august 1995

Thomas Neuhold

F-rage und Antwort

Die ARGE ist für rechtsaußen zum politischen Gegner geworden: Der F-ührer selbst strapaziert die parlamentarische Anfrage.

Jörg Haider selbst bemüht den Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten. Des

F-ührers Begehr ist Auskunft darüber, ob die Beschuldigung, die SPÖ habe das Wuchern des demokratischen Faschismus begünstigt, vom Bundesminister geteilt werde. Anlaß der erneuten parlamentarischen Anfrage in Sachen ARGE ist ein Kommentar im März-«kunstfehler«, der sich mit dem Demokratischen Faschismus und dem Transformationsprozeß des politischen Systems auseinandersetzt.

Aber nicht jeder, der fragt, will wirklich etwas wissen. Der »Demokrat« (Eigendefinition) Haider zielt in seinem Kulturkampf natürlich auf die Förderung des Kulturgeländes Nonntal durch das Ministerium: »Werden Sie die Subventionsvergabe an die genannten Institutionen fortsetzen?«, fragt der Abgeordnete Haider.

Zusätzlich soll offensichtlich durch permanenten politischen Druck und den Zwang zur Reaktion die Kraft, die eigentlich dringend für künstlerische Anliegen gebraucht würde, neutralisiert und so das ARGE-Team mürbe gemacht werden.

Diesmal geht es, um den »kunstfehler« überhaupt irgendwo madig machen zu können, um die Frage nach dem »Demokratischen Faschismus«. Nachdem wir nun wissen, daß die F-Mannen jede Zeile des »kunstfehlers« genau studieren, wollen wir zur Klärung - aber vor allem natürlich der geneigten LeserschaftInnen wegen - den Begriff nochmals präzisieren:

Demokratischer Faschismus meint - verkürzt gesagt - die Tendenz - und nachfolgend die politische Strategie einzelner Gruppen - in der bürgerlichen Demokratie Mehrheitsvoten und das »gesunde Volksempfinden« stärker zu bewerten als die Rechte und den Schutz der Minderheit; oder andersrum: mit legitimierten Mehrheiten »anständiger Menschen« autoritäre Inhalte umzusetzen. Mit der »Freiheit der Andersdenkenden« ist es meist nicht weit her - aber das ist ja auch wieder nur ein Sager einer Kommunistin.

Wer nun behauptet, diese gesellschaftspolitische Entwicklung sei in Österreich derzeit nicht die dominante, ist entweder blind oder F-Recke.

Der Zug zur autoritären Politik wird durch viele Faktoren begünstigt. Die Politikwissenschaft kennt dazu eine Reihe von Thesen, die Soziologen übrigens auch. Mit Sicherheit sind die F seit 1986 der parteipolitisch treibende Teil in Österreich. Die »Artmann-Debatte« hat das wieder einmal überdeutlich bewiesen.

Der Zug ins Autoritäre beginnt freilich nicht erst mit der parteiinternen Machtübernahme Jörg Haiders. Die jahrzehntelange Tabuisierung der Nazi-Diktatur in Schule und Politik oder das Buhlen um die Nazi-Stimmen nach 1945 durch die Großparteien gehört ebenso dazu wie die Unterstützung der FPÖ durch die Sozialdemokratie zwecks Spaltung des bürgerlichen Lagers.

Daß die Sozialdemokraten dabei kritischer beleuchtet werden als andere, ist nicht etwa eine versteckte Reminiszenz an die Sozialfaschismusthese, sondern widerspiegelt allein die höheren Er- wartungen in sie und ihre besondere Verantwortung für die demokratische Entwicklung in Österreich. Dieser sind sie freilich nicht immer nachgekommen. Die Parallele der Löschnakschen Ausländerpolitik zu einem der unappetitlichsten Kapiteln heimischer Innenpolitik, dem Ausländervolksbegehren der F, ist ein Beispiel unter vielen.

Die F sind gleichzeitig Ergebnis und Katalysator dieser politischen Entwicklung. Die Bandbreite der SPÖ-Haltungen reicht von offener Unterstützung bis zu klarer ideologischer Konfrontation; zwischen Löschnak und Einem ist eben viel Platz.

Das Österreich-spezifische Problem dabei ist, daß »in beinahe jedem europäischen Land« diese Rechte einen politisch mächtigen Gegner findet, haben wir im besagten »kunstfehler« festgestellt. Hierzulande ist der Widerstand zu wenig entwickelt.