august 1995

titel

»Ein schwarzblaubraungetigertes Kampfkassensparschwein....«.

Viele Briefe erreichten in den letzten Wochen die ARGE Kulturgelände Nonntal. Die wollen wir natürlich unseren LeserInnen nicht vorenthalten.

Fritz Kohles

Künstler

Wenn man mich fragt, wie ich die ARGE finde, so sag ich: Indem ich den Thomas-Bernhard-Weg suche. Dann ist es eh gleich dahinter.

Herbert Helmstreit, Trimmelkam

ARGE-Mitglied

(...) Stellt doch im Beisl ein Schwein auf. Ein schwarzblaubraungetigertes Kampfkassen-sparschwein ... Oder einen pechschwarzen Keramikzerberus mit Sparschlitz in den Gastgarten als Wächter! Spende folgt.

Franz Primetzhofer

Vorsitzender der IG-Kultur Österreich und KANAL Schwertberg

Mit der Vielfalt und Vielzahl der Kulturinitiativen, die sich in den letzten 10 bis 15 Jahren entwickelt haben, hätte die Gesellschaft in diesem Land die Chance, mit einem an der Basis verankerten, kulturellen Unterfutter ausgestattet zu werden; und somit mit den zähen vor- und antimodernistischen Zuständen aufzuräumen. Die Kulturzentren wie die ARGE Nonntal in Salzburg fördern einen sinnlichen und vernünftigen Menschen- und Weltbezug, leisten einen Beitrag gegen die zur politischen Macht drängenden Ressentiments und Stumpfsinnigkeiten.

Der zermürbende Umgang der für die ARGE Nonntal zuständigen Kulturpolitiker ist gerade in der jetzigen Zeit um so verantwortungsloser, weil heute wieder die unvernunftgebärenden Ungeheuer herumstreunen und auf die Kultur losgehen. Herr Bgm. Dechant & Co., euch werden sie auch fressen; ihr kommt halt etwas später dran.

Barbara Wally

Int. Sommerakademie Salzburg für bildende Kunst

Die erzwungene Streichung des Sommerprogramms der ARGE Kulturgelände Nonntal betrifft die Studierenden der Internationalen Sommerakademie in besonderem Maße, weil das Sommerprogramm im Kulturgelände Nonntal - zusammen mit den Veranstaltungen der »Szene« und des »Zeitfluß« - zu den besonderen Attraktionen für die 450 Studierenden aus aller Welt zählte. Nachdem die »Szene« ihr reduziertes Programm auf den Vorsommer verlegt hat und die ARGE gezwungen wurde, ihr Sommerprogramm abzusagen, bleibt nur noch der »Zeitfluß« - und auch ihr Programm ist in Zukunft finaziell äußerst gefährdet. Es stellt sich die Frage, ob sich die »Streicher« und »Kürzer« bewußt sind, daß sie mit dieser Art von Politik junge kulturinteressierte Leute aus Salzburg vertreiben(...).

Daß die Verödung einer Kulturlandschaft zu einer Minderung der Lebensqualität und einer verschlechterung der gesellschaftspolitischen Atmosphäre führt, wurde in diesem Zusammenhang schon oft genug betont - aber vielleicht ist gerade dies das politische Ziel der Kulturfeinde.

Herwig Pöschl

Direktor des Internationalen Zentrums für Kultur und Management

Wir dürfen unsere Zukunft nicht kaputt sparen.

Auch das Kulturgelände Nonntal ist ein Stück Zukunft, ganz real und nicht virtuell.

Josef Haslinger

Autor

Ich schätze das Kulturgelände Nonntal als einen Ort der Auseinandersetzung mit zeitgemäßen Strömungen des Denkens und der Kunst. Dieses künstlerisch vielseitige und intellektuell anspruchsvolle Haus ist längst zu einem der Standbeine der Salzburger Stadtkultur geworden. Das Kulturgelände Nonntal in den finanziellen Ruin zu treiben käme einer Selbstverstümmelung der Stadt Salzburg gleich.

Markus Binder

Musiker (Attwenger)

wenn dem kulturgelände nonntal gelder gestrichen werden, dann führt das zu gar nichts. vielmehr muß die kritische arbeit derartiger vereine verstärkt gefördert werden. boulevard und unterhaltungsimperialismus aushungern. kommerz und chauvis in sparpakete abfüllen. kulturgelände nonntal voll unterstützen und weitermachen, weitermachen.

Othmar Raus

Kulturlandesrat

Presseaussendung

(...) Die ARGE Nonntal sei aus dem Salzburger Kulturleben nicht mehr wegzudenken, meinte dazu Kulturlandesrat Raus. Das Kulturgelände leiste »in mehrfacher Hinsicht wertvolle Arbeit«, sei bekannt für seine Friedensaktivitäten »und ist vor den unsachlichen Angriffen des Bürgermeisters in Schutz zu nehmen«.(...)

Er warne jedenfalls davor, den zwischen Stadt und Land getroffenen kulturpolitischen Konsens, »der auf Vielfalt und der Freiheit beruht«, nun in Frage zu stellen, so betonte der Landesrat. Eine Vorgangsweise, die darauf abziele, »mit allen Tricks« unliebsame Kulturinitiativen «hinauszudrücken«, würde jedenfalls die gemeinsame Linie von Stadt und Land durchbrechen. Daß das Kulturgelände den Bürgermeister in puncto Kulturpolitik immer wieder kritisiere, »muß politisch wohl erlaubt sein«, forderte Raus.

Lutz Hochstraate

Intendant des Salzburger

Landestheaters

(...) Ich kenne das Kulturgelände Nonntal seit langem und schätze die Arbeit Ihrer Institution ganz außerordentlich.

Kulturarbeit ist Arbeit an und für die Gesellschaft, ein Schließen des Kulturgeländes würde das Ausgrenzen vieler engagierter jungen Menschen bedeuten. Das kann und darf sich eine Kommune, die für ihre Bewohner arbeitet, nicht leisten.(...)

K. F. Kratzl

Kabarettist

Im Dunkeln ist gut munkeln: Große Gefahr vor der Finsternis! Aber: Wo viel Licht ist, ist viel Schatten. Und ohne Schatten geht's nicht - siehe Peter Schlenürl. Alles Gute für die Notwendigkeit der ARGE Nonntal, laßt Euch nicht entmutigen.

Bernhard Handlbauer

Wissenschafter

Brief an BM Scholten

(...) Als Vertreter einer Sozialeinrichtung, die seit Monaten erfolglos ein Gespräch mit dem Bürgermeister von Salzburg sucht, fürchte ich, daß auf seine Einsicht nicht mehr zu hoffen ist. Umso wichtiger erscheint mir, daß Sie Ihren ganzen Einfluß geltend machen, damit eine Kulturpolitik der finanziellen Aushungerung von engagierten und wertvollen Projekten, wie sie mit der Schließung von SPOT begonnen wurde und nun durch die existentielle Gefährdung des Kulturgeländes offenbar fortgeführt wird, nicht zu einem irreparablen kulturellen Scherbenhaufen in der Festspielstadt Salzburg führt.

Tomas Friedmann,

Peter Fuschlberger

Literaturhaus Eizenbergerhof

Mozart, Zweig und andere »Radikale«

Salzburg ist Kulturstadt. Salzburg lebt von diesem Ruf. Von Mozart, der vor 200 Jahren vom Erzbischof aus dieser Stadt vertrieben wurde. Von Zweig, der vor 50 Jahren vor den Nationalsozialisten aus dieser Stadt flüchten mußte. Von allen Gegenwartskünstlern, die heute - wieder - von unaufgeschlossenen Politikern verteufelt werden.(...)

Das Kulturgelände Nonntal und alle anderen Salzburger Kulturstätten leisten unverzichtbare kulturelle, pädagogische und soziale Arbeit für Salzburgs Bevölkerung. Wir erklären uns solidarisch mit der ARGE Nonntal und allen ihren MitarbeiterInnen, den 3.000 Vereinsmitgliedern sowie den dort auftretenden (jährlich über 1.000 ) KünstlerInnen und verlangen von der Kronen Zeitung und Bürgermeister Dechant eine schriftliche Entschuldigung und Entgegnung für die rufschädigenden und in keiner Weise gerechtfertigten Anschuldigungen und Beleidigungen.

Als (ebenfalls renommierte) Kulturinstitution fordert das Literaturhaus Eizenbergerhof - das seit Jahren mit der ARGE Nonntal und vielen Salzburger Kultureinrichtungen immer wieder zusammenarbeitet - die Kronen Zeitung und den ÖVP-Politiker auf, Salzburgs Ruf als Kulturstadt nicht weiter zu schädigen und ihren Rundumschlag gegen (kritische) Kulturarbeit sofort zu stoppen.

Karl Müller

Univ. Dozent für Literatur

Wer die wirklichen Opfer des kulturpolitischen Fuhrwerkens des Salzburger Bürgermeisters und zugleich städtischen Kulturressorts-Verantwortlichen sind, ist seit langem klar: Es sind die lebendigen Salzburger Kulturstätten und Kultur-Initiativen. Gerade am Beispiel des Kulturgelände Nonntal ist dies aber nicht nur besonders schmerzlich, es ist auch empörend, weil es zugleich alle Bemühungen verhöhnt, die Stadt Salzburg wirklich zu einem Ort zeitgenössischer Kultur, der Avantgarde und der Internationalität zu machen, wo-rauf doch auch unser bürgermeisterlicher Verantwortlicher sonntagsrednerisch sooo stolz ist. Denn das Kulturgelände Nonntal hat sich in den letzten Jahren durch konsequente künstlerische Arbeit ein solch weltoffenes Antlitz erworben. Die »Weltstadt” Salzburg und ihre Verantwortlichen müßten in Wahrheit jubeln und sich tausendmal für diese auf der Höhe der Zeit befindliche Kultur-Arbeit bedanken statt mit unwürdig-dummen, aber auch mit zynischen Methoden Aushungerungspolitik zu betreiben.

In einem erst vor ein paar Tagen publizierten Interview meinte der Kulturressort-Verantwortliche, daß »in Zeiten, in denen das Geld knapper wird, auch im Bereich der Kultur wieder verstärkt Eigeninitiative und Phantasie gefragt” seien. (Salzburger Fenster 12/95, S.19) Gut gebrüllt, Löwe! Das Kulturgelände Nonntal hat diese schon längst und unablässig bewiesen! Wo aber bleiben diese Eigenschaften für die Kultur bei Ihnen, Herr Verantwortlicher? Oder sollte bei Ihnen die Politik nichts mit Kultur zu tun haben?

Daß die derzeit in Salzburg betriebene Kulturpolitik jegliche Kompetenz vermissen läßt, ist gemeinhin bekannt. Der Kulturressort-Verantwortliche hätte es sich schon längst verdient, nichts mehr mit diesem Ressort zu tun haben zu müssen. Aber ihr müßt dennoch nett und lieb zu ihm sein, denn er ist ja auch einer von diesen biblischen Menschen: Sie wissen nicht, was sie tun.

Hilde Hawlicek

Mitglied des Europäischen Parlaments, Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas

Wie Sie wissen, haben ich 1987 als zuständige Bundesministerin für Kultur gerne und sofort die Vorarbeiten meines Vorgängers Bundesminister Dr. Moritz aufgenommen, um die Idee »Kulturgelände Nonntal« zu realisieren und auszubauen.

Ich konnte mich bei einigen Besuchen und - wie erst vor zwei Jahren - Mitwirken bei Veranstaltungen von der engagierten und wertvollen Kulturarbeit überzeugen. Aus einer Kulturinitiative einer Handvoll Freiwilliger hat sich das Kulturgelände Nonntal zu einer wichtigen kultur- und bildungspolitischen Initiative entwickelt.

Das Konzept der ARGE, Kultur »zu machen und zu ermöglichen«, offen für verschiedene Alters- und Berufsgruppen, hat sich nun schon jahrelang bewährt.

Wir brauchen Kontinuität - nicht nur bei traditionellen Kultureinrichtungen, sondern gerade bei gewachsenen und erfolgreichen Kulturinitiativen!

Daher mein Appell und meine Bitte an Bund, Land und Stadt, durch weitere Subventionen die wertvolle und wichtige Kulturarbeit der ARGE Kulturgelände Nonntal zu sichern!

Österr. Präsidentschaftskanzlei

Prof. Heinz Nußbaumer

Ihrem Ersuchen entsprechend habe ich angesichts der bedrohlichen Situation für dieses zweitgrößte Kulturzentrum Österreichs mit den dafür zuständigen Kulturstellen in Salzburg Kontakt aufgenommen. Dabei wurde mir mitgeteilt, daß es angesichts der Einsparungen bei Bund, Land und Stadt zwar zu einer Kürzung der Mittel kommt, daß aber die über Monate verzögerte Überweisung nunmehr erfolgt sei.

Ich hoffe, daß der Betrieb damit zumindest eingeschränkt aufrecht erhalten und diese eigenständige und wichtige Kulturinstitution Salzburgs vor der Schließung bewahrt werden kann.

Mit den besten Grüßen des Bun-despräsidenten verbleibe ich mit vorzüglicher Hochachtung.

Prof. Heinz Nußbaumer

Rudolf Scholten

Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst

Ich versichere Ihnen, daß ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um den Fortbestand dieser so wichtigen und stets erfolgreich arbeitenden Kulturinitiative mit ihrem engagierten und künstlerisch qualitätvollen Programm zu garantieren.

Josef Winter

St. Johann/Pg.

Unbegreiflich, beschämend und verwerflich scheint mir die Haltung der Kulturverantwortlichen in letzter Zeit. Mit Bestürzung höre ich von der drohenden Schließung der aktivsten Kulturinitiativen in Oberösterreich und jetzt auch in Salzburg, namentlich der ARGE Kulturgelände Nonntal.

(...) Jedem, dem die Schließung der ARGE ein Anliegen ist, möchte ich anraten, sich schleunigst aus dem politischen Leben zurückzuziehen, denn im Kulturland Österreich möchte ich noch Freiräume entdecken, in denen sich Kultur auch erneuern kann. Und die ARGE ist für mich ein unverzichtbarer Bestandteil dieses kulturellen Freiraums in Salzburg. Ich fordere Sie auf, die für den Weiterbestand notwendige Finanzierung zu gewährleisten.

Willibald Gföhler

Kultursprecher der Grünen

Politische Phantasielosigkeit bedeutet, in Bereichen zu sparen, wo es nichts zu holen gibt. Die Kultur mit knapp einem Prozent des Bundesbudgets gehört zu diesen Bereichen. Die politische Phantasielosigkeit zu steigern bedeutet, in jenen Kulturbereichen zu sparen, wo mit geringen finanziellen Mitteln und vor allem durch die Selbstausbeutung der Betroffenen Monat für Monat ein hervorragendes Programm gemacht wird, nämlich bei den »kleinen Kulturveranstaltern«.

Die radikalen Kürzungen, von denen nun auch das Kulturgelände Nonntal betroffen ist, sind aber nur phantasielos in finanzieller Hinsicht, politisch steckt ein klares Kalkül dahinter: Einsparungen im Kulturbereich, noch dazu bei den kritischen Kulturinitiativen, finden die Zustimmung von breiten Bevölkerungsgruppen, glauben die Regierenden. Getrieben von den kulturstürmerischen Aussagen der Freiheitlichen verlieren sie zudem immer mehr den Mut, offensiv für oft unbequeme und kritische Kultur einzutreten.

Angesichts dieser Situation trete ich mit Nachdruck dafür ein, daß das Kulturgelände Nonntal weiterbesteht und die Angestellten nicht zu »Saisonarbeitern« gemacht werden.

Peter Klaffenböck

Praktischer Arzt

Ich wünsche mir ein politisches Klima, in dem die Unterstützung der ARGE Kulturgelände durch die öffentliche Hand keine Frage ist.

Walter Thaler

Landtagsabgeordneter

Ich muß mit großem Bedauern zur Kenntnis nehmen, daß das Kulturgelände in argen Finanznöten steckt. ...

Ich kann mir zur Lösung des finanziellen Problems nur vorstellen, daß künftig nicht Programme nach dem Prinzip der Wünschbarkeit bzw. Verfügbarkeit künstlerischer Organisationen erstellt werden, sondern daß die Finanzierbarkeit der einzelnen Projekte stärker ins Kalkül gezogen werden muß.

Für das bestehende Budget des Landes sehe ich daher kaum Möglichkeiten, noch zusätzliche Geldmittel herauszuholen. Wir werden uns jedoch äußerst bemühen, für das Budget 1996 eine entsprechende Anhebung für das Kulturgelände Nonntal zu erreichen.

P.S.: Die von Bürgermeister Dr. Dechant in der Sbg. Kronenzeitung getroffene Aussage, daß im Kulturgelände Nonntal Leute verkehren, die mit der linksradikalen Szene in Kontakt stehen, halte ich für eine völlig unsachliche Entgleisung und den Versuch, auf diese Art und Weise Kulturgelder einsparen zu können.

Heinz Schaden

Bürgermeister-Stellvertreter, SPÖ

Da die Medien manche Botschaften nicht transportieren, möchte ich Euch auf diesem Wege mitteilen, wie sehr ich mich über den abstrusen und absolut rufschädigenden Vorwurf des Kulturressortverantwortlichen ärgere, der Euch in die Nähe der Bombenleger von Ebergassing gerückt hat.

In dieser Sache, die auf einer politischen Linie mit dem Vorgehen Jörg Haiders gegen die Kulturschaffenden in Österreich liegt, habt Ihr gewiß meine Solidarität. Darüber hinaus hoffe ich, daß ich mit meinem Protest gegen die verschleppte Auszahlung der Kultursubventionen des heurigen Jahres ein wenig Bewegung in die Angelegenheit gebracht habe.

Brigitte Hubbauer

Ergotherapeutin, Supervisorin und ARGE-Mitglied

Ich finde es beschämend, daß man sich Festspiele leistet, während eine relativ kleine Kultureinrichtung wie die ARGE Kulturgelände schließt und die MitarbeiterInnen gekündigt werden müssen. Im Sommer nur mehr Szene und Festspiele zu haben ist traurig. Ich habe das Sommerprogramm der ARGE immer gerne besucht und werde es heuer vermissen.

Günther Jakob

Musiktheoretiker, Hamburg,

am Christi-Himmelfahrts-Tag beim Café Glockenspiel

Salzburg aus der Ferne: Eine Disneyland-Struktur, in der sich Leute bewegen, die Disneyland verachten, Leute, die sich als Bourgeoisie imaginieren und etwas konsumieren, das sie für »Hochkultur« halten. Die ständischen Interessen von Konditoreimeistern und Pensionsinhabern, die mit Industrie-sponsoren ein Bündnis eingegangen sind, sorgen hier dafür, daß die Mozartkugel rollt und rollt. Und Millionen Philister in aller Welt schauen auf diese Stadt, um sich zu vergewissern, daß das Abendland noch nicht untergegangen ist. Seit 1993 war ich viermal in Salzburg - auf Einladung des Kulturzentrums Nonntal. Seither weiß ich, daß hier einige Leute ihren Lebensmittelpunkt haben, die das offizielle Salzburg nicht weniger unerträglich finden als ich. In einer Stadt, in der praktisch jeder beliebige Rock & Pop-Sound schon als Protestmusik erscheinen muß, bemühen sie sich mit einem Aufwand, der anderswo kaum vorstellbar ist, nicht irgendeinen, sondern den besten Pop in ihre kleinen Treffpunkte zu holen - und nicht nur das. Das Kulturzentrum Nonntal bot in den letzten Jahren Künstlern, Kritikern und anderen häufig ein Forum, das ihnen anderswo keineswegs so selbstverständlich zur Verfügung stand. Gerade zu dem Zeitpunkt, da diese Entwicklung unter anderem durch die Zeitschrift »kunstfehler« veranschaulicht werden sollte, schlägt das lokale Philistertum zurück: Die Kürzung der Mittel ist die politische Entscheidung von Leuten, denen die ganze Richtung nicht paßt.(...)

Thomas Rothschild

Literat

Die Dreistigkeit der Kulturpolitiker ist unerträglich geworden. Während sie in ihren Feiertagsreden mit Superlativen um sich werfen, sparen sie ein, wo die Kultur eigentlich ihren Ort hat. Was ich seit Jahren - unter anderem bei einem Vortrag im Kulturgelände Nonntal - gesagt und geschrieben habe, ist mittlerweile mit einer Massivität Wirklichkeit geworden, die meine schlimmsten Befürchtungen übertrifft: Während man in spektakuläre Großveranstaltungen mit »Ereignischarakter« Millionen steckt, hungert man die Institutionen aus, die seit Jahren kontinuierlich und meist unter Selbstausbeutung Kulturarbeit leisten. Man verschleudert 50 Millionen Schilling für einen Literaturzirkus in Frankfurt und sperrt die Edition S bei der österreichischen Staatsdruckerei. Man bläht kurzfristige Filmfestivals auf und entzieht Programmkinos, die täglich spielen, die Subvention. Und während die Salzburger Festspiele ihre völlige Verkennung der ökonomischen Wirklichkeit dokumentieren, indem sie für eine Theateraufführung Sitzplätze mit Sichtbehinderung um 350 Schilling verkaufen und explizit als »sehr billig« bezeichnen, wird dem Kulturgelände Nonntal, das seit Jahren, und nicht nur während ein paar Sommerwochen, kulturelle und soziale Aufgaben erfüllt, und zwar für junge Menschen am Ort, nicht für wohlbestallte Touristen, an denen in erster Linie die Hotelerie Interesse hat, weil sie sich an ihnen bereichert, ein großer Teil der Unterstützung gestrichen.

Das ist, über alle Parteigrenzen hinweg und über Salzburg hinaus, ein österreichischer Skandal. Und die liberalen Statements eines Mortier werden daran zu messen sein, wie sehr er sich, da er nun mal in Salzburg Kultur macht, für das Kulturgelände Nonntal einsetzt. Wenn er nicht über seinen Festspielrand hinaussieht, wird er sich gefallen lassen müssen, mit Karajan in einem Atem genannt zu werden: als Verwalter einer Herrschaftskultur für die happy few.

K. Jungkind

Arzt, Traunstein

Ich habe von Euern Finanzschwierigkeiten gelesen. Wieso nicht versuchen über eine Spendenaktion? Ich wäre bereit, 100 DM im Rahmen eine solchen Aktion zu spenden - das wär mir schon wert, damit das Kulturgelände ganzjährig offen bleibt.

Kunstkreis Nonntal

mit 20 Unterschriften

Mit Bestürzung haben wir von der Schließung des Salzburger Kulturgeländes Nonntal während der Sommermonate 1995 erfahren. Wir sind echt betroffen davon! Der Kunstkreis Nonntal besteht seit 1987 und ist eine offene und frei zugängliche Gruppe von Kunst-interessierten und ausübenden Künstlern. Jeden Donnerstag veranstalten wir ein für jedermann/ frau frei zugängliches Aktzeichnen im Kulturgelände Nonntal. Diese Veranstaltung findet auch im Sommer und auch an Feiertagen (d.h. 50-52 Mal pro Jahr) statt, also auch in Zeiten, wo fast alle anderen kulturellen Einrichtungen in Salzburg zusperren. Gerade in den Sommermonaten kommen gerne Teilnehmer der Salzburger Sommerakademie zu uns.

Eine Sperre des Kulturgelände Nonntal würde sowohl die regelmäßigen Teilnehmer, aber auch alle unsere Gäste echt betreffen(...).

Der original Schnaitlbert

vom Schnaitl-Pub

Der original Schnaitlbert pickt Euch auf Eure Fahnen: Gegen reaktionäre (Kultur)-Politik, gegen billigen Populismus und gegen spießbürgerliches Gartenzwergdenken - für eine offene und breite Kulturarbeit. (Auch) deshalb muß die ARGE Nonntal in ihrer Form vorbehalt- los erhalten bleiben: Wenn ich in Salzburg das Wort »Kulturpolitik« höre, entsichere ich meinen Zapfhahn.

Claudia Weizenauer

Hebamme, ARGE Mitglied

Ich finde es unerhört, daß mit einer Kulturstätte so umgegangen wird, einer Kulturstätte, die für das kulturelle Image der Stadt so wichtig ist.

Scheiblingseder

(verschiedenes Musikantenquartett)

Kaum gibts uns nimma, gibts soiche Sochn wieda!