Dabei ist die Umwandlung einer »Partei« in eine »(Bürger-rechts-)Bewegung, wie im Falle der F, nur das bisher spektakulärste Zeichen einer Übernahme vormals typisch linker Issues in den rechten Kontext.

Die F mag als linken Kulturhegemonisten bezeichnen, wen sie will, sich dadurch aber in einem diffusen »Linkssein« bestätigt zu fühlen ist eindeutig zu wenig. Die doppelbödige Frage »What’s Left!« ist dabei von essentieller Wichtigkeit, soll das F-Hirngespinst eines »Linken Netzes« in Österreich Realität werden. Erste Ansätze nach dem Muster »Etwas Besseres als die Nation«, wie den »MusikerInnenstammtisch« in Wien, gibt es ja schon.